Der Medienkonzern Kirch ging 2002 pleite, aber die juristische Aufarbeitung dieses Niedergangs läuft bis heute. Nun befasst sich der BGH mit der Frage, welche Rolle die Führungsriege der Deutschen Bank bei der Insolvenz der Gruppe spielte.
Holt die Vergangenheit sie noch einmal ein? Die Pleite des Medienkonzerns Kirch beschäftigt auch nach 17 Jahren noch die Gerichte. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Dienstag über die Freisprüche für drei frühere Vorstandschefs der Deutschen Bank verhandelt.
Die Staatsanwaltschaft hatte Rolf Breuer (81), Josef Ackermann und Jürgen Fitschen (beide 71) versuchten Prozessbetrug vorgeworfen. Die drei ehemaligen Deutsche-Bank-Chefs sollen in einem Zivilprozess um Schadensersatz am Oberlandesgericht München in Absprache bewusst falschen Sachvortrag in Anwaltsschriftsätzen veranlasst bzw. nicht unterbunden haben, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.
Zudem sollen sie bei der Befragung durch das Gericht die Unwahrheit gesagt haben. Damit hätten sie erreichen wollen, dass eine Schadensersatzklage der Kirch-Gruppe gegen die Deutsche Bank abgewiesen werde.
Freisprüche nach langwierigem Verfahren
Das Landgericht München I hatte für diese Vorwürfe allerdings keinerlei Beweise gesehen und die Manager im April 2016 freigesprochen (Urt. v. 25.04.2016, Az. 5 KLs 401 Js 160239/11). Die Ermittler hatten für Breuer und Ackermann mehrjährige Haftstrafen, für Fitschen eine Bewährungsstrafe gefordert. Die Deutsche Bank sollte eine Geldbuße von einer Million Euro zahlen. In München waren noch zwei weitere Ex-Top-Manager des Geldhauses angeklagt. Deren Freisprüche sind bereits rechtskräftig.
Das Verfahren vor dem LG München hatte sich über ein Jahr gezogen. Es fanden 35 Verhandlungstermine statt und die Staatsanwaltschaft hatte mehr als 40 Beweisanträge gestellt, um ihre Vorwürfe zu untermauern. Die Verteidigung hatte damals der Anklage immer wieder vorgeworfen, das Verfahren absichtlich in die Länge zu ziehen. Auch der Vorsitzende Richter hatte nach einem – erfolglosen – Antrag der Strafverfolger auf Erlass eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses gegen die Deutsche Bank die Geduld verloren. Er warf der der Anklage später "Vermutungen ins Blaue hinein" vor.
Gegen die Freisprüche der Banker wehrt sich die Staatsanwaltschaft nun mit der Revision in Karlsruhe. Bestätigt der BGH das Urteil des LG München, werden die Freisprüche rechtskräftig. Andernfalls müsste der Prozess möglicherweise zumindest in Teilen neu aufgerollt werden. Das Urteil soll am 31. Oktober verkündet werden (Az. 1 StR 219/17).
Kirch gab der Deutschen Bank Schuld an der Pleite
Der 2011 gestorbene Medienunternehmer Leo Kirch hatte Breuer und die Deutsche Bank zeitlebens für den Zusammenbruch seines Konzerns verantwortlich gemacht, weil Breuer sich Anfang 2002 in einem Fernsehinterview kritisch über die Kreditwürdigkeit der Kirch-Gruppe geäußert hatte. Wenige Wochen nach dem Interview meldete Kirch Insolvenz an. Es folgte eine Welle von Prozessen. Anfang 2014 einigte sich die Bank mit den Kirch-Erben auf einen Vergleich und zahlte 925 Millionen Euro.
Die Deutsche Bank indes würde das Thema Kirch mit allen Nebenschauplätzen zweifelsohne am liebsten endgültig ad acta legen. Jeder Prozess, der für negative Schlagzeilen rund um Deutschlands größtes Geldhaus taugt, ist einer zu viel. Der amtierende Konzernchef Christian Sewing will mit einem radikalen Umbau die Dauerkrise endlich beenden. Sein Kurs ist auch eine Abrechnung mit den Vorgängern. "In den letzten beiden Jahrzehnten ist uns unser innerer Kompass abhandengekommen", sagte Sewing Anfang Juli.
ah/LTO-Redaktion
Mit Material von dpa
Insolvenz der Kirch-Gruppe: . In: Legal Tribune Online, 22.10.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38317 (abgerufen am: 01.12.2024 )
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