Herbstkonferenz 2024: Das haben die Jus­tiz­mi­nister besch­lossen

28.11.2024

Hilfe von Autobauern beim Abhören, Schutz von Senioren vor Trickbetrug und Jüngeren vor Influencern: Das und mehr hat die JuMiKo auf ihrer Herbstkonferenz beschlossen. Natürlich auch im Programm: Cannabis und Nachwuchs für die Justiz.

Über 60 Themen standen auf der Tagesordnung der Herbstkonferenz der 95. Justizministerkonferenz (JuMiKo) in Berlin. Die Konferenz hat nun mit 34 beschlossenen Initiativen geendet. 

Eine davon: Autohersteller sollen nach dem Willen der Justizminister:innen zur Herausgabe von Zweitschlüsseln oder -Codes an die Polizei verpflichtet werden, damit mutmaßliche Schwerkriminelle in ihren Fahrzeugen besser abgehört werden können. Es werde für den Staat immer schwerer, Autos zu verwanzen, weil die Systeme zum Diebstahlschutz wie etwa von Türverriegelungen besser würden, argumentiert Marion Gentges, Justizministerin Baden-Württembergs. Über diese Initiative berichtete LTO bereits ausführlich.

Der Personalmangel in der Justiz beschäftigte die Justizminister:innen auch in dieser Iteration der JuMiKo. Sie haben beschlossen, eine gemeinschaftliche, bundesweite Kampagne auf die Beine zu stellen, in der die Justiz der Länder gemeinsam auf ihre zentrale Bedeutung für einen starken und wehrhaften Rechtsstaat aufmerksam macht und sich damit auch als attraktive Arbeitgeberin mit vielfältigen Berufsmöglichkeiten präsentiert. Die Kampagne soll möglichst im vierten Quartal 2025 die breite Öffentlichkeit erreichen.

Ein weiteres aktuelles Thema: Cannabis. In ihrem Beschluss stellt die JuMiKo fest, dass das Cannabisgesetz zu einem Rückschritt in der Bekämpfung des Schwarzmarkts und der Organisierten Kriminalität geführt habe. Sie bitten daher das Bundesjustizministerium, darauf hinzuwirken, dass im Rahmen der bevorstehenden Evaluierung des Konsumcannabisgesetzes entsprechende Neuregelungen frühzeitig besonders in den Blick genommen werden. LTO berichtete.

Verbesserung des Ampel-Sicherheitspakets

Außerdem sollen Mieter:innen besser vor zusätzlichen Kosten beim Abschluss eines Mietvertrags geschützt werden, etwa "Vertragsausfertigungsgebühren" sollen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt unzulässig werden. "Solche Gebühren belasten Mieter:innen zusätzlich. Dabei ist in vielen Fällen unklar, ob eine solche Vereinbarung überhaupt zulässig ist. Viele Mieter:innen bezahlen diese Gebühren trotzdem, weil sie auf die Wohnung angewiesen sind, oder verzichten auf eine Rückforderung, weil sie keine juristische Auseinandersetzung wollen. Der Bund muss hier eine klare gesetzliche Regelungen vorlegen", argumentiert die Hamburgische Justizsenatorin Anna Gallina.

Aus einigen Ländern kam zudem die Forderung, das Sicherheitspaket der ehemaligen Ampel-Regierung nachzubessern. Dazu hat die JuMiKo nun drei Verbesserungsvorschläge gemacht: Erstens eine rechtssichere Regelung für die Funkzellenabfrage, auch bei bandenmäßigem Betrug. Zweitens der Zugriff auf verschlüsselte Messengerdienste wie Telegram bei der Bekämpfung von extremistischen und schweren Straftaten und drittens der Einsatz verfahrensübergreifender automatisierter Recherche- und Analyseplattformen auch bei der Strafverfolgung.

Besseren Schutz vor Straftaten soll es für ältere Menschen geben, etwa bei Trickbetrug oder Trickdiebstahl. Besonders diese Gruppe sei gefährdet, etwa auf Betrugsmaschen per SMS hereinzufallen. Über den Beschlussvorschlag berichtete LTO bereits.

Reform der Politikerbeleidigung vertagt

Vor allem dem Schutz jüngerer Menschen dient dieser Beschluss: Influencer sollen mit im Netz zur Schau gestellten Straftaten nicht länger Geld verdienen können. Die Justizminister:innen wollen Gesetzeslücken schließen, um dies künftig zu verhindern. "Moralisch steht es auf unterster Stufe, wenn man eine Straftat nicht nur begeht, sondern sich im Netz damit brüstet und damit auch noch Geld verdient", sagte Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann. Es gebe Influencer, die so ein Verhalten zum Geschäftsmodell entwickelt hätten. Als Beispiel nannte Wahlmann Beiträge über illegale Autorennen, die in sozialen Netzwerken teils live gestreamt würden. Nach den derzeit geltenden Vorschriften zur Einziehung von Vermögen könne der Staat von den Betroffenen das von Internetplattformen gezahlte Geld jedoch nicht einziehen. 

Beschlossen wurde auch der Vorschlag, § 62 d des Aufenthaltsgesetzes zu streichen. Vorbereitungen und Durchführung der Abschiebungshaftanhörungen seien durch diese Norm zeitintensiver und komplexer geworden.

Die Beschlüsse werden nun an den Bund übergeben. 

Abgelehnt haben die Justizminister:innen eine Initiative zur Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), genau wie ein Strafantragsrecht ab 16 Jahren. Über eine Änderung des § 188 Strafgesetzbuch sollte eigentlich diskutiert werden, dazu kam es jedoch nicht. Diese Norm stellt die Beleidigung von Politiker:innen unter Strafe. Eine Sprecherin des niedersächsischen Justizministeriums teilte mit, die JuMiKo habe die Diskussion darüber vertagt. Bevor über konkrete StGB-Änderungen abgestimmt wird, solle zunächst eine Arbeitsgruppe prüfen, welche Regelungsmöglichkeiten es gibt. Die Norm ist aktuell wegen einer Strafanzeige von Robert Habeck im Rampenlicht, die zu einer Hausdurchsuchung geführt hat.

Die diesjährige Vorsitzende der JuMiKo, Dr. Kathrin Wahlmann, Justizministerin aus Niedersachsen, zog insgesamt eine positive Bilanz: "Sowohl während der Frühjahrskonferenz in Hannover als auch jetzt in Berlin haben wir ein starkes Bild der Justiz abgegeben. Wir haben nicht nur wichtige Vorhaben auf den Weg gebracht, wir haben vor allem auch den Wert der Justiz für unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Denn wir sind es, die als Dritte Staatsgewalt für Rechtsicherheit und Rechtsfrieden sorgen."

pdi/LTO-Redaktion

Mit Material der dpa

Zitiervorschlag

Herbstkonferenz 2024: . In: Legal Tribune Online, 28.11.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55988 (abgerufen am: 07.12.2024 )

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