Woran denken Sie, wenn Sie "Avocado" hören: an Guacamole oder an Wirtschaftsrecht? Und was fällt Ihnen zu "Wendelstein" ein? Wenn Anwälte eine Kanzlei gründen, dann ist die Namensfindung meist die erste große Herausforderung.
1/5: Neuland Legal
Es war – gelinde gesagt - eine unglückliche Formulierung, die Bundeskanzlerin Angela Merkel gewählt hatte. "Das Internet ist für uns alle Neuland", sagte sie im Sommer 2013 auf einer Pressekonferenz mit dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama. Es ging um das Überwachungsprogramm Prism des US-Geheimdienstes NSA. Ganz so neu war das Internet aber für viele Zuhörer doch nicht, und Merkels Zitat wurde vor allem in den sozialen Medien innerhalb kürzester Zeit zur Lachnummer.
Insofern ist es durchaus mutig, dass sich ein Spin-off von Freshfields Bruckhaus Deringer, der sich Anfang 2017 gegründet hat, ausgerechnet "Neuland Legal" nennt. Die beiden Kanzleigründer Danielle Herrmann und Dr. Christoffer Bortz dürften es aber selbstironisch meinen: Mit ihrer Kanzlei wollen sie sich "auf die Kernthemen von digitaler Wirtschaft und regulierten Märkten konzentrieren", sagen sie. Sie glauben, dass der große Beratungsbedarf, der sich angesichts der rasanten technischen Entwicklung ergibt, durch internationale Wirtschaftskanzleien nur unzureichend abgedeckt wird.
2/5: Wendelstein
Wer im "Neuland" Internet nach "Wendelstein" sucht, stößt auf alles, was der Naturliebhaber braucht: Informationen über die Wendelsteinbahn, eine Webcam mit Bildern vom Berg und Informationen über das Skigebiet. Denn der Wendelstein ist, klar, ein Berg in den Bayerischen Alpen. Allerdings trägt auch eine Wirtschaftsrechtskanzlei diesen Namen.
Ob die Hengeler-Associates, die im Jahr 2011 die Kanzlei Wendelstein LLP gegründet haben, begeisterte Wanderer sind, wissen wir nicht. Jedenfalls benannten sie ihre Kanzlei nach dem über 1.800 Meter hohen Berg – den sie von ihrem Büro aus ganz sicher nicht sehen können. Denn die Kanzlei hat ihren Sitz in Frankfurt.
3/5: Luther
Martin Luther hat nicht viel von Juristen gehalten. Von ihm ist folgendes Zitat überliefert: „Das Studium der Rechte ist eine ganz niederträchtige Kunst; wenn es nicht den Geldbeutel füllte, würde sich niemand darum bemühen." Dabei hatte Luther im Jahr 1501 in Erfurt selbst ein Jurastudium begonnen. Er brach es allerdings 1505 ab, um Mönch zu werden und später Theologie zu studieren.
Martin Luther war also nicht der Namensgeber der Kanzlei, die heute als Luther Rechtsanwaltsgesellschaft bekannt ist – doch es muss ein Jurist gewesen sein, der denselben Familiennamen wie der Reformator trug.
Die Sozietät mit diesem Namen hat jedenfalls eine wechselvolle Geschichte: Im Jahr 2000 fusionierte die Andersen Freihalter Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Luther & Partner in Hamburg und Berlin zur Andersen Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Im Jahr 2002 schloss sich Menold & Aulinger an, und man nannte sich danach Luther Menold Rechtsanwaltsgesellschaft. 2005 folgte die Umfirmierung zur Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
4/5: Avocado
Es waren einmal, im Jahr 2005, zwanzig Rechtsanwälte, die sich selbstständig machen wollten. Die erste Herausforderung, der sie sich stellten, war die Namensfindung für die Kanzlei. Sie dauerte Monate. Man wollte einen Kunstnamen, der einfach und gut zu merken ist. Und er sollte mit dem Buchstaben A beginnen, um in alphabetischen Listen möglichst weit oben platziert zu sein. Auch ein humoriges Augenzwinkern beim Spiel mit dem eigenen Berufstand war beabsichtigt.
Die Frucht dieser Überlegungen: Avocado Rechtsanwälte. Dieser Kanzleiname sorgt seit nunmehr rund zwölf Jahren für viel Gesprächsstoff – und für Kopfschütteln. Damit dürften die Kanzleigründer allerdings ein wichtiges Ziel erreicht haben: Der Wiedererkennungswert ist hoch.
5/5: Slaughter and May
Außerhalb der Juristenszene dürfte "Slaughter and May" völlig andere Assoziationen wecken als hier, vielleicht an eine Metzgerei im Frühling.
Großkanzlei-Fans jedoch ist der Name ein Begriff. Die Kanzlei mit Sitz in London gilt als eine der renommiertesten im Wirtschaftsrecht. Sie zählt zu den fünf sogenannten Magic-Circle-Kanzleien, einem erlesenen Kreis aus besonders umsatzstarken Sozietäten, und ist abonniert auf die größten, komplexesten und prestigeträchtigsten Mandate, die zu vergeben sind. Zu ihren Mandanten gehören etwa Vodafone, British Airways oder American Express.
In Deutschland ist Slaughter and May zwar gar nicht vertreten, ihre rund 560 Anwälte arbeiten in London, Brüssel, Peking und Hongkong. Aber sie hat hierzulande einen "besten Freund", Hengeler Mueller, eine der Top-Kanzleien des Landes.
Anja Hall, Von Bergen, Früchten und Metzgereien: 5 doppeldeutige Kanzleinamen . In: Legal Tribune Online, 09.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22321/ (abgerufen am: 18.04.2024 )
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