Constanze Ulmer-Eilfort ist eine der wenigen Managing Partnerinnen in Deutschland. Als Ausnahmeerscheinung will sie sich nicht sehen, eher als "role model". Als solches sagte sie LTO, worauf es für Frauen mit Karriereambitionen ankommt.
Constanze Ulmer-Eilfort hat offenbar vieles richtig gemacht: Nachdem sie die Familienplanung schon im Studium begonnen hatte, begann sie als zweifache Mutter 1994 bei Baker McKenzie. Und schaffte als weltweit erste Frau bei Baker aus der Teilzeit heraus den Sprung in die Equity-Partnerschaft.
Sie machte schon 1989 den Master of Law an der University of Pennsylvania in Philadelphia und promovierte 1993 an der Freien Universität Berlin. Heute sind die zwischenzeitlich drei Kinder aus dem Haus und Ulmer-Eilfort ist Managing Partnerin der deutschen und österreichischen Büros von Baker McKenzie, einer der weltweit größten internationalen Kanzleien. In ihrer Funktion als Managing Partnerin wurde sie bereits wiedergewählt und im gleichen Jahr als Managerin of the year ausgezeichnet.
Constanze Ulmer-Eilfort hatte mit einer 80-Prozent-Stelle bei Baker McKenzie angefangen. Die internationale Sozietät wollte sie als Anwältin in ihren Reihen haben, so dass sie ihr die Teilzeitstelle angeboten hat – für sie damals überraschend. Sie begann damit in einer Kanzlei, in der es lediglich zwei weitere Frauen gab, unter ca. 30 männlichen Anwälten in Deutschland.
Klare Signale setzen
Als junge Anwältin arbeitete sie vier Tage, freitags war sie nicht im Büro. An den anderen Tagen war sie voll einsetzbar, setzte sich - wie viele Anwälte, egal ob männlich oder weiblich - abends noch einmal zu Hause an den Schreibtisch, wenn es notwendig war.
Nach der Geburt ihres dritten Kindes nahm sie sich eine sechsmonatige Auszeit. "Ich habe allerdings, als ich gegangen bin, meine Pläne klar kommuniziert ", sagt die Juristin. Sie würde wiederkommen, nach sechs Monaten, wiederum mit den 80 Prozent ihrer Arbeitszeit. Es sei ganz wichtig für die weitere Karriere, das Signal klar zu setzen, dass Arbeitgeber und Kollegen auf sie bauen können.
Inzwischen hat Baker Teilzeitmodelle aufgesetzt und fördert flexible Arbeitszeiten. "Das gab es damals noch nicht", sagt sie. Damals wie heute aber seien eine langfristige Auszeit und eine niedrigere Stundenanzahl problematisch für die Karriere, "da darf man sich nichts vormachen", sagt Ulmer-Eilfort. Es sei einfach schwierig, sich mit 50 Prozent einen Namen zu machen. Nur die festen Stunden zu machen, und ansonsten nicht erreichbar zu sein, sei auch kein empfehlenswertes Modell für Anwältinnen und Anwälte, die Familie und Karriere vereinbaren wollen. "Wir müssen uns fragen, was wir wirklich wollen", so die Anwältin.
Schwierig sind vor allem 'die anderen'
Für sie hat sich die Frage nie ernsthaft gestellt. Auch wenn über viele Jahre fast ihr gesamtes Gehalt in die Betreuung der Kinder geflossen sei. Die Familie habe sich immer Kindermädchen geleistet, "die waren teuer, aber das hat sich gelohnt". Sie habe dennoch nicht eine Ballettaufführung verpasst und sei bei allen Kindern auch in den Elternbeiräten der Schule gewesen. "Solange die Kinder wissen, dass sie die erste Priorität sind, war das für uns so in Ordnung", sagt sie heute. Schwierig seien weniger die Kinder oder ihr eigenes Gefühl bezüglich ihrer Entscheidung gewesen, Job und Familie haben zu wollen. "Schwierig waren vor allem 'die anderen'".
Die anderen, das waren auch die Kollegen, schon als sie sich zur Wahl für die Equity-Partnerschaft stellte. Die Männer fanden vermeintlich gute Worte für die junge Anwältin: Sie habe die Vollpartnerschaft doch gar nicht nötig und vielleicht wäre der Arbeitsanfall dann doch zu belastend. "Man muss Mut haben, einen Schritt ins Ungewisse zu tun", sagt sie heute, "einen Schritt, von dem man nicht weiß, ob er funktioniert".
Dabei gehe es vor allem auch um den Mut, zu scheitern. Und darum, sich zu fragen, was genau ein Scheitern überhaupt wäre: "Wenn ich die Wahl in die Partnerschaft nicht geschafft hätte? Dann vielleicht zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Oder wenn ich die Belastung in der Equity-Partnerschaft nicht ausgehalten hätte? Dann wäre es meine Entscheidung gewesen, mein Leben und meine Karriere in eine andere Richtung zu lenken."
2/2: Unsicherheit ist der rote Faden
Doch vor allem waren 'die anderen' andere Frauen. "Wir schaden uns gegenseitig", sagt die IP-Anwältin. "Ich kann mir das nur so erklären, dass Frauen unsicher sind über die eigene Rolle und noch immer eine Rechtfertigung suchen für ihr jeweiliges persönliches Modell." Was nichts damit zu tun habe, dass man sich stets fragen solle, wem man sagt, dass man die Kinder abholen geht, wenn man das Büro verlässt. "Man kann genauso gut sagen, man habe noch externe Termine. Denn es geht vor allem darum, welche Botschaft ich als Frau an Kollegen und Mandanten senden möchte", sagt Ulmer-Eilfort.
