Verfahrensdauer, Wettereinfluss, Speichersysteme: Welche Anpas­sungen braucht das Erneu­er­bare-Ener­gien-Gesetz?

Gastbeitrag von Dr. Friedrich Gebert und Clara Schmidt

30.04.2025

Das EEG gilt als Erfolgsmodell und Meilenstein der Energiewende. 25 Jahre nach dem Inkrafttreten muss sich das Gesetz neuen Herausforderungen stellen.

Anfang April des Jahres 2000 trat das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft und veränderte Deutschland grundlegend. Initiiert und ausgearbeitet von Abgeordneten aus der Mitte des Bundestages, ersetzte das EEG das Stromeinspeisungsgesetz. Es sollte das erste Gesetz mit weltweiter Ausstrahlungswirkung werden, das die Einspeisung und Vergütung von Ökostrom in bestehende Netze regelt.

Das Gesetz hat den Weg für den Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Photovoltaik und Windenergie, geebnet und die Grundlage für eine nachhaltige und klimafreundliche Energieversorgung in Deutschland geschaffen. Die erneuerbare Stromerzeugung und die installierte erneuerbare Leistung haben sich seit Inkrafttreten des Gesetzes verfünfzehnfacht. Die ambitionierten Ausbauziele für erneuerbare Energien wurden innerhalb dieser 25 Jahre stets übertroffen.

Im Jahr 2024 lag die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland bei 54,4 Prozent, das nächste Ausbauziel bis 2030 liegt bei 80 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 betrug der Anteil nur sechs Prozent. Der Preis für diese Erfolgsgeschichte ist allerdings hoch und das Gelingen der Energiewende schafft neue Herausforderungen.

EEG-Erfolg bringt hohe Kosten

Nicht nur die Ausbauziele wurden übertroffen, auch die Förderkosten übertrafen sich im Laufe der Zeit: Die Energiewende unter dem EEG hat im wahrsten Sinne des Wortes einen hohen Preis, was Kritiker bemängeln. Das im Jahr 2004 vom damaligen Bundesumweltminister Jürgen Trittin gezeichnete Bild, die Förderung erneuerbarer Energien würde einen durchschnittlichen Haushalt nur eine Kugel Eis im Monat kosten, ist heute übermalt. Für das Jahr 2025 haben die Übertragungsnetzbetreiber einen Finanzierungsbedarf von rund 17 Milliarden Euro für erneuerbare Energien ermittelt.

Mit einem umfassenden Regelungskonzept und höherer Investitionssicherheit gelang es, neue Akteure für den Ausbau erneuerbarer Energien zu aktivieren und so den Ausbau zu beschleunigen. Zwei Kernelemente des EEG sind für seine Erfolgsgeschichte wesentlich: 

Zum einen das Vorrangprinzip für erneuerbare Energien, das sich in einem Anspruch des Anlagenbetreibers auf Netzanschluss und einer Verpflichtung des Netzbetreibers auf Abnahme des erneuerbar erzeugten Stroms ausdrückt. Das Vorrangprinzip gleicht das Informationsdefizit zwischen Netzbetreiber und Anlagenbetreiber über Verfügbarkeiten von Netzanschlüssen aus. Zum anderen ermöglicht die gesetzliche Einspeisevergütung für erneuerbaren Strom planbare Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Energien und öffnete mit ihrer Einführung den Markt für neue Akteure und kleinere Marktteilnehmer.

Innerstaatliche Energiewende wird zum Impulsgeber

Das EEG war nicht nur ein Meilenstein für die deutsche Energiewende, sondern hatte Ausstrahlungswirkung und Vorbildcharakter für andere Staaten und nicht zuletzt die Europäische Union. Fortschreitender Ausbau erneuerbarer Energien und Forschung trugen nicht nur zur weltweiten Verbreitung von Photovoltaik und Windenergie bei, sondern senkten auch die Kosten für den Ausbau erneuerbarer Energien. Die Energiewende ist längst kein deutscher Alleingang mehr.

Mit der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) und der geplanten Reform des europäischen Strommarkts unter dem Mantel des Green Deals rückt die EU näher an die zahlreichen nationalen Instrumente der Mitgliedstaaten heran. Infolgedessen verengt sich der Gestaltungsspielraum der nationalen Gesetzgeber: Mit dem EEG sind nicht nur nationale Ziele zu verwirklichen, sondern auch europäische Vorgaben umzusetzen. Unter dem Einfluss europarechtlicher Anforderungen setzt das EEG zunehmend auf marktorientierte Förderinstrumente. Gleichzeitig bot und bietet der europäische Rahmen neue Chancen: Grenzüberschreitende Strommärkte, gemeinsame Netze und Speicher sowie gemeinsame Ausschreibungen können Kosten senken, die Unabhängigkeit der europäischen Energieversorgung fördern und die Versorgungssicherheit stärken.

