Probleme der Justiz in Thüringen nehmen zu: Marode Gebäude, keine neuen Richter

06.02.2025

Die Thüringer Justiz hat es derzeit nicht leicht: Neben sanierungsbedürftigen Gerichtsgebäude und einem fehlenden Haushalt kommt hinzu, dass wegen politischer Blockaden keine neuen Richter und Staatsanwälte berufen werden können.

Die Thüringer Justiz hat aktuell mit vielen Problemen zu kämpfen. Bei einigen Gerichtsgebäuden liegen die ersten Generalsanierungen bereits etwa 30 Jahre zurück. Die Bausubstanz der Häuser in den kommenden Jahren überhaupt in Schuss zu halten, wird nach Einschätzung des Justizministeriums deshalb eine Herausforderung werden.

Wie hoch die Kosten dafür seien, das könne allerdings aktuell nicht gesagt werden, hieß es. Klar sei, dass der Sanierungsbedarf nach Dringlichkeit abgearbeitet werden müsse. Auch ob überhaupt genügend Geld dafür da sein wird, ist unklar: So sei nicht bekannt, ob und wie der Kostenrahmen in zukünftigen Haushaltsplänen abgebildet werden könne, hieß es. Gleichzeitig betonte das Ministerium, dass die Gerichte trotz der in die Jahre gekommenen Bausubstanz arbeitsfähig seien.
 
Neben der laufenden Generalsanierung des Stammgebäudes des Erfurter Landgerichts sollen bald etwa die Amtsgerichte in Greiz und Gera umfangreich modernisiert werden. Dabei geht es um Brandschutz, Barrierefreiheit, Heizung und Dach. Die Kosten dafür werden jeweils auf etwa 20 Millionen Euro geschätzt.
 
Das Ministerium schätzt auch, dass künftig nicht in jedem Fall und bei jedem Gericht eine Generalsanierung nötig sein werde. Stattdessen könnten manche Baudefizite auch mit kleingliedrigen Sanierungen behoben werden.

Genau solche Aussichten führen beim Vorsitzenden des Thüringer Richterbunds Holger Pröbstel zu Stirnrunzeln. Schon jetzt sei wenig Geld für die Sanierung von Gerichtsgebäuden da. "Das Problem ist, es wird ohnehin nur das Nötigste gemacht", so Pröbstel. Es sei häufig schwierig, die alten Gebäude mit der Technik einer modernen Justiz zu verbinden. In einigen Gerichten herrsche zudem Platzmangel, so gebe es etwa zu wenig Sitzungssäle.

Ein Problem, mit dem Gerichte laut Ministerium inzwischen vermehrt zu kämpfen haben, ist Feuchtigkeit im Keller. Allein um den nassen Keller des Amtsgerichts in Eisenach trockenzulegen, seien etwa 1,65 Millionen Euro nötig.

Thüringen kann keine Richter und Staatsanwälte berufen

Doch auch ein weiteres Problem zeichnet sich in Thüringen ab: Es können keine neuen Richter und Staatsanwälte berufen werden. Richter und Staatsanwälte in Thüringen werden von einem Landtagsausschuss berufen. Doch der kommt vorerst nicht zustande - die nötige Mehrheit fehlte.

Nach § 51 S. 1 Thüringer Richter- und Staatsanwältegesetz (ThürRiStAG) besteht der Richterwahlausschuss aus zehn Abgeordneten und fünf Richtern. Der Staatsanwaltswahlausschuss besteht gemäß § 66 ThürRiStAG aus zehn Abgeordneten und fünf Staatsanwälten. Beide Ausschüsse werden zu Beginn jeder Wahlperiode des Landtags vom Landtag mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 65 Abs. 2 ThürRiStAG. Dabei muss jede Landtagsfraktion mit mindestens einem Abgeordneten im Richterwahlausschuss vertreten sein.

Für die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit sind im Parlament in Erfurt auch Stimmen der Oppositionsfraktionen von AfD und Linke nötig. Die Regierungskoalition aus CDU, BSW und SPD verfügt im Landesparlament nur über 44 der 88 Landtagssitze. Die AfD, die mit 32 Abgeordneten die größte Fraktion stellt, verfügt über eine sogenannte Sperrminorität. Als Minderheit im thüringischen Landtag kann die AfD somit bei Abstimmungen einen bestimmten Beschluss oder eine Wahl verhindern. Eine Sperrminorität ist in den Landtagen oder im Bundestag erreicht, wenn eine Partei mehr als ein Drittel der Sitze errungen hat. Entscheidungen, die nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit getroffen werden können, können durch ein Veto verhindert werden.

Aktuell wurden im Richter- und Staatsanwaltsanwaltswahlausschuss jeweils nur die AfD-Kandidaten gewählt. Die Kandidaten von CDU, BSW, Linke und SPD erhielten nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit.

Nicht der erste Versuch

Für das Vorgehen erntete die Thüringer AfD viel Kritik. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Lutz Liebscher, spricht von einem "Nackenschlag für die Thüringer Justiz". Die AfD zeige damit erneut ihr zerstörerisches Potenzial. Sie habe kein Interesse an funktionierenden demokratischen Institutionen.
 
Ähnlich äußerte sich auch die parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-Fraktion, Ulrike Jary: "Die AfD hat keinerlei Interesse an einer funktionierenden Demokratie." Während die CDU-Fraktion ihre Stimmen zur Besetzung der Ausschüsse beigetragen habe, hätte die AfD offenbar nur Stimmen für die eigenen Kandidaten abgegeben. Mit ihrem Wahlverhalten im Thüringer Landtag verweigert sie sich ihrer Aufgabe, als Fraktion dazu beizutragen, dass der Rechtsstaat handlungsfähig bleibe.

Es ist nicht das erste Mal, dass die AfD in Thüringen die Richterwahl blockieren will. Bereits 2017 hatte die AfD-Fraktion angekündigt, sich aus dem Richterwahlausschuss zurückzuziehen und damit die Ernennung neuer Richter zu blockieren. 

dpa/eh/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Probleme der Justiz in Thüringen nehmen zu: . In: Legal Tribune Online, 06.02.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56534 (abgerufen am: 18.03.2025 )

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