Unsicher seien Frauen auch insofern, als sie von der Qualität ihrer Arbeit nicht überzeugt genug seien, sich selbst nicht genug zutrauten und sich im Unklaren darüber seien, welche Erwartungen an sie gestellt werden und welche davon sie erfüllen können, sollen oder wollen. Die Unsicherheit ziehe sich wie ein roter Faden durch die Karriere von Frauen– auch durch ihre eigene.
"Zu sagen, 'ich mache das jetzt und es ist mir egal, was andere davon halten' erfordert Selbstbewusstsein – und macht uns stark. Frauen kommunizieren ihre fachlichen Qualitäten generell zurückhaltend und pochen nicht lautstark darauf, dass sie Anforderungen selbstverständlich erfüllen." Dabei sei erwiesen, dass Frauen in aller Regel nicht schlechter qualifiziert sind als Männer.
Durchhalten auch in harten Momenten
Dabei hat Constanze Ulmer-Eilfort früh gelernt, sich in der Welt der Männer zu behaupten. Das begann schon gegenüber ihrem Vater, der sie nicht studieren lassen wollte, obwohl sie aus einer Akademikerfamilie stammt. Sie hat sich durchgesetzt.
Sie studierte, und als sie als Referendarin für drei Monate im Büro von Baker in New York war, war ihr erster Sohn schon geboren. Sie ließ ihn in Deutschland bei ihrem Mann. "Mein Mann hat immer hinter mir gestanden", sagt sie. Nie habe sie zu hören bekommen, ob sie nicht meine, es sei besser, wenn sie bei den Kindern zu Hause wäre.
So hielt sie es auch aus, als es in der Kanzlei mal hart wurde. Hart, weil der Umgang der Kollegen untereinander immer wieder sehr persönlich werde. "Es kam ein Moment, in dem ich dachte, ich verlasse jetzt die Kanzlei", erzählt sie. Ulmer-Eilfort wandte sich an ihren Mentor, der ihr glaubhaft versicherte, sie würde in jeder anderen Sozietät früher oder später an denselben Punkt kommen. Und sie blieb. Nicht erst seitdem haftet ihr der Ruf an, unnahbar zu sein. Sie kann das so stehen lassen.
Hinderungsgründe für Frauen
Sie selbst beschreibt sich eher als gut organisiert, sehr strukturiert und vor allem als eine Frau, die keine Verlustängste habe. Zumindest nicht mehr. Ehrgeizig sei sie, aber nicht unbedingt selbstbewusst. Es seien drei Gründe, die Frauen oft hindern, Karriere zu machen. "Das ist zum einen das Hochstapler-Syndrom, was bedeutet, dass Frauen sich ständig fragen, warum denn noch keiner gemerkt habe, dass sie gar nicht so gut seien". Hinzu komme der bei Frauen mit negativen Assoziationen behaftete Begriff 'Ehrgeiz'" und schließlich die Sorge, Familie und Karriere nicht unter einen Hut bringen zu können. Einige Aspekte erkenne sie eben auch bei sich selbst.
Dabei sei es bei den jungen Rechtswissenschaftlerinnen heute völlig unnötig, in derartigen Kategorien zu denken: "Die Frauen können heute alles machen, die Kinderbetreuung ist nicht optimal, aber so gut wie nie und die Gehälter sind ausgesprochen hoch".
Doch irgendetwas, so erlebt sie es, passiert bei den jungen Frauen, was dazu führt, dass sie sich noch immer weniger um die eigene Karriere kümmern als sich vielmehr nach einem Versorger umsehen. Hinzu komme, dass die Generation Y oft sage, sie hätten alles, bräuchten nichts, hätten wenig Interesse daran, viel Geld zu verdienen und wollten am liebsten bei einem Start-up arbeiten. An einer Partnerschaft in einer Kanzlei seien viele nicht mehr interessiert.
Gleichzeitig gebe es inzwischen Mandanten, die klar sagen, sie wollten für einen First-Year-Associate nicht bezahlen. "Bei den Kanzleien gibt es schon Überlegungen, die Anforderungen für Frauen für eine Equity-Partnerschaft zu senken, um Frauen im Beruf zu halten", sagt Ulmer-Eilfort. Diesem Vorschlag haben die Frauen in der Partnerschaft eine klare Absage erteilt.
Baker hat sich trotz aller Schwierigkeiten, überhaupt weibliche Partner zu finden, global das Ziel gesetzt, mindestens 30 Prozent Frauen in der Equity-Partnerschaft zu haben und 30 Prozent der Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Constanze Ulmer-Eilfort war von 2013 bis 2016 auch Chairman des globalen Policy Committee, das sich mit strategischen Fragen befasst und das globale Führungsgremium berät. "Ich glaube, dass ich die notwendigen Qualitäten für dieses Amt mitbringe", sagt die Anwältin. "Aber die Tatsache, dass ich eine Frau bin, hat sicherlich dabei geholfen, in das Amt gewählt zu werden."
Tanja Podolski, Karriere in der Kanzlei: Mit dem Mut zu scheitern . In: Legal Tribune Online, 09.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21692/ (abgerufen am: 04.12.2023 )
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