Justizministerkonferenz in Berlin: Höhere Haf­t­ent­schä­d­i­gungen

von Annelie Kaufmann

09.11.2017

Die Justizminister der Länder haben sich auf ihrer Konferenz in Berlin unter anderem auf höhere Haftentschädigungen für zu Unrecht Inhaftierte geeinigt. Außerdem gab es zahlreiche Reformaufträge an die künftige Koalition.

Die Justizminister haben sich für eine Erhöhung der Pauschale zur Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen ausgesprochen Der Hamburger Justizminister Till Steffen (Grüne) erklärte: "Niemand kann die Zeit zurückgeben, die jemand unschuldig in Haft verbracht hat. Was als Wiedergutmachung erwartet werden darf, ist eine angemessene finanzielle Kompensation." Bisher werden 25 Euro Haftentschädigung pro Tag gezahlt. "Das halten wir für äußerst unangemessen", so Steffen. Auf eine konkrete Summe konnten sich die Länder jedoch nicht einigen.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt den Beschluss der Justizminister, fordert aber eine Erhöhung auf 100 Euro pro Tag: "Eine Haftentschädigung von derzeit 25 Euro pro Tag ist deutlich zu gering und muss mindestens vervierfacht werden", sagte DAV-Präsident Ulrich Schellenberg. "Auch die Justiz muss lernen, über ihre Fehler zu sprechen und die angemessen Maßnahmen ergreifen, um die Schäden wieder auszugleichen. Wir fordern eine rasche Gesetzgebungsinitiative."

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat sich vor der Konferenz bereits dafür ausgesprochen, Opfer von Fehlurteilen für ihre Haft besser zu entschädigen. "Wer zu Unrecht im Gefängnis saß, sollte eine deutlich höhere finanzielle Entschädigung als bisher erhalten", so Maas. Er mahnte allerdings, der Ball liege bei den Ländern. "Sie müssen bereit sein, höhere Entschädigungskosten zu tragen."

Änderungen im Asylprozess

Die Justizminister haben sich außerdem für Änderungen im Asylverfahrensrecht ausgesprochen, mit denen die Verwaltungsgerichte entlastet werden sollen. Das Bundesjustizministerium soll nun prüfen, ob den Verwaltungsgerichten die Möglichkeit gegeben werden soll, bei grundsätzlicher Bedeutung der Asylsache sowie bei uneinheitlicher Rechtsprechung die Berufung zuzulassen.

Die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) sagte, sie freue sich "dass meine Amtskolleginnen und Amtskollegen den von Niedersachsen initiierten Vorschlag unterstützen, zu einer Rechtsvereinheitlichung im Asylprozess beizutragen". Nun bleibe zu hoffen, dass die von den Präsidenten der Oberverwaltungsgerichte auf ihrer Jahrestagung im Oktober geforderten Möglichkeiten, Rechtszersplitterung zu vermeiden und gerichtliche Asylverfahren zu beschleunigen, auf der Agenda blieben. Allein die Ausstattung der Verwaltungsgerichte mit mehr Personal allein reiche nicht aus.

Die Besonderheiten des Asylprozessrechts führen dazu, dass es wenig Leitentscheidungen gibt, die grundsätzliche Fragen allgemeingültig klären könnten. Die Präsidenten der Oberverwaltungsgerichte hatten deshalb außerdem eine Klarstellung vorgeschlagen, dass das Bundesverwaltungsgericht als Revisionsinstanz in Asylverfahren auch fallübergreifende allgemeine Tatsachenfragen überprüfen kann. Diesen Vorschlag soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe weiter prüfen. Der Vorschlag, in Eilverfahren eine zweite Instanz zu eröffnen, wurde von der Justizministerkonferenz in ihren Beschluss nicht aufgegriffen.

Zitiervorschlag

Annelie Kaufmann, Justizministerkonferenz in Berlin: . In: Legal Tribune Online, 09.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25467 (abgerufen am: 08.11.2024 )

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