Dass Anwälte die Kanzlei wechseln, ist nicht neu. Seltenheitswert hat es aber, wenn renommierte und umsatzstarke Partner sich einer anderen Sozietät anschließen. Ein Überblick über die wichtigsten Wechsel der vergangenen Monate.
Bekannte Strafverteidigerin, viele Jahre in einer kleinen, feinen Strafrechtskanzlei tätig, schließt sich einer internationalen Sozietät an. Renommierter Arbeitsrechtler verlässt eine der größten Law Firms der Welt und wechselt zu einer 70-Mann-Kanzlei. Langjähriger Senior Partner einer Magic-Circle-Kanzlei bricht zu neuen Ufern auf.
In den vergangenen Monaten haben wir von unerwarteten und verblüffenden Personalwechseln gelesen. Dabei zogen vor allem US-Kanzleien wechselwillige Anwälte an. Auf den ersten Blick scheint das folgerichtig, denn die expansionsfreudigen Law Firms hatten auch angekündigt, neue Partner von Wettbewerbern aufnehmen zu wollen. Ihr großer Vorteil gegenüber den Lockstep-Sozietäten im Kampf um die Rainmaker: die umsatzbasierte Vergütung. Ein umsatzstarker Anwalt kann dort mit viel höheren Entnahmen rechnen.
Einige Branchenbeobachter haben deshalb schon einen Abgesang auf die Kanzleien angestimmt, die sich bei der Partnervergütung am Lockstep orientieren. Das war aber wohl verfrüht. Zum einen stellen viele ihre Vergütungsmodelle auf den Prüfstand, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Zum anderen sind auch ihnen in den letzten Monaten spektakuläre Neuverpflichtungen gelungen.
2/8 Februar: von TDWE zu Freshfields
Dass Freshfields Bruckhaus Deringer erfahrene Partner von anderen Kanzleien aufnimmt, kommt alle Jubeljahre einmal vor. Konkret: zuletzt vor rund zehn Jahren. Mitte Dezember verkündete die Kanzlei dann aber genau eine solche Personalie. Zum Februar wechselt die bekannte Wirtschaftsstrafrechtlerin Dr. Simone Kämpfer von der Strafrechtskanzlei TDWE zu Freshfields. Sie wird Partnerin am Düsseldorfer Standort der Sozietät.
Kämpfer war rund zehn Jahre lang Partnerin bei TDWE und damit Kollegin etwa von Dr. Sven Thomas und Dr. Anne Wehnert. Bei Freshfields wird sie die Compliance- und Strafrechtspraxis verstärken, zu deren Mandanten unter anderem Airbus und Volkswagen zählen.
3/8 Januar: von Clifford Chance zu Bird & Bird
Bird & Bird hat sich vorgenommen, die Arbeitsrechtspraxis zu stärken. Gesagt, getan: Zum Jahreswechsel holte die Kanzlei Thomas Hey, den bisherigen Leiter der Arbeitsrechtspraxis von Clifford Chance in Deutschland. Er wechselte mitsamt seinem Team, das aus drei Associates sowie Referendaren und wissenschaftlichen Mitarbeitern besteht.
Und nicht nur das: Wie Bird & Bird mitteilt, wechseln mit ihm auch die meisten Mandanten, die vom Düsseldorfer Clifford-Büro im Arbeitsrecht betreut werden.
Hey war mehr als 20 Jahre lang für Clifford tätig. Er stieg im Jahr 1996 bei der Kanzlei ein, wurde vier Jahre später in die Partnerschaft aufgenommen und übernahm 2014 die Leitung der deutschen Arbeitsrechtspraxis.
4/8 Januar: von Allen & Overy zu Linklaters
Dr. Neil George Weiand, einer der bekanntesten Bank- und Finanzrechtler hierzulande, wechselte im Januar die Kanzlei. Der langjährige Senior Partner von Allen & Overy arbeitet jetzt für Linklaters in Frankfurt.
Weiand war seit 1998 bei Allen & Overy, wurde im Jahr 2000 zum Partner ernannt und zog wenige Jahre später in das Kanzleimanagement ein. Bis 2016 war er rund zehn Jahre lang Senior Partner der Kanzlei in Deutschland, in dieser Zeit expandierte Allen & Overy personell stark. Im vergangenen Jahr stellte er sich nicht mehr zur Wiederwahl - weil er sich wieder voll seiner Mandatsarbeit widmen wollte, wie es damals hieß.
