Für tausende Rechtsverfahren um Entschädigungszahlungen im Zusammenhang mit der Nutzung des Unkrautvernichters Glyphosat könnte in den kommenden Monaten eine richtungsweisende Entscheidung des US Supreme Court fallen.
Die Bayer-Tochtergesellschaft Monsanto hat am 16. August beim US Supreme Court einen Antrag auf Revision im Fall “Edwin Hardeman” eingereicht. Mit dem Antrag begehrt Bayer die Überprüfung einer Produkthaftungsklage zum Unkrautvernichtungsmittel Roundup. Der darin enthaltene Wirkstoff Glyphosat steht unter dem Verdacht, Krebserkrankungen herbeizuführen.
Im Fall Hardeman wurde Monsanto zunächst zu einer Schadensersatzzahlung in Höhe von rund 80 Millionen Dollar verurteilt. Die Summe wurde später auf 25 Millionen Dollar reduziert. Kläger Edwin Hardeman sieht die jahrelange Verwendung von Roundup als ursächlich für seine Erkrankung mit Lymphdrüsenkrebs. Ein Berufungsgericht in San Francisco bestätigte das Urteil der ersten Instanz und auch die Höhe des Schadenersatzes im Mai dieses Jahres.
Monsanto stützt den Revisionsantrag auf zwei Gründe: Zum einen sei eine erforderliche Krebswarnung, auf die sich die ursprüngliche Klage stützt, aufgrund entgegenstehenden Bundesrechts ausgeschlossen. Im Antrags-Schriftsatz wird darauf verwiesen, dass “ein Unternehmen für die Vermarktung eines Produkts ohne Krebswarnung bestraft werden kann, obwohl es nahezu universellen wissenschaftlichen und regulatorischen Konsens darüber gibt, dass das Produkt nicht krebserregend ist und die verantwortliche Bundesbehörde eine solche Warnung sogar verboten hat.“
Zum anderen entspreche die Zulassung von Experten als Zeugen der Klägerseite nicht den bundesrechtlichen Standards, was “unfundierte Aussagen” betreffend der Sicherheit von Roundup im Prozessverlauf mit sich gebracht habe.
Entscheidung als Wegweiser für die weitere Glyphosat-Strategie
Der Hardeman-Fall hat für Bayer große Bedeutung, weil es sich nach Angaben des Unternehmens um den ersten Prozess aus einem Bündel einer Multidistrict-Ligitation handele. Dieses spezielle Verfahren kommt im US-Recht unter anderem dann zur Anwendung, wenn in komplexen bundesstaatübergreifenden Produkthaftungsklagen beschleunigt Entscheidungen herbeigeführt werden sollen. Eine richterliche Entscheidung im nun angestrebten Verfahren vor dem Supreme Court habe deshalb prägenden Einfluss auf tausende weitere Fälle. Bayer rechnet bezüglich des Revisionsantrags mit einer Entscheidung im Laufe der kommenden sechs Monate.
Die Bedeutung dieser Entscheidung für Monsanto und Bayer wird klar, wenn man einen Blick auf den Ende Juli kommunizierten Fünf-Punkte-Plan des Managements zur Beendigung der Glyphosat-Streitigkeiten wirft. Darin skizziert Bayer den Hardeman-Fall als sehr wichtigen Bestandteil der weiteren Strategie in diesem Rechtskomplex. Für den Fall, dass die Revisionsentscheidung zum Nachteil von Bayer ausfällt, stelt das Unternehmen ein Alternativprogramm in Aussicht, das auf einen Zeitraum von 15 Jahren angelegt ist. Im zweiten Quartal dieses Jahres hat Bayer das Volumen der Rückstellungen für den Fall eines negativen Verfahrensausgangs um weitere 3,5 Milliarden Euro erhöht.
sts/LTO-Redaktion
Revision vor dem US Supreme Court: . In: Legal Tribune Online, 17.08.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45750 (abgerufen am: 09.12.2024 )
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