Vor dem Hintergrund globalpolitischer Spannungen und wachsender Handelshindernisse rückt die EU die Stärkung ihrer energiepolitischen Resilienz zunehmend in den Fokus. Ein zentrales Instrument ist dabei der Net Zero Industry Act (NZIA), ein neuer Baustein der europäischen Politik auch im Bereich erneuerbarer Energien. Ziel ist es, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, Rohstoffen und allgemein die technologische Abhängigkeit von nicht-europäischen Akteuren zu verringern. 

Netto-Null-Technologien, darunter erneuerbare Energien, werden gestärkt. Zusätzlich sollen Produktionskapazitäten für Anlagen und Anlagenteile in der EU ausgebaut werden. Die EU vertieft an dieser Stelle die Verknüpfung ihrer Klima- und Energiepolitik mit allgemeinen industriepolitischen Maßnahmen. Sie erarbeitet derzeit Nachhaltigkeits- und Resilienzkriterien, die als qualitative Ausschreibungskriterien für Anlagen für erneuerbare Energien ab 2026 Anwendung finden sollen.

Herausforderungen für das nächste Vierteljahrhundert

In den vergangenen 25 Jahren hat sich das EEG stetig weiterentwickelt. Ausgehend von den ursprünglich schlanken zwölf Paragraphen ist es derzeit bei rund 170 Paragraphen angelangt. Der beträchtliche Umfang des EEG spiegelt dabei die Herausforderung der gesamten Energiewende wider. Die Komplexität der Regelungen und die häufigen Änderungen werden einerseits kritisch bewertet. Insbesondere die beteiligten Planer, Anlagenbetreiber, Kreditgeber und nicht zuletzt die ausführenden Behörden sehen sich stetig ändernden Regelungen und Details ausgesetzt. Andererseits zeigt sich, dass die Energiewende das bestehende, auf fossilen Energieträgern basierende Energie- und Energiewirtschaftssystem, vor zahlreiche neue Herausforderungen stellt. Diese werden überwiegend im EEG rechtlich aufgegriffen und adressiert.

In den kommenden 25 Jahren steht die Energiewende und damit das EEG vor weiteren Aufgaben. Ein zentrales Thema ist die notwendige und ausbaufähige Flexibilität des Energiesystems. Zur Flexibilität der Hardware zählt unter anderem der weitere Netzausbau. Dieser ist nötig, um den erneuerbar erzeugten Strom deutschlandweit sowie vor dem Hintergrund einer fortschreitenden europäischen Integration des Strommarkts EU-weit transportieren und verbrauchen zu können. Mehr Flexibilität wird auch in Bezug auf die Genehmigungsverfahren gefordert. Eine kürzere Verfahrensdauer und die angemessene Berücksichtigung der besonderen Bedeutung von erneuerbaren Energien bei behördlichen Entscheidungen sind zentrale Anliegen. Mit der geforderten Flexibilität verbinden sich weitere Fragen: Wie kann mit wetterbedingten Stromspitzen besser umgegangen werden? Wie können Negativpreise vermieden und der erzeugte erneuerbare Strom dann verbraucht werden, wenn er erzeugt wird?

Lösungsansätze sind beispielsweise die Forderung nach dynamischen Strompreisen, die Überbauung von Netzverknüpfungspunkten, der flexible Einsatz von Biomasseanlagen sowie der Ausbau und Neubau von Speicherkapazitäten. Schon jetzt werden viele Kombinationsprojekte aus Photovoltaik- oder Windenergieanlagen mit Batteriespeichern – gebündelt an einem Standort – entwickelt und umgesetzt.

Für die erforderlichen Anpassungen des Energiesystems ist nicht nur der Einsatz der Branchenakteure nötig – es braucht auch die Kreativität politischer Entscheidungsträger und des Gesetzgebers bei der Weiterentwicklung des EEG. Dazu gehört, die Vorteile erneuerbarer Energien für das Klima, für die Resilienz der EU sowie für eine erneuerbare Industriepolitik mit dem finanziellen Aufwand von Ausbau und Förderung abzuwägen – und so die Weichen für eine nachhaltige Zukunft zu stellen.

Die kommenden 25 Jahre werden sicherlich weitere grundlegende Änderungen des EEG bringen und den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben, um das Ziel der Energiewende zu erreichen; ganz im Einklang mit der Grundidee des Bundestages vor 25 Jahren.

 

Friedrich GebertClara SchmidtDr. Friedrich Gebert ist Partner und Rechtsanwalt bei ARQIS. Er leitet die Fokusgruppe Regulatory und berät Unternehmen im Öffentlichen Wirtschaftsrecht, insbesondere in den Bereichen Energierecht und Umweltrecht.

Clara Schmidt ist Rechtsanwältin bei ARQIS. Sie berät im Öffentlichen Wirtschaftsrecht, insbesondere in den Bereichen Umwelt- und Planungsrecht sowie im Energierecht.

Beteiligte Kanzleien

Zitiervorschlag

Verfahrensdauer, Wettereinfluss, Speichersysteme: . In: Legal Tribune Online, 30.04.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/57092 (abgerufen am: 14.05.2025 )

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