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Chief Strategy Officer bei Baker McKenzie: Der Zukunfts­be­auf­tragte

30.05.2017

Chief Strategy Officer

© Egor- adobe.stock.com

Seit einem dreiviertel Jahr ist Hariolf Wenzler Chief Strategy Officer bei Baker McKenzie. Er arbeitet am Zukunftsmodell einer Großkanzlei. Und setzt dabei auf Methoden aus der Software-Branche.

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Die Aufgaben: Prozesse, Technologie, Produkte

Große Kanzleien müssen Tempo aufnehmen - getrieben von Mandanten, die an ihre Dienstleister in Sachen Digitalisierung und Innovation ebenso hohe Ansprüche stellen wie an sich selbst. In Strukturen, die nicht für schnelle Managemententscheidungen und hohe Investitionsbereitschaft bekannt sind, könnte man dies als Herausforderung bezeichnen.

© BakerMcKenzie

Baker McKenzie will sich ihr stellen. Dort hat man national und international die Position des Chief Strategy Officers (CSO) geschaffen, von der aus die notwendigen Veränderungen vorangetrieben werden sollen. In Deutschland wurde dafür der ehemalige Geschäftsführer der Bucerius Law School Dr. Hariolf Wenzler geholt.   "Wir haben jemanden gesucht, der die Herausforderungen des Marktes kennt, sich mit dem Entwickeln und Umsetzen von Strategien, mit Marketing, Legal Technology und Legal Innovation auskennt und gezeigt hat, dass er mit Juristen umgehen kann", erklärt Bakers Managing Partnerin Constanze Ulmer-Eilfort die Wahl. Der Kandidatenkreis dürfte klein gewesen sein.

Bei Wenzler wurde die Verantwortung für die Bereiche Innovation, Business Development, Marketing und Legal Project Management gebündelt. Er vertritt außerdem die deutsche Partnerschaft in Bakers globalem Innovation Committee und arbeitet gemeinsam mit Anwaltskollegen an Mandantenprojekten, wie beispielsweise der Digitalisierung der Rechtsabteilung.

Weniger Anwälte, mehr Projektmanager

Im Kern drehe sich seine Arbeit um drei Themen, erklärt Hariolf Wenzler: Prozesse, Technologie und Produkte.

Prozessoptimierung bedeutet für ihn bisher vor allem Grundlagenarbeit, nämlich Analyse und Dokumentation des Status quo. Für Letzteres setzt Wenzler auf Visualisierungstools und Managementmethoden wie Six Sigma.

Perspektivisch bedeuten neue Prozesse auch und vor allem Änderungen in der Organisation. Dann wird seine Kanzlei, prognostiziert Wenzler, weniger Berufsträger beschäftigen. Dafür wird es deutlich mehr Projektmanager (Legal Project Manager) und IT-Experten (Legal Engineers) geben.

Volljuristen, die mit ihrem Abschluss nicht als Associate infrage kämen, sollten nicht zu sehr auf eine dieser Stellen als Einstieg in die Großkanzleikarriere schielen.  "Bei Legal Project Managern sind Projekt Skills wichtiger als juristische Expertise", stellt Wenzler klar. Und im Bereich Engineering sei es einfacher, einem Entwickler juristische Grundlagen zu vermitteln, als einem Juristen das notwendige IT-Know-how beizubringen.

Legal Tech ist schon da, mit Scrum freunden die Anwälte sich noch an 

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Wenzler selbst ist ebenfalls kein Jurist, sondern Ökonom und Politikwissenschaftler. Unsere Strategie ist "'Buy, Not Build'", erklärt er. Echte Programmierer wird es bei Baker also nicht geben. Die Kanzlei will nicht selbst Software entwickeln, sondern sucht für jedes Einsatzgebiet die geeignetste Anwendung von externen Anbietern.