5/8 Dezember: Von der Universität zu Roxin
Für die Universitätsprofessorin Petra Wittig ist es eine Rückkehr zu den Wurzeln: Die 55-Jährige wechselte im Dezember als Anwältin zu der Strafrechtskanzlei Roxin in München. Bis dahin war sie rund zehn Jahre lang Inhaberin des Lehrstuhls für Strafrecht an der Ludwigs-Maximilian-Universität München.
Wittig gehörte im Jahr 2004 zum Gründungsteam der angesehenen Wirtschaftsstrafrechtskanzlei, die jedoch zuletzt unter personeller Fluktuation zu leiden hatte. Zuvor hatte sie bereits bei anderen Kanzleien als Anwältin gearbeitet, folgte aber 2007 dem Ruf der Universität München. Wittig ist bei Roxin zunächst als Of Counsel eingestiegen, aber schon heute steht fest, dass sie ab Oktober 2018 als Partnerin für die Sozietät arbeiten wird.
6/8 November: von Baker McKenzie zu Kliemt
Burkard Göpfert, einer der renommiertesten Arbeitsrechtler Deutschlands, hat sich zum November 2017 der Arbeitsrechtsboutique Kliemt & Vollstädt angeschlossen. Der 50-Jährige war 14 Jahre lang Anwalt und Partner bei Gleiss Lutz gewesen, bis er Ende 2013 zu Baker McKenzie wechselte. Bei der internationalen Kanzlei, eine der größten welweit, war er als Partner im Münchner Büro tätig.
Für Kliemt & Vollstädt ist die Personalie ein Coup sondergleichen und ein Meilenstein in ihrer Kanzleigeschichte. Sie eröffnete mit Göpferts Zugang einen Standort in München und benannte sich in Kliemt.Arbeitsrecht um. Für die Kanzlei arbeiten rund 65 Arbeitsrechtler in Düsseldorf, Frankfurt und Berlin. Sie entstand 2002 als Spin-Off eines Teams um Prof. Dr. Michael Kliemt und Dr. Oliver Vollstädt aus dem Düsseldorf Büro von Clifford Chance.
7/8 Oktober: Von Linklaters zu Latham & Watkins
Latham & Watkins hat sich in letzter Zeit in schöner Regelmäßigkeit mit renommierten Quereinsteigern verstärkt. Im Oktober, als vorläufig letzter Zugang, kam der bekannte M&A-Anwalt Nikolaos Paschos, der vor seinem Wechsel Partner bei Linklaters war.
Paschos gilt als einer der führenden M&A-Anwälte in Deutschland, er hat unter anderem die Funke-Mediengruppe beim Verkauf ihres Zeitschriftengeschäfts beraten und den Chemiekonzern Bayer bei dem Carve-out der Kunststoff-Sparte Bayer Material Science und dem anschließenden Dual-Track-Verfahren betreut, das mit dem IPO von Covestro abgeschlossen wurde.
Nikolaos Paschos arbeitete seit 2003 bei Linklaters, 2005 wurde er zum Partner ernannt.
8/8 September: von Hengeler Mueller zu Milbank
Hengeler Mueller verliert nur äußerst selten Partner an Wettbewerber. Der Wechsel des bekannten Private-Equity-Anwalts Steffen Oppenländer zu Milbank im Herbst 2017 war eines dieser raren Ereignisse.
Der Mittvierziger war seit 2009 Partner bei Hengeler, er berät vorwiegend große Private-Equity-Fonds und Unternehmen bei M&A-Transaktionen. Milbank hat ohnehin schon eine hoch angesehene Private-Equity-Praxis, und Oppenländer soll nun dabei helfen, die Kanzlei als den wichtigsten Rechtsberater von Private-Equity-Häusern zu positionieren, die in Deutschland und Europa investieren wollen, teilte Milbank anlässlich seines Zugangs mit.
Anja Hall, 7 spektakuläre Kanzleiwechsel 2017/18: Rainmaker on the move . In: Legal Tribune Online, 11.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26417/ (abgerufen am: 19.04.2024 )
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