Öffentliche Auftraggeber verlangen von Kanzleien zunehmend, Mandate in gemischten Teams mit Planern oder Ingenieuren zu bearbeiten. Für den Mandanten liegt der Vorteil auf der Hand: Er hat nur einen Ansprechpartner und muss sich nicht um die Koordination der Berater kümmern. Doch Kanzleien sollten genau prüfen, ob die Konstellation überhaupt zulässig ist, sagen Ute Jasper und Isabel Niedergöker.
Viele Projekte der öffentlichen Hand gehen schief. Warum? Oft gibt es zu viele Planer, Ingenieure und Anwälte. Die Aufgaben sind unklar verteilt, um Schnittstellen und Lücken im Informationsfluss muss sich der Auftraggeber kümmern. Wie kann sich das ändern? Scheinbar ganz einfach: Der Auftraggeber vergibt den Beratungsauftrag an ein Berater-Konsortium als einzigen Vertragspartner.
Aus Sicht des Auftraggebers ist das die Zauberformel, um ein Projektziel im geplanten Zeit- und Kostenrahmen zu erreichen. Keine getrennten Verträge mit Ingenieuren, IT-Beratern, Fachberatern für Reinigungsdienstleistungen oder Architekten und Anwälten. Keine Koordination und keine Schnittstellen, für die sich am Ende niemand zuständig fühlt.
Drei Varianten sind gängig: Der Rechtsanwalt wird Hauptauftragnehmer und der Fachberater Nachunternehmer; beide bilden eine Bieter- bzw. Arbeitsgemeinschaft oder der Fachberater wird Hauptauftragnehmer und der Rechtsanwalt Nachunternehmer.
Die Risiken lauern im Detail
Doch so einfach, wie es klingt, ist es nicht. Das Berufsrecht der Rechtsanwälte steht dieser Praxis entgegen, und die Folgen für den Anwalt, aber auch den Auftraggeber sind weitreichend. Denn die Leistungen sind oft nicht versichert: Berufshaftpflichtversicherungen decken weder standesrechtswidrige noch fremde Tätigkeiten, die nicht der Versicherungsnehmer selbst erbringt. Auch steuerrechtliche Probleme können auftreten.
Die Vergabekammer (VK) Brandenburg hat eine solche Konstellation im Rahmen eines großen IT-Projekts geprüft (Beschl. v. 03.09.2014, Az. VK 14/14). Die Kammer sah in der Gesamtbeauftragung aller Leistungen einen Verstoß gegen gegen den vergaberechtlichen Grundsatz der Losaufteilung) und verurteilte den Auftraggeber zur erneuten Ausschreibung der jeweils einzelnen Beratungsleistungen, Rechtsberatung einerseits und IT-Beratung andererseits. In ihrer Entscheidung äußerte sich die Vergabekammer ebenfalls – wenn auch nicht sehr ausführlich – zu Verstößen gegen Standes-, Versicherungs- und Steuerrecht.
Durch Standesrecht nicht gedeckt
Wird ein Rechtsanwalt Hauptauftragnehmer und gibt Teile der gemischten Beratungsleistung an den Fachberater als Nachunternehmer ab, verstößt er gegen §§ 1, 2 und 3 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Denn in dieser Konstellation ist weder eine freie und unabhängige noch eine nichtgewerbliche Tätigkeit des Rechtsanwalts möglich, wozu dieser aber nach der BRAO verpflichtet ist. Zu den Wesensmerkmalen der selbstständigen Tätigkeit des Rechtsanwalts gehört, dass sie in ihrem Kernbereich auf seiner eigenen persönlichen Arbeitskraft beruhen muss. Schaltet er aber einen Nachunternehmer für umfangreiche fachliche Zuarbeiten ein, beruht der Gesamtauftrag eben nicht mehr im Wesentlichen auf seiner persönlichen Arbeitskraft.
Außerdem wird der Anwalt gewerblich tätig, indem er als Vermittler zwischen Auftraggeber und Nachunternehmer die Fachberaterleistungen weitergibt, beauftragt, diese dem Auftraggeber in Rechnung stellt und dessen Zahlungen an den Nachunternehmer weiterleitet.
Auch darf sich der Anwalt mit dem Fachplaner nicht in einer Bieter- oder Arbeitsgemeinschaft zusammenschließen. Denn § 59 a BRAO verbietet Rechtsanwälten die Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Berufe über den in § 59 a BRAO abschließend benannten Personenkreis hinaus. Die in öffentlichen Aufträgen regelmäßig betroffenen Ingenieure, IT-Berater oder auch Fachberater für Reinigungsdienstleistungen etc. fallen ersichtlich aus diesem Rahmen heraus - und Ausnahmen hat die Rechtsprechung bislang noch nicht gestattet.
