Referentenentwurf zum anwaltlichen Berufsrecht: BRAK und DAV kri­ti­sieren "Legal-Tech-Gesetz"

08.12.2020

BRAK und DAV üben scharfe Kritik am geplanten "Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt". Das Ziel des Verbraucherschutzes werde durch Erfolgshonorar und Prozessfinanzierung gefährdet, hieß es.

Der im November vom Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) veröffentlichte "Entwurf eines Gesetzes zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt" stößt bei der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und dem Deutschen Anwaltverein (DAV) auf Kritik. Es sei zwar grundsätzlich zu begrüßen, dass der Gesetzgeber das Thema Legal Tech aufgreife, hieß es in einer Mitteilung der BRAK. "Gleichwohl darf es nach Auffassung der BRAK Legal Tech nicht ohne anwaltliche Beteiligung geben."

Laut BRAK werde Verbraucherschutz "mit dem Entwurf nicht erreicht, sondern im Gegenteil gefährdet. Außerdem drohen die Kernwerte der Anwaltschaft und damit rechtsstaatliche Prinzipien ausgehöhlt zu werden". Besonders die Regelungen zu Prozessfinanzierung und Erfolgshonorar stoßen bei der BRAK auf Ablehnung. Der DAV sieht das ähnlich: "Die Möglichkeit einer Prozessfinanzierung durch den mandatierten Rechtsanwalt lehnt der DAV ab und sieht die Ausweitung der Zulässigkeit von Erfolgshonoraren kritisch", so der Verein in einer Mitteilung. 

Laut BRAK führe die im Entwurf vorgesehene Lockerung des Verbots des Erfolgshonorars zu "Interessengegensätzen zwischen Rechtsanwalt und Mandant, denn der Anwalt wird zum Investor des Mandats und damit gleichsam zur Partei." Der Anwalt rücke in den gewerblichen Tätigkeitsbereich und würde zwangsläufig eigene wirtschaftliche Interessen mit dem Ausgang des Prozesses verknüpfen. Dies belaste das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant. "Dieses Vertrauensverhältnis und die Integrität des anwaltlichen Berufsstandes sind Werte, die nicht aufs Spiel gesetzt werden dürfen", so die BRAK.

BRAK: Höhere Kosten für Verbraucher

Auch der DAV zweifelt, ob die Maßnahmen des Entwurfes geeignet sind, gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen Inkassodienstleister und der Anwaltschaft zu schaffen. Laut Verein könnten die Maßnahmen den Interessen der Rechtsuchenden zuwiderlaufen. "Insbesondere bestehen erhebliche Bedenken, dass das Gesetz keinerlei Orientierung gibt, wann eine zulässige Inkassodienstleistung vorliegt, obwohl zahlreiche Rechtsfolgen daran anknüpfen", hieß es in einer Stellungnahme.

Die BRAK mahnt außerdem an, dass der Entwurf die Rechtsdurchsetzung für Verbraucher verteuern würde. "Der Verbraucher wird seine – berechtigte – Forderung künftig nie mehr zu 100 Prozent erhalten", hieß es. Schuld daran sei, dass Legal-Tech-Dienstleister nur lukrative Forderungen mit hohen Erfolgsaussichten übernehmen würden, "von denen der Verbraucher in der Regel 30 Prozent als Honorar abgeben muss. Bei anwaltlicher Vertretung erhielte der Gläubiger dagegen zusätzlich zu den 100 Prozent seiner Forderung die Rechtsverfolgungskosten erstattet".

Die BRAK verwies dabei auch auf ihr Positionspapier "Digitalisierung und Zugang zum Recht", mit dem sie sich bereits gegen Lockerung des Erfolgshonorarverbots ausgesprochen hatte. Die Harte Linie der BRAK stößt jedoch nicht überall auf Gegenliebe. "Anstatt Digitalisierung als etwas Positives zu begreifen und die Chancen zu nutzen, die für eine moderne, mandanten- und serviceorientierte Anwaltschaft darin stecken, versucht die BRAK, den Kampf gegen die Zukunft zu führen", kommentierte etwa der Berufsrechtler Prof. Volker Römermann das Positionspapier gegenüber LTO.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Referentenentwurf zum anwaltlichen Berufsrecht: . In: Legal Tribune Online, 08.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43667 (abgerufen am: 04.12.2024 )

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