Chinesische Discount-Anbieter: EU-Kom­mis­sion nimmt nach Temu auch Shein ins Visier

05.02.2025

Mit jedem Klick ein Modeschnäppchen – das könnte bald vorbei sein. Brüssel will Verbraucher besser schützen und geht gegen chinesische Discount-Anbieter vor.

Die EU-Kommission will entschiedener gegen den massenhaften Import von Billigprodukten vorgehen. Nach Ansicht der Brüsseler Behörde bringen insbesondere die Shoppingportale Shein und Temu große Mengen günstiger Waren in die EU, wobei es Bedenken im Hinblick auf die Einhaltung von Verbraucherschutzvorschriften und Sicherheitsstandards gibt.

Die Kommission hat daher eine Untersuchung gegen Shein eingeleitet. Prüfen will man mögliche Verstöße gegen den europäischen Verbraucherschutz, insbesondere mutmaßlich missbräuchliche Vertragsbedingungen und unlautere Geschäftspraktiken. Im Oktober des vergangenen Jahres hatte die Kommission bereits ein Verfahren gegen Temu eröffnet. Wenige Wochen davor kündigte das Bundeswirtschaftsministerium eine stärkere Kontrolle der chinesischen Discount-Portale an – Teil des geplanten Maßnahmenpakets ist die Abschaffung der Zollfreigrenze für Sendungen mit einem Warenwert unter 150 Euro.

Eine Sprecherin von Shein betonte, dass der Konzern in regulatorischen Fragen gemeinsam mit den Partnern auf EU- und nationaler Regierungsebene zusammenarbeiten wolle. "Wir begrüßen alle Bemühungen, die das Vertrauen und die Sicherheit europäischer Verbraucher in den Online-Einkauf stärken." Shein vertreibt vor allem Textil- und Sportartikel. Das Unternehmen, das in China gegründet wurde und inzwischen in Singapur sitzt, gilt als einer der größten Modehändler der Welt. Bereits im Juni 2024 hatte die Behörde detaillierte Informationen von Shein verlangt, etwa zur Rückverfolgbarkeit von Händlern und zum Umgang mit illegalen Produkten.

Neue Zollmaßnahmen geplant

Parallel dazu plant auch die EU-Kommission Reformen im Zollrecht, um die rasant steigende Zahl an Kleinsendungen besser kontrollieren zu können. Laut der Brüsseler Behörde wurden im vergangenen Jahr 4,6 Milliarden Päckchen mit einem Wert unter 150 Euro in die EU importiert, davon stammten 91 Prozent aus China. Das ist dreimal mehr als 2022 und entspricht mehr als 12 Millionen Paketen pro Tag in der EU. Die Kommission schlägt daher eine Bearbeitungsgebühr für direkt an Verbraucher gelieferte E-Commerce-Waren vor, um die steigenden Kosten für Zoll- und Marktüberwachung auszugleichen.

Eine Abschaffung der bisher geltenden Zollbefreiung für Sendungen unter 150 Euro könnte auch für Onlinemarktplätze wie Amazon oder Etsy gelten. Damit soll sichergestellt werden, dass alle Händler – unabhängig von ihrem Standort – die gleichen Wettbewerbsbedingungen haben.

Die US-Post hatte mitten im neuen Handelskonflikt zwischen Washington und Peking sogar angekündigt, vorerst keine Pakete aus China und Hongkong mehr ins Land lassen. Der Stopp gelte bis auf Weiteres, teilte die Postbehörde USPS mit. Briefsendungen seien nicht betroffen. Die Post machte auf Nachfrage zunächst keine Angaben zu den Gründen für die Aussetzung. Eine wahrscheinliche Ursache könnte sein, dass US-Präsident Donald Trump bei der Verhängung zusätzlicher Zölle von zehn Prozent für Waren aus China auch die generelle Ausnahme für Pakete mit einem Warenwert unter 800 Dollar aufhob.

Reichen Pläne und Ankündigungen aus?

Der Handelsverband Deutschland (HDE) begrüßt die Pläne der EU und sieht darin einen wichtigen Schritt hin zu faireren Wettbewerbsbedingungen. "Anbieter wie Temu und Shein dürfen nicht länger ungeschoren mit Regelbrüchen davonkommen", sagte der stellvertretende HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp. Gleichzeitig warnt der Verband vor zusätzlicher Bürokratie für europäische Händler.

Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbandes reichen die Maßnahmen nicht aus. "Bisher werden Anbieter nicht daran gehindert, unsichere Produkte über Online-Marktplätze zu verkaufen", sagt Referentin Stefanie Grunert. Die Verbraucherschützer fordern: Betreiber von Online-Marktplätzen müssen haften, wenn Angebote auf ihren Plattformen nicht den EU-Anforderungen entsprechen.

Der E-Commerce-Verband Bevh sieht in den EU-Plänen zwar gute Ideen, warnt jedoch davor, dass der Onlinehandel per se mit zusätzlichen Regeln und Gebühren benachteiligt werden könnte. "Mögliche Strafgebühren gegen einzelne Geschäftsmodelle würden auch redliche Händler treffen", sagte die Leiterin für Europapolitik, Alien Mulyk.

dpa/sts/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Chinesische Discount-Anbieter: . In: Legal Tribune Online, 05.02.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56521 (abgerufen am: 16.02.2025 )

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