Abgasskandal und niedersächsische Gerichte: Kla­ge­flut zum Jah­re­s­ende 2018

28.01.2019

In Sachen Dieselgate ist für VW kein Ende in Sicht. Ganz im Gegenteil: Aus Sorge vor Verjährung zogen vor dem Jahreswechsel erneut Tausende Kunden vor Gericht. Die Bilanzen der Landgerichte lesen sich wie ein Hilfeschrei nach mehr Personal.

Die Zahl der Klagen im VW-Abgasskandal hat drastisch zugenommen. Mehrere Landgerichte (LG) in Niedersachsen berichteten von einer Verdoppelung oder sogar Verdreifachung der Verfahren allein im Dezember 2018. In den im Januar veröffentlichten Bilanzen verweisen viele Gerichte auf die nahezu unveränderte Personalstärke, mit der diese Klageflut nun abgearbeitet werden müsse.

Ein Grund für die vielen Klagen auf Schadenersatz kurz vor dem Jahreswechsel sei die Sorge vor einer möglichen Verjährung, heißt es in der Mitteilung des LG Oldenburg. Viele VW-Kunden würden zudem allein vor Gericht ziehen, obwohl sie sich einer Musterfeststellungsklage hätten anschließen können. Nach 2.900 Zivilverfahren im Jahr 2016 und fast 3.200 im Jahr 2017 gingen im vergangenen Jahr mehr als 4.100 Klagen allein in Oldenburg ein, heißt es seitens des Gerichts.

Mehr Betroffene als Verfahren

In Hildesheim beanspruchten die Abgasklagen das Jahrespensum von drei Richtern, wenn diese sich ausschließlich mit den VW-Verfahren befassen würden, rechnete das dortige LG vor. Nach Angaben eines Sprechers gingen dort allein im Dezember 265 VW-Klagen ein. Die insgesamt mehr als 460 neuen Verfahren im Jahr 2018 machten fast ein Viertel aller Zivilsachen aus. Auch das LG Göttingen verzeichnete Ende 2018 einen deutlichen Anstieg. Von den insgesamt 310 Klagen seit 2016 stammen einer Sprecherin zufolge 136 aus dem Dezember 2018. Die LG Hannover und Braunschweig legten bisher keine Zahlen vor.

Die Zahl der Klagen lässt nicht immer Rückschlüsse auf die Zahl der Betroffenen zu. So gehen die Klagen der Internetplattform Myright mit Tausenden VW-Kunden am LG Braunschweig als eine einzige Klage in die Statistik ein. Einer solchen Schadensersatzforderung schlossen sich im Dezember 18.700 Halter manipulierter Diesel an. Schon Ende 2017 hatten mehr als 15.000 Autobesitzer über Myright die Rückzahlung des Kaufpreises ihrer VW-Diesel gefordert.

Hilfeschrei nach mehr Personal?

Es wirkt, als hätten sich die LG zu einem gemeinsamen Hilfeschrei nach mehr Personal zusammengetan. Erst Mitte Januar kam die Meldung aus Osnabrück über neue Höchststände. Ein Viertel der 2018 beim LG eingegangenen Zivilverfahren betreffe die Dieselproblematik, hieß es darin. Rechnerisch seien sechs Richter und noch einmal die gleiche Anzahl anderer Mitarbeiter ausschließlich mit der Bewältigung dieser Verfahren beschäftigt. Aus dem Justizministerium in Hannover hieß es, dass bei personellen Engpässen zunächst die Oberlandesgerichte (OLG) dafür zuständig seien, das Personal in den Bezirken entsprechend zu steuern und einzusetzen. 

VW hatte im September 2015 Manipulationen an Dieselmotoren zugegeben. US-Umweltbehörden hatten festgestellt, dass die Abgasreinigung nur auf dem Prüfstand voll aktiviert war, auf der Straße lag der Stickoxid-Ausstoß weit höher. Die Auswirkungen des Skandals haben das Unternehmen nach jüngsten Angaben eines Sprechers weltweit bereits etwa 28,2 Milliarden Euro gekostet.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Abgasskandal und niedersächsische Gerichte: . In: Legal Tribune Online, 28.01.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33491 (abgerufen am: 08.12.2024 )

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