EuG zu gleichzeitiger Aufsichts- und Managementfunktion: Geschäfts­füh­rung und Kon­trolle zug­leich geht nicht

24.04.2018

Ein und dieselbe Person kann nicht gleichzeitig Verwaltungsratsvorsitzender und verantwortlicher Geschäftsleiter in einem beaufsichtigten Kreditinstitut sein, entschied das EuG. Vier französische Banken hatten gegen die EZB geklagt.

Die vier regionalen Kassen der französischen Bankengruppe Crédit agricole hatten eine Nichtigkeitsklage vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) gegen Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) erhoben. Sie wollten jeweils ein und dieselbe Person zum Vorsitzenden des Verwaltungsrats und zum "verantwortlichen Geschäftsleiter" ernennen. Die EZB als Aufsichtsbehörde der Crédit agricole genehmigte zwar die Benennung der Personen als Verwaltungsratsvorsitzende, sprach sich aber dagegen aus, dass sie zugleich als verantwortliche Geschäftsleiter fungieren.

Funktionen, die jemand ausübt, der zum "verantwortlichen Geschäftsleiter" im Sinne des französischen Rechts und des Unionsrechts bestellt wird, seien Führungsaufgaben und unterscheiden sich von den Funktionen, die ein Verwaltungsratsvorsitzender ausübt, so die Auffassung der EZB. Nach Ansicht der Behörde muss innerhalb eines Leitungsorgans grundsätzlich zwischen der Ausübung von Leitungs- und Aufsichtsfunktionen getrennt werden.

Die vier regionalen Kassen machten mit ihrer Klage vor dem EuG im Wesentlichen geltend, dass die EZB den Begriff "verantwortlicher Geschäftsleiter" nicht richtig ausgelegt habe: Sie habe ihn nämlich auf die Mitglieder der Geschäftsleitung, die über Leitungsfunktionen verfügten, beschränkt.

Wer die Geschäfte führt, kann nicht wirksam kontrollieren

Dem folgte das EuG nicht, es wies die Klagen der Kreditinstitute ab und erklärte den Ansatz der EZB für gültig (Urt. v. 24.04.2018, Rs.: T-133/16 bis T-136/16). In seiner Entscheidung kam das Gericht zu dem Schluss, dass sich der Begriff "verantwortlicher Geschäftsleiter" auf die Mitglieder der Geschäftsleitung bezieht - eine Funktion, die nicht mit einer Aufsichtsfunktion kumuliert werden darf.

Dabei erinnerte das EuG an das Ziel, das der Unionsgesetzgeber im Bereich der verantwortungsvollen Verwaltung von Kreditinstituten verfolgt: Die Geschäftsleitung muss wirksam durch die nicht geschäftsführenden Mitglieder des Leitungsorgans kontrolliert werden, was ein Kräftegleichgewicht innerhalb des Gremiums voraussetzt. Würde ein Verwaltungsratsvorsitzender zugleich die Geschäfte des Kreditinstituts leiten, wäre eine solche Kontrolle unwirksam.

Die EZB habe durch die richtige Auslegung des Begriffs "verantwortlicher Geschäftsleiter" auch Art. 88 der Richtlinie 2013/36/EU richtig angewandt, so der EuG weiter. Die Vorschrift bestimmt, dass der Chefaufseher eines Kreditinstituts in diesem Institut nicht gleichzeitig die Funktion des Geschäftsführers wahrnehmen darf, es sei denn, die zuständigen Behörden hätten das ausdrücklich genehmigt. Auch die Bestimmungen des französischen Code monetaire et financier (Währungs- und Finanzgesetzbuch) in der Auslegung des französischen Conseil d’État (Staatsrat), mit denen die Richtlinie 2013/36/EU umgesetzt wurde, seien richtig angewandt worden.

Gegen die Entscheidung des EuG kann ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden.

ah/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuG zu gleichzeitiger Aufsichts- und Managementfunktion: . In: Legal Tribune Online, 24.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28247 (abgerufen am: 16.10.2024 )

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