Anwälte als Kunstförderer: "Kunst hin­ter­lässt ihre Spuren"

von Désirée Balthasar

29.11.2016

Anwälte und Künstler könnten unterschiedlicher wohl nicht sein: pragmatisch und absichernd die einen, experimentell und freiheitsliebend die anderen. Eine Veranstaltung in Hamburg bringt beide Gruppen zusammen – und alle profitieren.

Eine Handvoll Menschen steht in kleinen Booten, umringt von Gischt und Wellen. Im Hintergrund könnte ein Dampfer vorbeifahren oder eine hohe Wand stehen. Eine Frau trägt eine Laute, vielleicht spricht sie mit ihrem Nebenmann, vielleicht singt sie. Eine Person hilft einer weiteren von einem kleineren Boot in das ihrige - oder stößt sie sie weg? Am Bug blickt ein Mann, mit der Hand die Augen abschirmend, in die Ferne. Nur wohin?

Dieses Gemälde hängt nicht etwa in einem Museum, sondern in den Räumen der Hamburger Kanzlei Chatham Partners und gehört zur privaten Sammlung des Gründungspartners Dr. Michael Schäfer. Es ist ein Donnerstagabend im November, die "Add Art" hat begonnen. "Hamburgs Wirtschaft öffnet Türen für Kunst" lautet der Slogan der mehrtägigen Veranstaltung. Die Add Art ist der Grund, warum die Anwälte von Chatham Partners fremde Menschen durch ihre Flure flanieren lassen, um Kunstwerke zu betrachten.

"Es gibt zahlreiche Orte, an denen Kunst öffentlich zugänglich ist, etwa in Museen und Galerien. Unternehmen würden viele wohl im ersten Moment weniger mit Kunst und Künstlern assoziieren", sagt Hubertus von Barby. Von Barby, einer der Geschäftsführer der Medienagentur newskontor, leitet das Projekt. "Mit der Add Art wollen wir zeigen, dass Kunst in der Gesellschaft einen hohen Stellenwert hat und Unternehmen als wichtige Kunstförderer agieren." Insgesamt 18 Firmen nahmen in diesem Jahr an der Veranstaltung teil, beinahe ein Drittel von ihnen Kanzleien. Seit 2012 gibt es die Add Art in Hamburg. Das Vorbild heißt "Kunst privat!" und findet seit mehreren Jahren in Frankfurt statt.

Ein Leben für die Kunst

Chatham Partners sind in diesem Mal zum ersten Mal dabei. Nicht überraschend, denn die Kanzlei wurde als Spin Off von Freshfields Bruckhaus Deringer erst im Mai dieses Jahres gegründet. Schäfer, einer von drei Gründungspartnern, ist im Öffentlichen Wirtschaftsrecht tätig und leidenschaftlicher Kunstsammler. Bereits im Jugendalter interessierte ihn die Kunst. "Ich hatte das Glück, durch meinen Schullehrer als Jugendlicher Joseph Beuys kennenzulernen", erzählt Schäfer. Das war Anfang der 80er Jahre.

Damit stand die Richtung fest: zeitgenössische Kunst. "Seit ich mir echte Werke leisten kann, kaufe ich Bilder und Objekte verschiedener Künstler", sagt Schäfer. "Als Sammlung würde ich das allerdings nicht bezeichnen. Denn niemand kuratiert die Werke, sie folgen eher dem persönlichen Geschmack von meiner Frau und mir."

Die Kunsthistorikerin, die an diesem Abend die Gruppe Interessierter durch die Kanzleiräume führt, ist da anderer Meinung. Wiederholt lobt sie Schäfer, dass die Bilder ganz hervorragend zusammengestellt seien. Etwa die mannshohe Zeichnung einer Künstlerin, die in zarten Linien auf hellem Hintergrund ihre Spaziergänge und Eindrücke durch den Central Park wiedergibt. Sie führt auf verästelten Bleistiftlinien durch den New Yorker Park.

Direkt daneben ein klares, leuchtend gelbes Werk, welches durch verwirrend angeordnete, dicke schwarze Pfeile die Orientierung der Betrachtenden aushebeln möchte. Für die Kunsthistorikerin ein aussagestarker Gegensatz zwischen beiden Bildern.

Die Kunstwerke, die Wände und Fantasie beleben, umfassen längst nicht die komplette Sammlung des Ehepaars. "Einige Werke hängen noch bei einer anderen Kanzlei, andere lagern im Archiv, bis wir wieder umhängen", sagt Schäfer. "Wenn Sie genau hinsehen, finden Sie noch einzelne Nägel in den Wänden. Wir kommen manchmal mit dem Streichen nicht mehr nach", fügt er lachend hinzu.

Zitiervorschlag

Désirée Balthasar, Anwälte als Kunstförderer: . In: Legal Tribune Online, 29.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21294 (abgerufen am: 01.10.2024 )

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