Dementsprechend testet Wenzlers Team laufend, was der Markt im Bereich Legal Tech hergibt. Den hat Wenzler, der auch Vorstandsvorsitzender der im vergangenen Jahr gegründeten European Legal Tech Association (ELTA) ist, stets im Blick. Bereits im Einsatz sind unter anderem Tableau für die Datenvisualisierung, ContractExpress für die Dokumentenerstellung, Leverton für Data Extraction, Relativity für die E-Discovery und DocXTools für Dokumententwürfe.

Als nächstes soll die Vertragsüberprüfung im Rahmen von Due Dilligence dran kommen. Drei Lösungen schaut sich Wenzlers Team aktuell genauer an: Luminance, Kira Systems und eBrevia. Klingt komplex, aber "am Ende geht es bei vielen Lösungen um die Frage, wie man aus Texten Tabellen macht oder anders herum."

Methoden aus der Software-Branche

Baker McKenzie greift auf Methoden zurück, die in der Software-Branche gang und gäbe, im Anwaltsmarkt aber noch vielen unbekannt sind.  Bei der Produktentwicklung arbeite man mit "Design Thinking". Im Kern heißt das nichts anders, also die Perspektive und Bedürfnisse der Mandanten in den Mittelpunkt zu stellen.  Der Fokus liege auf der "User Experience". Ob dabei am Ende tatsächlich bessere Produkte herauskommen, bleibt abzuwarten.

Eines aber ist klar: Mit den neuen Ansätzen, offensichtlich inspiriert vom Silicon Valley, lassen sich Signale an die ungeduldige Mandantschaft senden, dass man ihre Rufe gehört hat. So verkündete Baker Anfang des Jahres, dass man als erste Law Firm überhaupt Design Thinking auf globaler Ebene eingeführt habe.

Andere Ideen müssen sich bis zum weltweiten Roll-out noch beweisen. In seinem Team hat Hariolf Wenzler "Scrum" eingeführt, eine weitere von der Software-Branche propagierte Methode.  Dabei werden komplexe Projekte nicht mehr von Beginn an durchgeplant. Stattdessen definieren Teams die Detailanforderungen schrittweise jeweils für einen kurzen Zeitraum. So können sie ihre Annahmen laufend prüfen und schnell auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren. Wenzler muss seine Kanzleikollegen in Deutschland von "Scrum" noch überzeugen. Zumindest aber sei "die Neugier geweckt".

Marketing über digitale Kanäle und gute Inhalte

Im Marketing setzt die Kanzlei auf digitale Kanäle und gute Inhalte, um sich als Innovationsführer zu positionieren. So sollen die Baker-Anwälte Zukunftsthemen stärker in ihr Netzwerk auf Linkedin spielen, und in Österreich ist das Projekt digitalwave.at als "Verzahnung von Content Marketing und Business Development" gestartet.

Dass Baker McKenzie tatsächlich optimistisch in die Zukunft blicken kann, davon ist Hariolf Wenzler nach 9 Monaten weiterhin überzeugt: "Legal Tech zwingt nahezu jeden, sich auf Veränderungen einzustellen. In Kanzleien gibt es oft zu viele Gremien und zu wenig Bereitschaft, in die Zukunft zu investieren. Wir sind dafür gut aufgestellt, auch durch die globale Verankerung der Innovationsthemen." Schwerer werden es vor allem mittlere Kanzleien haben, glaubt er.

Sein Ziel mit Baker McKenzie: "Einige Wettbewerber überholen, die noch immer am Altbewährten festhalten." Die Voraussetzungen dazu sind seines Erachtens vorhanden. Nun liege es an ihm und seinen Kollegen, diese schnell und smart zu nutzen.

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Zitiervorschlag

Chief Strategy Officer bei Baker McKenzie: Der Zukunftsbeauftragte . In: Legal Tribune Online, 30.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23056/ (abgerufen am: 09.12.2019 )

Infos zum Zitiervorschlag
Kommentare
  • 25.12.2017 17:48, Insider

    Hariolf Wenzler ist gescheitert.

    Insider
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