Hauptverhandlungstermine in Strafsachen sind auch in Zeiten der Coronakrise weiterhin möglich, entschied der VerfGH Sachsen. Allerdings nur zeitlich und personell beschränkt und mit den gebotenen Infektionsschutzmaßnahmen.
Auch in Zeiten der Coronakrise können Strafsachen weiter verhandelt und Zeugen vernommen werden. Die anwesenden Personen dürften aber nicht durch mehrstündige Verhandlungen mit zahlreichen Beteiligten gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt werden, entschied der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) Sachsen.
Dagegen könnten Verhandlungstermine – auch mit Beweisaufnahme – weiterhin stattfinden, sofern sie entsprechend der jeweiligen Gefährdungslage zeitlich und personell beschränkt und gebotene Infektionsschutzmaßnahmen getroffen würden, teilte der Gerichtshof am Freitag mit (Beschl. v. 20.03.2020, Az. Vf. 39-IV-20 (e.A.)).
Ein Angeklagter in einem Strafverfahren vor dem Landgericht (LG) Dresden und dessen zwei Pflichtverteidiger hatten im Wege einer einstweiligen Anordnung begehrt, dass wegen der Coronakrise nur noch zur Fristwahrung zwingend notwendige Hauptverhandlungstermine ohne Vernehmung von Zeugen durchgeführt werden dürften. Sie sahen sich durch die Ablehnung eines entsprechenden Antrags durch die Strafkammer in ihren Grundrechten auf körperliche Unversehrtheit und in ihrer Menschenwürde verletzt.
VerfGH: Besser langes Verfahren als schweres Gesundheitsrisiko
Mit den gebotenen Einschränkungen hielt der VerfGH die Hauptverhandlungstermine aber auch weiterhin für durchführbar. Dass Verfahren dann länger dauern könnten als geplant, sei den Beteiligten zuzumuten. Die mit einer zeitlichen "Streckung" der Hauptverhandlung verbundenen Nachteile würden im Ergebnis weniger schwer wiegen als die gesundheitlichen Folgen, die den Antragstellern und auch weiteren notwendig anwesenden Personen bei Durchführung der geplanten, teilweise ganztägigen Hauptverhandlungstermine entstehen könnten, so das Gericht.
Einen ähnlichen Eilantrag von zwei Münchener Strafverteidigern wies das Bundesverfassungsgericht am Donnerstagabend ab. Das Bundesjustizministerium arbeitet bereits an einer Regelung, die es Gerichten gestattet, laufende Strafprozesse länger als bisher erlaubt zu unterbrechen. Die Pause soll maximal drei Monate und zehn Tage dauern dürfen. Die Entscheidung, ob die Aussetzung einer Verhandlung angebracht ist, soll jedes Gericht unabhängig treffen.
acr/LTO-Redaktion
VerfGH Sachsen zur Coronakrise: . In: Legal Tribune Online, 20.03.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40987 (abgerufen am: 08.12.2024 )
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