Die Neue Richtervereinigung und Verdi fordern in einem offenen Brief an die Justizminister, die Geschwindigkeit bei der Einführung der elektronischen Akte zu drosseln. Bei der Digitalisierung der Justiz sei weniger mehr.
Die Neue Richtervereinigung (NRV) und der Bundesfachausschuss Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in der Gewerkschaft Verdi fordern in einem Offenen Brief von den Justizministern der Länder und des Bundes, die Geschwindigkeit bei der Einführung der elektronischen Akte zunächst deutlich zu drosseln. Das Debakel, das die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) bei der Umsetzung des besonderen elektronischen Anwaltsfachs (beA) erlitten hat, dürfe sich bei der Einführung der elektronischen Akte in der Justiz keinesfalls wiederholen. Der Vertrauensschaden, den der Rechtsstaat erleiden würde, wenn es zu Datenlecks und/oder Manipulationen käme, ließe sich laut NRV kaum wiedergutmachen.
Die Justiz steht vor einer großen Herausforderung: Bis 2026 soll die elektronische Aktenführung verbindlich eingeführt werden. Die Planungen laufen in allen Bundesländern bereits auf Hochtouren. Die NRV befürchtet aber, dass eine übereilte Einführung unausgereifter Software zu einer erheblichen Belastung für alle Beteiligen führen wird.
Zu einer transparenten und offenen Justiz gehöre aber auch, Risiken zu kommunizieren, so die NRV in dem offenen Brief. Die Richtervereinigung plädiert dafür, "die geplante EDV auch unorthodoxen Prüfverfahren auszusetzen und insbesondere Penetrationtests durch nicht konventionelle Akteure zuzulassen."
Die jetzigen technischen und organisatorischen Entscheidungen bedeuteten eine einmalige Weichenstellung in der Geschichte der deutschen Justiz, so der Brief weiter. "Wir appellieren daher für Mut zur Entschleunigung zugunsten der Qualität."
acr/LTO-Redaktion
NRV und Verdi fordern mehr Zeit für elektronische Gerichtsakte: . In: Legal Tribune Online, 22.06.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29341 (abgerufen am: 16.10.2024 )
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