2/2: Wird die Kanzlei gewerbesteuerpflichtig?
Arbeitet der Rechtsanwalt mit einem Fachplaner zusammen, hat er möglicherweise zudem noch ein steuerrechtliches Problem. Dies gilt vor allem für Rechtsanwaltskanzleien, die nicht als Kapitalgesellschaften organisiert sind. Denn die steuerrechtliche Rechtsprechung stellt bei der Prüfung einer Gewerbesteuerpflicht im Rahmen von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG darauf ab, ob eine "gemischte" Tätigkeit vorliegt. Dies ist der Fall, wenn zwischen den Tätigkeiten gewisse sachliche und wirtschaftliche Berührungspunkte bestehen, die Tätigkeitsmerkmale miteinander verflochten sind und die Tätigkeiten sich gegenseitig so unlösbar bedingen, dass eine Trennung gegen die Verkehrsauffassung verstoßen würde.
Bei gemischten Beratungsaufträgen stehen die Leistungen, die erbracht werden müssen, sachlich und wirtschaftlich im Zusammenhang und sind eng miteinander verflochten. Der Auftraggeber verfolgt ja gerade das Ziel, die Leistungen so zu verknüpfen, dass Schnittstellen kaum entstehen. Er will umfassend juristisch und fachlich beraten werden. Rechtsanwälte und Fachplaner sollen Unterlagen, beispielsweise Verträge nebst Anlagen, Leistungsverzeichnisse etc., gemeinsam erstellen oder ein Nachtragsmanagement (v.a. im Baubereich) aufbauen.
Nach den steuerrechtlichen Vorgaben handelt es sich dann um eine gemischte Tätigkeit, mit der Folge, dass der gesamte Auftrag als gewerblich einzuordnen ist. Überschreitet dieser Auftrag im Vergleich zum Gesamtumsatz der Kanzlei gewisse Unwesentlichkeitsgrenzen (ca. 1,25 bis - 2 Prozent), kann die gemischte Beratungstätigkeit alle anderen Tätigkeiten innerhalb der Kanzlei infizieren. Folge ist, dass die gesamte Kanzlei gewerbesteuerpflichtig wird.
Verlust des Versicherungsschutzes droht
Neben den standes- und steuerrechtlichen Risiken besteht vor allem die Gefahr, dass die Beraterteams durch ihre Zusammenarbeit ihren Versicherungsschutz verlieren. Eine standeswidrige Tätigkeit wird von rechtsanwaltlichen Berufshaftpflichtversicherungen jedenfalls nicht gedeckt. Die Berufshaftpflichtversicherung nach § 51 BRAO tritt nur für Fehler des Anwalts im Zusammenhang mit seiner Berufsausübung ein. Fehler Dritter decken die Policen nie. Der Versicherungsschutz kann auch nicht durch vertragliche Regelungen über das gesetzliche Maß hinaus erweitert werden, obwohl dies oft versucht wird.
Aber nicht nur der Rechtsanwalt verstößt durch eine Zusammenarbeit mit dem Fachplaner gegen geltende Gesetze: Wird der Fachberater Hauptauftragnehmer und der Anwalt sein Nachunternehmer, verstößt der Fachplaner gegen § 5 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Denn bei den komplexen Verfahren, in denen Rechts- und Fachberater gesucht werden, ist die Grenze, bis zu welcher der Fachplaner auch Rechtsberatungsleistungen erbringen dürfte (bloße Nebenleistungen), regelmäßig dann überschritten, wenn von Anfang an ein Rechtsanwalt als Nachunternehmer beauftragt werden muss.
Im Ergebnis ist also Vorsicht geboten – auch wenn die Aufträge noch so lukrativ erscheinen. Am Ende können sie alle Beteiligten teuer zu stehen kommen. Rechtanwälte müssen in jedem Fall mit einem Steuerberater und ihrer Versicherung klären, ob im konkreten Einzelfall eine Zusammenarbeit überhaupt zulässig ist. Auf der anderen Seite müssen Auftraggeber aufpassen, dass ihre komplexen IT- oder Bauprojekte nicht auf "unversicherten Beinen" stehen.
Die Düsseldorfer Partnerin Dr. Ute Jasper leitet die Praxisgruppe "Öffentlicher Sektor und Vergabe" bei Heuking Kühn Lüer Wojtek.
Dr. Isabel Niedergöker arbeitet als Rechtsanwältin in der Praxisgruppe "Öffentlicher Sektor und Vergabe" bei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Düsseldorf.
Dr. Ute Jasper und Dr. Isabel Niedergöker, Risiken gemischter (Rechts-)Beratungsverträge: Standesrechtswidrig, gewerbesteuerpflichtig und nicht zu versichern? . In: Legal Tribune Online, 06.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14597/ (abgerufen am: 28.03.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag