Der Bundesrechnungshof hatte die Finanzierung der Deutschen Richterakademie kritisiert, doch das BMJV will an dem Anteil festhalten. Wenn der Bund schon zahlt - sollte er Richter dann auch zu regelmäßigen Fortbildungen verpflichten?
Knapp 150 Fortbildungen für Richter und Staatsanwälte bietet die Deutsche Richterakademie im Jahr 2020 an – von "Praktische Fragen des Familienrechts" über Arbeitsrecht, Ausländerrecht und Steuerstrafrecht zu Grundlagen wie interkulturelle Kompetenz und Gesprächsführung. Doch die Finanzierung des Programms ist umstritten. Der Bundesrechnungshof hält den Anteil des Bundes für zu hoch.
Bisher tragen Bund und Länder jeweils fünfzig Prozent der laufenden Kosten. Doch der Bundesrechnungshof kritisierte diese Vereinbarung schon vor rund einem Jahr: Da die Veranstaltungen hauptsächlich von Richtern und Staatsanwälten aus den Ländern besucht würden, sei eine hälftige Beteiligung deutlich zu hoch. Für das Jahr 2016 hätten dem Bund etwa nur 193 von insgesamt 4.950 Tagungsplätzen zur Verfügung gestanden. Und dieses Kontingent sei auch gar nicht ausgenutzt worden, der Bund habe lediglich 68 Tagungsplätze in Anspruch genommen. Kurz: Bundesrichter und Bundesanwälte trifft man bei den Seminaren der Richterakademie eher selten.
Der Bund finanziere also hauptsächlich die Weiterbildung von Personal der Länder, bemängelte der Bundesrechnungshof. Dafür seien aber nun mal die Länder selbst zuständig.
Der Bundesrechnungshof empfiehlt deshalb die Vereinbarung mit den Ländern neu zu verhandeln und die Finanzierung deutlich abzusenken, etwa auf 2,2 Prozent, was dem Personalanteil des Bundes an allen Richtern und Staatsanwälten entspreche. Für vertretbar hält der Bundesrechnungshof aber auch eine "moderat überproportionale" Bundesbeteiligung, etwa bei einem Finanzierungsanteil von fünf Prozent.
BMJV beruft sich auf "Pakt für den Rechtsstaat"
Die Bundesregierung will an der hälftigen Finanzierung allerdings festhalten. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) betont, man habe schließlich die gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern für die Justiz gerade erst im "Pakt für den Rechtsstaat" bekräftigt.
Nun muss sich der Rechnungsprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages mit dem Thema befassen. Er hatte das BMJV zunächst aufgefordert, gemeinsam mit den Ländern zu prüfen, ob die Finanzierungsanteile "noch angemessen" seien. Einen Bericht über diese Gespräche hat das BMJV nun an den Rechnungsprüfungsausschuss weitergegeben. Er kommt zu dem Ergebnis, "dass die verfassungsrechtlich zulässige hälftige Finanzierung der Deutschen Richterakademie durch den Bund sich seit 46 Jahren bewährt hat und weiterhin sachgerecht ist". Das geht aus einer aktuellen Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor (BT-Ds 19/16307).
Die Justizminister der Länder hatten sich auf der Justizministerkonferenz im Herbst ebenfalls dafür ausgesprochen, die hälftige Finanzierung der Richterakademie beizubehalten.
Richterakademie kündigt Evaluierung an
Der Leiter der Deutschen Richterakademie Dr. Stephan Jaggi bleibt angesichts der sich hinziehenden Diskussion um die Finanzierung gelassen: "Wenn der Bund die Finanzierung zurückfahren wollen würde – wonach es nicht aussieht – müsste er die Verwaltungsvereinbarungen mit den Ländern kündigen. Da besteht eine Kündigungsfrist von zwei Jahren. Wir müssen also nicht befürchten, dass von heute auf morgen kein Geld mehr da ist."
Dem Bund komme die Weiterbildung von Richtern und Staatsanwälten schließlich zugute, auch wenn er nur wenig Tagungsplätze in Anspruch nehme. "Bundesrichter werden ja nicht als Bundesrichter geboren, sondern fangen als Landesrichter an", so Jaggi. "Deshalb hat der Bund natürlich ein Interesse bei ihrer Fortbildung mitzureden. Dadurch, dass der Bund die Richterakademie zu fünfzig Prozent mitfinanziert, ist er auch Mitglied der Programmkonferenz und kann so auch auf die Inhalte der Fortbildungen Einfluss nehmen."
Die Richterakademie hat aber auf den Prüfungsbericht des Bundesrechnungshofs reagiert und eine Evaluierungs-Kommission aufgestellt, die das Fortbildungsprogramm überprüfen soll. Sie soll insbesondere die Qualität und Anzahl der angebotenen Fortbildungen im Vergleich zum bundesweit in der Justiz bestehenden Bedarf untersuchen und sich auch mit dem Jahresprogramm der Richterakademie und den Kosten der einzelnen Fortbildungsveranstaltungen befassen. Eine solche Evaluierung hatte der Bundesrechnungshof empfohlen.
Und was ist mit der Fortbildungspflicht?
Ein anderes umstrittenes Thema: Die Fortbildungspflicht für Richter. Im Pakt für den Rechtsstaat heißt es lediglich, Bund und Länder seien sich einig, dass "allen in der und für die Justiz arbeitenden Personen weitere Möglichkeiten zur Fortbildung eröffnet werden sollen".
Bisher haben vier Bundesländer – Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein – eine Fortbildungspflicht in ihren Richtergesetzen ausdrücklich geregelt, Hamburg plant ebenfalls eine entsprechende Vorschrift.
Dagegen fordern die Grünen eine bundeseinheitliche Regelung im Deutschen Richtergesetz. Wenn der Bund sich für die Finanzierung der Deutschen Richterakademie mitverantwortlich fühle, müsse das auch für die Qualität der Justiz insgesamt gelten, meint Katja Keul, rechtspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag: "Die Bundesregierung macht es sich zu einfach, wenn sie in Bezug auf die richterliche Fortbildung zwar eine Finanzierungskompetenz des Bundes bejaht, eine Gesetzgebungskompetenz jedoch ablehnt und auf nur die Länder verweist. Für die Qualität der Justiz trägt der Bund eine ganz maßgebliche Mitverantwortung - und Qualität wird insbesondere durch kontinuierliche Fortbildung gewährleistet."
Immerhin habe das BMJV gegenüber dem Bundesrechnungshof ja ausdrücklich auf seine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit hingewiesen.
Die Bundesregierung sieht das anders und betont in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Grünen, beide Fragen seien auseinanderzuhalten: Es gebe zwar ein berechtigtes Bundesinteresse an der 50-prozentigen Finanzierung der Deutschen Richterakademie und insofern auch eine Finanzierungskompetenz nach Art. 104a GG. Der Bund besitze aber keine Gesetzgebungskompetenz, um Fragen der Fortbildung für Richter im Landesdienst zu regeln.
Allenfalls für die Bundesrichter könne man im Deutschen Richtergesetz eine Fortbildungspflicht regeln. Die allerdings sind – wie das BMJV gegenüber dem Bundesrechnungshof betont hat – ja ohnehin schon bestens ausgebildet.
Streit um Finanzierung der Deutschen Richterakademie: . In: Legal Tribune Online, 13.01.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39643 (abgerufen am: 13.12.2024 )
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