Pensionierungswelle, Abwanderungswelle, sinkende Absolventen- und Bewerberzahlen: Die Brandenburger Justiz macht schwierige Zeiten durch. Mehrere Justizverbände appelieren daher an die Landesregierung: So gehe es nicht weiter.
Wer sich auf eine Stelle in der Brandenburger Justiz bewirbt bzw. bereits für diese arbeitet, könne aktuell nicht von einem fairen Gehalt sprechen. Das gelte für den Justizwachtmeister genauso wie für die Richterin, kritisieren führende Justiz- und Interessenverbände des Landes in einem Brief an den Ministerpräsidenten Hubert Dietmar Woidke. Der Brandenburger Landesverband des Deutschen Richterbundes (DRB), der diese Kritik mitträgt, hält die Bezahlung der Richter und Staatsanwälte sogar für evident verfassungswidrig.
Zusammen mit den Landesverbänden der Deutschen Rechtspfleger, der Deutschen Justiz-Gewerkschaft, dem Deutschen Gerichtsvollzieher Bund, der Brandenburger Verwaltungsrichtervereinigung sowie dem Bund Brandenburger Staatsanwälte hat sich der DRB-Ableger nun erneut positioniert. Gemeinsam stellen die sechs Interessenvertretungen insgesamt elf Forderungen auf, die auf eine Erhöhung der Besoldung aller Justizmitarbeitenden abzielt. Wegen der Inflation und der geplanten Erhöhung des Bürgergeldes zum 1. Januar 2024 müsse das Bundesland gehaltstechnisch unbedingt nachlegen, sonst drohe eine "ernsthafte und nachhaltige" Gefahr für die Dritte Gewalt.
Alte Mitarbeiter halten, neue Mitarbeiter locken
Es geht den sechs Justizverbänden auch um Ungerechtigkeiten in der Bezahlung. Sie weisen etwa darauf hin, dass Beschäftigte in den Geschäftsstellen in die Entgeltgruppe 9a eingruppiert worden seien. Das sei zwar zu begrüßen, immerhin habe diese Umstrukturierung die Abwanderungswelle im mittleren Dienst maßgeblich stoppen können. Allerdings habe sie auch dazu geführt, dass Rechtspfleger, die der Besoldungsgruppe A9 zugeordnet sind, nun weniger verdienen als Berufseinsteiger in den Geschäftsstellen.
Angepasst und konkurrenzfähig werden müsse auch die Besoldung der Richter und Staatsanwälte, heißt es in dem Schreiben. Brandenburg müsse die Justiz im Vergleich mit der Privatwirtschaft und den Rechtsanwaltskanzleien besser aufstellen und es ermöglichen, trotz "völlig eingebrochener Bewerberzahlen, Pensionierungswelle und sinkender Absolventenzahlen überhaupt noch Nachwuchs zu finden". Die Pensionierungswelle kann nach Auffassung der Verbände außerdem durch die Ausweitung der Personalbindungszulage auf Richter und Staatsanwälte abgemildert werden. Mit Hilfe der Zulage könen ihrer Meinung nach Richter und Staatsanwälte in entsprechendem Alter von einem vorzeitigen Ruhestand abgehalten werden.
Die sechs Interessenverbände sehen in ihren Maßnahmen eine klare Strategie: Das bestehende Personal müsse gehalten werden, während sich Brandenburgs Justiz für den Nachwuchs vor allem finanziell attraktiver machen soll.
Verbände sehen keinen Spielraum für Verzögerungen
In welcher Hinsicht auch immer: Tun müsse sich so oder so etwas, wenn es nach den Justizverbänden geht. Ein "weiter so" kann es aus ihrer Sicht nicht geben. Der Brandenburger Gesetzgeber könne diese Entwicklungen nicht länger ignorieren. Neben höheren Eingruppierungen sehen die Verbände auch die Möglichkeit, durch allgemeine Umstruktrierungen attraktiver zu werden, etwa indem Gerichtsvollzieher künftig dem gehobenen Dienst zugeordnet werden.
Inwieweit die Ministerien des Landes diese neuen Forderungen der Verbände umsetzen wird, bleibt abzuwarten. Nachwuchsprobleme wollte zumindest das Justizministerium in seinem Land jüngst keine feststellen.
lmb/LTO-Redaktion
Schreiben an den Ministerpräsidenten: . In: Legal Tribune Online, 08.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53372 (abgerufen am: 03.10.2024 )
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