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Umfrage des Deutschen Richterbundes: 933.000 uner­le­digte Ver­fahren bei den Staats­an­walt­schaften

11.03.2025

Akten Ermittlungsverfahren

Personalnot ist ein Grund für die steigende Anzahl unerledigter Verfahren. Foto: picture alliance/dpa | Friso Gentsch

Bundesweit türmen sich bei den Staatsanwaltschaften die Aktenberge. Teilweise dauern Verfahren so lange, dass Verdächtige entlassen werden müssen. Mit Blick auf die anstehenden Koalitionsgespräche fordert der DRB ein Sofortprogramm.

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Bei den Staatsanwaltschaften in Deutschland gibt es nach Angaben des Deutschen Richterbundes (DRB) inzwischen knapp 933.000 unerledigte Fälle. Damit habe es im Jahr 2024 fast 30 Prozent mehr offene Verfahren gegeben als im Jahr 2021, hieß es. Die Folgen seien längere Strafverfahren und weniger Anklagen.

Bundesweit sind bei den Staatsanwaltschaften laut dem DRB im Jahr 2024 mehr als 5,3 Millionen neue Fälle eingegangen. Damit lag die Zahl wie schon in den beiden Vorjahren über fünf Millionen, im Jahr 2021 betrug sie noch 4,7 Millionen.

Die Zahlen gehen auf eine Umfrage bei den Justizverwaltungen der Länder zurück, die die vom Richterbund herausgegebene Deutsche Richterzeitung (DRiZ) durchgeführt hat. Berücksichtigt wurden dabei nur die Verfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte, wie es hieß.

Nur in Berlin weniger offene Verfahren als 2021

Die meisten unerledigten Fälle gab es mit 255.245 Verfahren im bevölkerungsreichsten Land Nordrhein-Westfalen (2021: 191.604), was sich bereits 2024 abzeichnete. Dahinter folgen die Flächenländer Hessen (107.901; 2021: 82.028), Bayern (83.433; 2021: 67.475) sowie Baden-Württemberg (79.240; 2021: 66.314) und Niedersachsen (76.111; 2021: 61.822). 

Die Situation in Hamburg habe sich erneut besonders verschlechtert: Dort gab es zum Jahresende 2024 47.953 unerledigte Fälle. Damit hat sich der Aktenberg seit 2021 mehr als verdoppelt. Auch in Sachsen sei die Anzahl der offenen Verfahren innerhalb von drei Jahren um 54 Prozent auf 46.079 gestiegen. Auch in Thüringen habe es im Vergleich zu 2021 deutlich mehr offene Verfahren gegeben. In Schleswig-Holstein stieg die Zahl unerledigter Verfahren seit 2021 um 21 Prozent auf 33.984.

Einzig in Berlin gab es nach den Angaben 2024 mit 34.176 einige Hundert weniger offene Verfahren als noch im Jahr 2021. Allerdings bekamen die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte dort auch knapp 8.000 weniger neue Verfahren auf den Tisch als im Vorjahr.

Demografischer Wandel als ein Faktor

Die Gründe für die stetig hohen und teils steigenden Zahlen sind vielfältig. Der demografische Faktor drängt sich auf. Bis 2030 werden beispielsweise in Sachsen nahezu jeder zweite Staatsanwalt bzw. Richter in Pension gehen – ein bundesweites Phänomen. 

Bei der Nach- bzw. Neubesetzung entsprechender Stellen konkurrieren die Länder mit dem übrigen juristischen Arbeitsmarkt um qualifizierte Bewerber. Deshalb ist vielerorts ein Trend erkennbar, die Einstellungsvoraussetzungen, konkret die Note im Zweiten Staatsexamen, herabzusenken – beispielsweise Nordrhein-Westfalen verlangt schon seit 2024 nur noch 7 Punkte im Zweiten Staatsexamen. 

Mehr als 60 Verdächtige wegen langer Verfahren freigelassen

"Die Alarmsignale für einen überlasteten Rechtsstaat häufen sich", sagte Richterbund-Geschäftsführer Sven Rebehn der dpa. Weil die Strafverfahren nicht mit der gebotenen Schnelligkeit bearbeitet werden konnten, haben nach seinen Angaben 2024 Gerichte bundesweit mehr als 60 dringend Tatverdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen. Die meisten Fälle gab es laut dem DRB in Sachsen (15), gefolgt von Hessen (11).

"Es ist offensichtlich, dass es jetzt ein Sofortprogramm braucht, damit die Strafjustiz nicht zum Flaschenhals bei der Kriminalitätsbekämpfung wird", betonte Rebehn mit Blick auf die anstehenden Koalitionsgespräche von Union und SPD.

Auch der Vorsitzende des niedersächsischen Richterbundes, Richter am Oberlandesgericht Frank Bornemann, warnt: "Wir sehen einen Stau bei den Staatsanwaltschaften; wenn dieser Stau beseitigt werden sollte, wird die Flutwelle bei den Gerichten ankommen". Deshalb müssten auch die Strafkammern "massiv verstärkt" werden. Bei der Finanzierung sieht Bornemann auch den Bund am Zug. Wenn der Bundestag Gesetzesverschärfung beschließe, könne es nicht allein Sache der Länder zu sein, mit Personal dafür zu sorgen, dass diese auch umgesetzt würden. 

jb/LTO-Redaktion mit Materialien der dpa

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Umfrage des Deutschen Richterbundes: . In: Legal Tribune Online, 11.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56767 (abgerufen am: 17.11.2025 )

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