Mit internen Dokumenten einer Bank wies der Anwalt Eckart Seith Cum-Ex-Geschäfte mit Milliardenschäden für Staatskassen nach. Die Schweizer Justiz macht ihm trotzdem den Prozess.
Der in Deutschland als Whistleblower zu Cum-Ex-Geschäften gefeierte Wirtschaftsanwalt Eckart Seith steht in der Schweiz erneut vor Gericht. Ein Berufungsverfahren aus dem Jahr 2022, das mit der Aufhebung einer Verurteilung von Seith und zwei Mitarbeitenden einer Schweizer Bank geendet hatte, wird fortgesetzt. Das Gericht sah damals den "Anschein der Befangenheit" bei dem zunächst ermittelnden Staatsanwalt.
Gegenstand des Verfahrens sind Vorfälle aus dem Jahr 2013. Seith erstritt in Deutschland für einen Mandanten Schadensersatz, der durch die von der Schweizer Bank J. Safra Sarasin vermittelten Cum-Ex-Anlagen 50 Millionen Euro verloren hatte.
Seith hat mit seinen Recherchen Geschäfte mit Milliardenschaden für die öffentliche Hand aufgedeckt. Die Staatsanwaltschaft sieht eine Straftat darin, dass er sich dafür interne Dokumente einer Schweizer Bank besorgte und an die deutsche Justiz weiterleitete. Sie wirft ihm Wirtschaftsspionage und Verstöße gegen das Bankengesetz vor und fordert eine Haftstrafe von mehr als drei Jahren.
Seith wurde Anfang des Jahres 2018 angeklagt und im ersten Prozess in Zürich 2019 vom Vorwurf der Wirtschaftsspionage freigesprochen – wegen Vergehen gegen das Bankengesetz aber zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der Fall ging anschließend durch weitere Instanzen und ist nun wieder beim Obergericht des Kantons Zürich gelandet.
Seith erwartet Freispruch
Die Verteidigung forderte am Montag einen Freispruch. Vor dem Gericht demonstrierte unter anderem die frühere Kölner Staatsanwältin Anne Brorhilker dafür, den Anwalt aus Stuttgart freizusprechen. Seith selbst rechnet mit einem Freispruch: “Die Schweiz würde sich ja sonst als Rückzugsort der internationalen Finanzmarktkriminalität präsentieren”. "Wenn schwere Straftaten stattgefunden haben und ein Dritter davon erfährt und es den Behörden mitteilt, kann das doch nicht verwerflich sein", sagte Seith der dpa vor Beginn der Gerichtsverhandlung.
Brorhilker bezeichnete Seiths Hinweise als entscheidend, um die Cum-Ex-Ermittlungen ins Rollen zu bringen. In Deutschland liefen und laufen zahlreiche Verfahren gegen Akteure, die Anlegern mit Cum-Ex-Anlagen Traumrenditen versprachen. Grundlage war eine durch Aktienverschiebungen erreichte mehrfache Auszahlung einer nur einmal gezahlten Kapitalsteuer.
Brorhilker war Cum-Ex-Chefermittlerin bei der Staatsanwaltschaft Köln. Sie verließ den Staatsdienst mit scharfer Kritik an der aus ihrer Sicht unzureichenden Aufarbeitung des Steuerskandals. Sie ist heute Co-Geschäftsführerin des Vereins Finanzwende, die sich als für faire, stabile und nachhaltige Finanzmärkte einsetzt.
dpa/sts/LTO-Redaktion
Fortsetzung des Berufungsverfahrens: . In: Legal Tribune Online, 09.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56061 (abgerufen am: 21.01.2025 )
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