Umstrittene Aktiendeals und Steuertricksereien haben den Staat Milliarden gekostet. Um die Vorgänge aufzuklären, will der Bundestags-Untersuchungsausschuss die Büros von Freshfields durchsuchen lassen. Dem BGH geht das zu weit.
Schlappe für den Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung dubioser "Cum-Ex"-Aktiendeals: Die Bundestags-Abgeordneten sind mit ihrem Versuch gescheitert, die Durchsuchung von Geschäftsräumen einer renommierten Steuerkanzlei und die Herausgabe von Unterlagen zu erzwingen. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs (BGH) lehnt die Anordnung solcher Maßnahmen ab, wie am Mittwoch in Karlsruhe mitgeteilt wurde. Die Antragsteller hätten "nicht hinreichend dargetan", dass diese Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein könnten, hieß es (Beschl. v. 07.02.2016, Az. 1 BGs 74/14).
Der Ausschuss hatte im vergangenen November den BGH eingeschaltet, um sich gegen die Großkanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer durchzusetzen. Er wirft dieser vor, eine dominante Rolle bei den Geschäften gespielt und Unterlagen zurückgehalten zu haben. Das Steuerschlupfloch ist inzwischen geschlossen. Zwischen 1999 und 2011 soll dem Fiskus aber ein Gesamtschaden von schätzungsweise zwölf Milliarden Euro entstanden sein. Der Ausschuss soll klären, inwieweit die Finanzverwaltung dafür die Verantwortung trägt.
Bei den komplizierten Geschäften wurden Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch um den Dividendenstichtag eines Unternehmens rasch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Dieses "Dividendenstripping" führte dazu, dass mehrfach Steuerbescheinigungen für Kapitalertragsteuern ausgestellt wurden, die so aber gar nicht gezahlt wurden. Unter Juristen gehen die Meinungen darüber auseinander, ob diese Geschäfte illegal waren. Die Behörden kamen dem erst später auf die Schliche.
Zurückhaltung bei parlamentarischen Untersuchungen im privaten Bereich
Um die Vorgänge aufzuklären, hatte der Ausschuss von Freshfields Bruckhaus Deringer die Herausgabe umfangreicher Akten, Dokumente und Dateien verlangt. Dem kam die Kanzlei nur teilweise nach und verwies sonst auf ihre Verschwiegenheitspflicht. Daraufhin beantragte der Ausschuss die Durchsuchung der sechs Büros in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln und München. Begründet wurde das unter anderem damit, dass die Anwälte der Kanzlei die Cum-Ex-Deals bei Mandanten aktiv als Geschäftsmodell beworben hätten.
Nach Auffassung des BGH-Richters hat das mit dem Auftrag des Untersuchungsausschusses aber nichts mehr zu tun. Dessen Aufgabe sei es gerade nicht, ein etwaiges Fehlverhalten von Privatpersonen aufzudecken. Materiell ziele die Beweiserhebung jedoch genau darauf ab. "Hinsichtlich parlamentarischer Untersuchungen, die in den privaten Bereich hineinwirken, ist grundsätzlich Zurückhaltung geboten", so der BGH.
Von Seiten des Ausschusses war zunächst keine Reaktion zu bekommen. Gegen den Beschluss könnte noch Beschwerde eingereicht werden. Der Ausschussvorsitzende Hans-Ulrich Krüger (SPD) hatte den Antrag beim BGH im November selbst einen "ungewöhnlichen Schritt" genannt, der in der Geschichte der Untersuchungsausschüsse noch kein Beispiel habe.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Cum-Ex-Untersuchungsausschuss: . In: Legal Tribune Online, 09.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22045 (abgerufen am: 31.10.2024 )
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