Seit dem 1. Oktober 2017 - und damit seit genau einem Jahr - müssen Gesellschafter und Organe der meisten Unternehmen und Stiftungen im Transparenzregister eingetragen sein. Heribert Heckschen zieht eine Zwischenbilanz.
Das sogenannte Transparenzregister wurde mit dem Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23. Juni 2017 eingeführt - und schon die Einführung des Registers und die Umsetzung des Gesetzes warfen in der Praxis zahlreiche Fragen auf. Angesichts der großen Zahl von offenen Fragen sah sich das Bundesverwaltungsamt veranlasst, einige Antworten zu veröffentlichen.
Das Gesetz sieht und sah ganz erhebliche Bußgelder für den Fall vor, dass entsprechende Vorschriften verletzt wurden. Allerdings war das eigentliche Register zunächst noch gar nicht eingerichtet und stand erst Ende 2017 zur Verfügung. Die Meldepflicht besteht seit dem 1. Oktober 2017.
Überraschend war zunächst, dass das Transparenzregister wenig transparent war, da der Zugang in das Register nicht jedermann offenstand. Dies wird allerdings durch die Fünfte Geldwäscherichtlinie vom 19. Juni 2018 geändert werden, und dann wird das Register tatsächlich öffentlich und transparent sein. Allerdings läuft die Umsetzungsfrist für dieses Vorhaben bis zum 10. Januar 2020.
Mehr offene Fragen als zuvor
Ziel des Transparenzregisters ist es, Geldwäsche zu verhindern und den sogenannten wirtschaftlich Berechtigten schnell feststellen zu können. Auch nach einem Jahr muss man konstatieren, dass die Fragen, insbesondere rund um die Problematik des wirtschaftlich Berechtigten, eher zu- als abgenommen haben.
Wirtschaftlich berechtigt soll derjenige sein, der Kontrolle ausübt, und auch derjenige, der auf "sonstige Weise" Kontrolle innehat. Auf "sonstige Weise" kann dies unbestrittenerweise auch durch Stimmrechtsvereinbarungen und Poolvereinbarungen geschehen. Wann aber erfolgt in diesen Fällen eine Zurechnung - und an wen erfolgt sie?
Dies ist höchst strittig und nach richtiger Auffassung der herrschenden Meinung, der Literatur und auch des Bundesverwaltungsamtes ist wirtschaftlich berechtigt derjenige, der sich mit einer Mehrheitsentscheidung gegen die anderen, beispielsweise in einem Stimmrechtspool, durchsetzen kann. Der Gesetzgeber scheint hier aber eher schon dann eine Zurechnung anzunehmen, wenn, wie beispielsweise bei § 34 WpHG, der die Zurechnung von Stimmrechten regelt, ein Acting in Concert stattfinden kann.
Offen ist auch, wann über eine stille Gesellschaft eine Kontrolle "auf sonstige Weise" erfolgt. Nach zutreffender Ansicht ist dies bei einer typisch ausgestalteten stillen Gesellschaft nicht der Fall, während dies bei einer atypisch stillen Beteiligung möglich ist. Streit herrscht auch dort, wo Unterbeteiligungsverträge und Nießbrauchsverhältnisse begründet wurden.
Treuhandverhältnisse sind nicht detailliert geregelt
Es erstaunt nicht, dass gerade Treuhandverhältnisse im Visier derjenigen stehen, die Transparenz herbeiführen wollen. Es überrascht aber, dass hier keine detaillierten Regelungen erfolgt sind. Wer muss hier melden? Der Treuhänder oder der Treugeber? Teilweise wird in der Literatur die Auffassung vertreten, der Treugeber sei nie Meldeverpflichteter, da er ja keinen unmittelbaren beherrschenden Einfluss im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 3 GwG habe. In dieser Norm findet sich die Definition des wirtschaftlich Berechtigten.
Mit dem Ziel des Gesetzgebers scheint dies aber eher nicht vereinbar zu sein und nach hier vertretener Ansicht ist es zweifelhaft, ob tatsächlich verfassungsrechtliche Gründe dafür sprechen, dass der Treugeber nicht meldepflichtig ist und auch nicht offengelegt werden muss. Das Gesetz sieht in § 20 Abs. 2 GwG eine sogenannte Meldefiktion vor, wenn sich alle benötigten Angaben aus einem öffentlichen Register ergeben und diese Angaben auch aktuell sind. Bei einer GmbH stellt die Liste der Gesellschafter ein derartiges öffentliches Register dar.
