Ein Anwalt als Fußballschiedsrichter: Zwi­schen Mandat und Sta­dion

von Dr. Anja Hall

28.09.2017

Guido Kleve ist Großkanzlei-Anwalt und Schiedsrichterassistent in der Fußball-Bundesliga. Wie diese zwei zeitintensiven Tätigkeiten zusammengehen und was passiert, wenn der Mandant kurz vor dem Champions-League-Spiel anruft.

Wenn Guido Kleve den Raum betritt, beschleicht einen das Gefühl, ihn schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Und in der Tat: Jeder Fußballinteressierte dürfte sein Gesicht kennen – von mehr als 160 Bundesliga-Spielen, gut 80 internationalen Begegnungen und zwei DFB-Pokal-Endspielen. Denn Kleve hat ein "professionelles Hobby", wie er es nennt: Er ist Schiedsrichter-Assistent in der Fußball-Bundesliga. Und hauptberuflich Partner im Bereich Öffentliches Wirtschaftsrecht bei DLA Piper in Köln.

Kleve ist längst nicht der einzige Jurist, der am Wochenende Bundesliga-Spiele pfeift. Schiedsrichter-Assistent Holger Henschel ist Anwalt in einer Kanzlei in Braunschweig. Felix Brych ist promovierter Jurist und Tobias Stieler war früher Arbeitsrechtler bei Hogan Lovells, hat dem Anwaltsberuf aber inzwischen den Rücken gekehrt.

Einen besonderen Zusammenhang zwischen Jura und Schiedsrichterei sieht Kleve allerdings nicht. Es gebe auch viele Polizisten unter den Schiedsrichtern, gibt er zu Bedenken. "Gemeinsam ist beiden Berufsgruppen womöglich die Art der Denke: Sie wollen einschreiten und für Gerechtigkeit sorgen."

Er war jung und wollte das Geld

Kleve ist allerdings nicht nur aus reinem Idealismus "Schiri" geworden. Als 14-Jähriger will er unbedingt ein Moped haben, soll es aber selbst bezahlen. In seinem Fußballverein wird den Jugendlichen angeboten, den Schiedsrichterschein zu machen – der junge Guido schlägt ein. Für ihn ist es zunächst einmal eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. "Außerdem dachte ich mir, dass man als Fußballspieler nicht immer nur auf den Schiri schimpfen, sondern auch einmal versuchen sollte, es selbst zu machen - vielleicht auch besser zu machen", sagt er im Rückblick.

Heute ist Kleve 40 Jahre alt und hat mittlerweile gezeigt, dass er es sehr gut macht. Über die Jahre ist er zum Bundesliga- und Fifa-Schiedsrichter-Assistenten aufgestiegen, darf also neben den Bundesliga- und DFB-Pokalspielen auch internationale Spiele begleiten.

Schiedsrichter sind Leistungssportler

Wie zeitaufwendig sein ungewöhnliches Hobby ist? "Darüber denke ich lieber nicht nach", sagt Kleve und lacht. Denn 90 Minuten an der Seitenlinie zu stehen ist noch lange nicht alles. Vielmehr wird jedes Spiel akribisch vorbereitet: Die Schiedsrichter machen sich durch Videoanalyse mit den Spielertypen und den Taktiken der Mannschaften vertraut. Hat Kleve einen Einsatz, ist er insbesondere am Wochenende zwei bis drei Tage unterwegs – und darunter leidet dann vor allem das Familienleben.

Außerdem ist die Schiedsrichtertätigkeit Leistungssport. Die Unparteiischen müssen so fit sein wie die Spieler auf dem Platz, deshalb steht regelmäßiges Training auf dem Plan. "Schiedsrichter laufen pro Spiel zehn bis dreizehn Kilometer, die Assistenten immerhin fünf bis acht", sagt Kleve. Im Gegensatz zu den Fußballprofis hat er allerdings noch einen Hauptberuf. Er gibt zu, dass es viel Selbstdisziplin erfordert, sich nach einem langen Arbeitstag noch zum Sport aufzuraffen.

Zitiervorschlag

Anja Hall, Ein Anwalt als Fußballschiedsrichter: Zwischen Mandat und Stadion . In: Legal Tribune Online, 28.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24757/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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