Deutsche Kanzleien im Ausland: "Indien gehört ins Portfolio"

von Henning Zander

09.04.2015

2/2: Der Anwalt als Mittler zwischen den Kulturen

"Inder sagen grundsätzlich nicht nein", warnt Hartmann. "Es heißt meist sofort: No Problem. Auch wenn das Gegenüber gar nicht darüber nachgedacht hat, ob es in der bestimmten Zeit und zu den Konditionen tatsächlich funktioniert." Häufig treffe man auch auf Geschäftspartner, die in Indien auf irgendeinem Gebiet angeblich "Marktführer" sind. Da ist Vorsicht und ein gesundes Misstrauen zu empfehlen. "Bei manchen Geschäftspartnern lassen wir für unsere Mandanten auch Background-Checks erstellen: Gab es schon einmal Gerichtsverfahren, wie ist die Liquidität?"

Dr. Ritesh Rajani leitet den Indien Desk bei GvW Graf von Westphalen. "Indien ist nicht gleich Indien", sagt der Rechtsanwalt. "Die unterschiedlichsten Kulturen finden sich hier, unterschiedliche Mentalitäten. Es wird nicht einmal in allen Landesteilen dieselbe Sprache gesprochen. Ja, sogar die Schrift unterscheidet sich." Für seine Kanzlei ist es deshalb wichtig, Partner in allen Landesteilen zu haben. Nur so könne auf die lokalen Besonderheiten Rücksicht genommen werden.

Die Wirtschaft ist in Indien immer noch sehr patriarchal geprägt. Viele Unternehmen werden vom Inhaber geführt, was durchaus zu Verstimmungen führen kann. Wenn etwa bei der Due Diligence kritische Punkte angesprochen werden, kann sich der Inhaber persönlich angegriffen fühlen. Unternehmen aus dem Westen stoßen in Indien ohnehin schnell auf Misstrauen. "Die Aufgabe der Kanzlei besteht auch darin, zwischen den deutschen Unternehmen und den indischen Geschäftspartnern eine kulturelle Brücke zu schlagen." Rajani hat indische Eltern und ist  in Deutschland geboren. "Ich werde nicht als völlig fremd wahrgenommen. Das hilft natürlich für die Akzeptanz als Gesprächspartner."

Wirtschaftliche Erholung zieht Investoren an

Fünf Berufsträger arbeiten beim Indien Desk von GvW. Rund viermal im Jahr fliegt Rajani nach Indien, um sich mit Partnerkanzleien abzustimmen oder neue Mandate zu akquirieren. Die Entwicklung des Subkontinents schätzt Rajani als gut ein. "Die Finanzkrise hat Indien mit Verzögerung erwischt. Der Tiefpunkt war zwischen 2009 und 2010. Jetzt hat sich die Wirtschaft wieder erholt."

Bei der neuen Regierung unter Premierminister Narendra Modi habe die wirtschaftliche Entwicklung oberste Priorität. Soziale Themen und auch die Fälle sexueller Gewalt in Indien hatten viele deutsche Unternehmen verunsichert, ob es sinnvoll ist, in Indien zu investieren. Langsam fassen Investoren aber wieder vertrauen. "Die Zahl der Mandatsanfragen ist deutlich gestiegen", sagt Rajani.

Auch Martin Wörlein von Rödl & Partner sieht die Chancen des Standortes positiv. "Während des Booms wurde vielleicht auch vieles zu gut dargestellt. So wie während der schlechten Phase Dinge allzu negativ dargestellt wurden." Es sei nun an der Regierung, die hohen Erwartungen an sie zu erfüllen.

Steckbrief Indien:

  • Indien besteht aus 29 Bundesstaaten
  • Hauptstadt: Neu-Delhi
  • Amtssprachen: Hindi und Englisch
  • Bevölkerung: Mehr als 1,2 Milliarden Einwohner
  • Rechtssystem: Common Law
  • Amtierender Premierminister: Narendra Damodardas Modi (Bharatiya Janata Party)
Zitiervorschlag

Henning Zander, Deutsche Kanzleien im Ausland: "Indien gehört ins Portfolio" . In: Legal Tribune Online, 09.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15134/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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