2/2: Unsicherheit ist der rote Faden
Doch vor allem waren 'die anderen' andere Frauen. "Wir schaden uns gegenseitig", sagt die IP-Anwältin. "Ich kann mir das nur so erklären, dass Frauen unsicher sind über die eigene Rolle und noch immer eine Rechtfertigung suchen für ihr jeweiliges persönliches Modell." Was nichts damit zu tun habe, dass man sich stets fragen solle, wem man sagt, dass man die Kinder abholen geht, wenn man das Büro verlässt. "Man kann genauso gut sagen, man habe noch externe Termine. Denn es geht vor allem darum, welche Botschaft ich als Frau an Kollegen und Mandanten senden möchte", sagt Ulmer-Eilfort.
Unsicher seien Frauen auch insofern, als sie von der Qualität ihrer Arbeit nicht überzeugt genug seien, sich selbst nicht genug zutrauten und sich im Unklaren darüber seien, welche Erwartungen an sie gestellt werden und welche davon sie erfüllen können, sollen oder wollen. Die Unsicherheit ziehe sich wie ein roter Faden durch die Karriere von Frauen– auch durch ihre eigene.
"Zu sagen, 'ich mache das jetzt und es ist mir egal, was andere davon halten' erfordert Selbstbewusstsein – und macht uns stark. Frauen kommunizieren ihre fachlichen Qualitäten generell zurückhaltend und pochen nicht lautstark darauf, dass sie Anforderungen selbstverständlich erfüllen." Dabei sei erwiesen, dass Frauen in aller Regel nicht schlechter qualifiziert sind als Männer.
Durchhalten auch in harten Momenten
Dabei hat Constanze Ulmer-Eilfort früh gelernt, sich in der Welt der Männer zu behaupten. Das begann schon gegenüber ihrem Vater, der sie nicht studieren lassen wollte, obwohl sie aus einer Akademikerfamilie stammt. Sie hat sich durchgesetzt.
Sie studierte, und als sie als Referendarin für drei Monate im Büro von Baker in New York war, war ihr erster Sohn schon geboren. Sie ließ ihn in Deutschland bei ihrem Mann. "Mein Mann hat immer hinter mir gestanden", sagt sie. Nie habe sie zu hören bekommen, ob sie nicht meine, es sei besser, wenn sie bei den Kindern zu Hause wäre.
So hielt sie es auch aus, als es in der Kanzlei mal hart wurde. Hart, weil der Umgang der Kollegen untereinander immer wieder sehr persönlich werde. "Es kam ein Moment, in dem ich dachte, ich verlasse jetzt die Kanzlei", erzählt sie. Ulmer-Eilfort wandte sich an ihren Mentor, der ihr glaubhaft versicherte, sie würde in jeder anderen Sozietät früher oder später an denselben Punkt kommen. Und sie blieb. Nicht erst seitdem haftet ihr der Ruf an, unnahbar zu sein. Sie kann das so stehen lassen.
Hinderungsgründe für Frauen
Sie selbst beschreibt sich eher als gut organisiert, sehr strukturiert und vor allem als eine Frau, die keine Verlustängste habe. Zumindest nicht mehr. Ehrgeizig sei sie, aber nicht unbedingt selbstbewusst. Es seien drei Gründe, die Frauen oft hindern, Karriere zu machen. "Das ist zum einen das Hochstapler-Syndrom, was bedeutet, dass Frauen sich ständig fragen, warum denn noch keiner gemerkt habe, dass sie gar nicht so gut seien". Hinzu komme der bei Frauen mit negativen Assoziationen behaftete Begriff 'Ehrgeiz'" und schließlich die Sorge, Familie und Karriere nicht unter einen Hut bringen zu können. Einige Aspekte erkenne sie eben auch bei sich selbst.
Dabei sei es bei den jungen Rechtswissenschaftlerinnen heute völlig unnötig, in derartigen Kategorien zu denken: "Die Frauen können heute alles machen, die Kinderbetreuung ist nicht optimal, aber so gut wie nie und die Gehälter sind ausgesprochen hoch".
Doch irgendetwas, so erlebt sie es, passiert bei den jungen Frauen, was dazu führt, dass sie sich noch immer weniger um die eigene Karriere kümmern als sich vielmehr nach einem Versorger umsehen. Hinzu komme, dass die Generation Y oft sage, sie hätten alles, bräuchten nichts, hätten wenig Interesse daran, viel Geld zu verdienen und wollten am liebsten bei einem Start-up arbeiten. An einer Partnerschaft in einer Kanzlei seien viele nicht mehr interessiert.
Gleichzeitig gebe es inzwischen Mandanten, die klar sagen, sie wollten für einen First-Year-Associate nicht bezahlen. "Bei den Kanzleien gibt es schon Überlegungen, die Anforderungen für Frauen für eine Equity-Partnerschaft zu senken, um Frauen im Beruf zu halten", sagt Ulmer-Eilfort. Diesem Vorschlag haben die Frauen in der Partnerschaft eine klare Absage erteilt.
Baker hat sich trotz aller Schwierigkeiten, überhaupt weibliche Partner zu finden, global das Ziel gesetzt, mindestens 30 Prozent Frauen in der Equity-Partnerschaft zu haben und 30 Prozent der Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Constanze Ulmer-Eilfort war von 2013 bis 2016 auch Chairman des globalen Policy Committee, das sich mit strategischen Fragen befasst und das globale Führungsgremium berät. "Ich glaube, dass ich die notwendigen Qualitäten für dieses Amt mitbringe", sagt die Anwältin. "Aber die Tatsache, dass ich eine Frau bin, hat sicherlich dabei geholfen, in das Amt gewählt zu werden."
Tanja Podolski, Karriere in der Kanzlei: . In: Legal Tribune Online, 09.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21692 (abgerufen am: 13.11.2024 )
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