Insoweit ist der Gesetzgeber nun mehrfach tätig geworden und hat die Anforderungen an die und den Inhalt der Gesellschafterliste reformiert. Aus Transparenzgesichtspunkten empfand er es als sinnvoll, dass im Rahmen der Gesellschafterliste anzugeben ist, wie viel Prozent der Anteile jeder Gesellschafter hält. Dem kann man folgen, ob es aber tatsächlich der Transparenz dient, wenn auch bei jedem einzelnen Anteil eine derartige Prozentangabe erfolgt, ist eher zweifelhaft.
Neue Verordnung klärt einige Streitfragen
Zahlreiche Streitfragen beschäftigten immer wieder deutsche Gerichte, beispielsweise war streitig, ob bei Geringstbeteiligten auch eine Angabe kleiner als ein Prozent zulässig ist. Diese Fragen hat der Gesetzgeber jetzt überwiegend mit der Verordnung über die Ausgestaltung der Gesellschafterliste (Gesellschafterlistenverordnung, GesLV) beantwortet, die am 1. Juli dieses Jahres in Kraft getreten ist. Die Verordnung entfaltet unmittelbare Wirkung und war demnach ohne Übergangsfristen anwendbar, auch auf zu diesem Zeitpunkt bereits wirksame, aber noch nicht eingereichte Gesellschafterlisten.
Zeit, um sich auf die Neuerungen einzustellen und sie umzusetzen, blieb keine, was eine erneute Flut an registergerichtlichen Zwischenverfügungen und Mehrarbeit bewirkte und noch bewirken wird. Der Aufwand, den Geschäftsführer und insbesondere Notare hinsichtlich der Gesellschafterliste jetzt zu treiben haben, ist immens und wird noch übertroffen von dem Aufwand, der dadurch entsteht, dass bei jedem einzelnen Vorgang der wirtschaftlich Berechtigte festzustellen ist.
Dies führt in der Praxis nicht selten dazu, dass für einen einzigen Vorgang ein Mitarbeiter einen ganzen Tag lang in Europa und in der ganzen Welt recherchieren muss, wer hinter dem Gesellschafter der Gesellschaft steht. Das führt zu erheblichen Kosten, da die Einsicht in die entsprechenden Register und die entsprechenden Auskünfte nicht kostenfrei sind. In der Regel endet die Recherche dann dort, wo öffentliche Register eben keine Auskunft über die Gesellschafter oder über die Anteile der Gesellschafter an der Gesellschaft geben. Inwieweit dieser immense finanzielle und vor allem zeitliche Aufwand in einem guten Verhältnis zu dem Nutzen im Kampf gegen Geldwäsche steht, erscheint durchaus fraglich.
EU-weite Vernetzung der Transparenzregister
Mit der Novellierung der Geldwäscherichtlinie vom 19. Juni 2018, die von den Mitgliedstaaten bis zum 10. Januar 2020 umgesetzt werden muss, wird nun das Transparenzregister auf ein öffentliches Register mit Einsichtsrecht für jedermann umgestellt. Die Transparenzregister sollen EU-weit vernetzt werden, und neben weiteren Verschärfungen sollen auch die Befugnisse der zentralen Meldestellen ausgebaut werden.
Eine ganz offensichtliche Lücke wird aber immer noch nicht geschlossen: Nach herrschender Ansicht ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein Instrument, um Transparenz zu vermeiden und Meldepflichten bestehen insoweit nicht. Berücksichtigt man dies, so darf man aus der Praxis mit Recht das Fazit ziehen, dass das Transparenzregister und die Prüfungspflichten nach dem Geldwäschegesetz einen riesigen bürokratischen Aufwand für alle Berater und Adressaten der gesetzlichen Vorschriften ausgelöst haben, die offenen Fragen kaum zu überblicken sind und andererseits der praktische Nutzen im Kampf gegen Geldwäsche doch eher eingeschränkt ist.
Es erstaunt im Übrigen, dass die EU einerseits mit immer weiteren Verschärfungen und immer größeren bürokratischen Aufwand für Transparenz sorgen will, andererseits aber parallel beispielsweise die Online-Gründung der GmbH/UG (haftungsbeschränkt) gefordert wird, ohne dass gleichzeitig die unzweifelhafte Feststellung der Beteiligten bei der digitalen Gründung im Fokus der Überlegung der Kommission steht.
Der Autor Prof. Dr. Heribert Heckschen ist Notar in Dresden
Erste Erfahrungen mit dem Transparenzregister: . In: Legal Tribune Online, 01.10.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31237 (abgerufen am: 03.10.2024 )
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