Die Aufsicht über Rechtsdienstleister wie wenigermiete.de führten bislang die jeweiligen OLG. Jetzt will das BMJ die Aufsicht beim Bundesamt für Justiz zentralisieren sowie die BRAO ändern. Martin W. Huff stellt den Referentenentwurf vor.
Die erlaubte Rechtsberatung durch nach den Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) zugelassenen Unternehmen hat in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Zu diesem Zweig zählen nicht mehr nur Inkassodienstleister, die mit dem klassischen Forderungseinzug beauftragt werden, sondern zunehmend auch Unternehmen, die sich unmittelbar rechtsberatend an Verbraucherinnen und Verbraucher wenden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Begriff der erlaubten Rechtsdienstleistung deutlich ausgeweitet, etwa bei der Geltendmachung von Fluggastrechten und gerade auch im Bereich des Mietrechts, zum Beispiel bei der Dienstleistung des Portals www.weniger-miete.de. Denn es handele sich hier um Dienstleistungen, bei denen es nicht nötig ist, diese einem Rechtsanwalt vorzubehalten. Es sei ausreichend, wenn die im RDG geforderte Sachkunde durch juristisch ausgebildete Mitarbeiter gewährleistet ist. Insbesondere Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bieten über eigene Unternehmen zunehmend Rechtsdienstleistungen außerhalb der klassischen anwaltlichen Beratung an.
Hier tummeln sich jedoch nicht nur seriöse Unternehmen. Manche Dienstleistungsangebote werfen einige Fragen auf: Sind diese noch vom RDG umfasst? Ist die entsprechende Sachkenntnis vorhanden? Werden alle Anforderungen nach dem RDG eingehalten? In der Vergangenheit gab es immer wieder Kritik daran, dass es keine effiziente Aufsicht über die Rechtsdienstleister gebe.
Bundesamt für Justiz soll RDG-Zuständigkeit übernehmen
Denn bisher sind nach § 19 Abs. 1 RDG für die Aufsicht der registrierten Personen nach § 10 RDG die Landesjustizverwaltungen zuständig. Diese haben die Aufgabe auf verschiedene Gerichte und Staatsanwaltschaften übertragen. Eine einheitliche Kontrolle ist so nicht möglich. Das Bundesministerium für Justiz (BMJ) stellte zu Recht fest, dass diese Verteilung der Zuständigkeiten keine bundesweit einheitliche Handhabung der RDG-Vorschriften gewährleistet.
Deshalb plant das BMJ, Registrierung und Aufsicht zentral beim Bundesamt für Justiz (BfJ) in Bonn, einer dem BMJ nachgeordneten Behörde, anzusiedeln.
Dieser Ansatz ist ausdrücklich zu begrüßen. Zum einen befreit er die Gerichte und Staatsanwaltschaften von einer auch dort nicht besonders geschätzten Zuständigkeit. Zum anderen ist bei den zunehmend bundesweit agierenden Dienstleistern so eine effektive Überwachung durch eine Behörde sichergestellt. Mit derartigen Genehmigungsverfahren hat das BfJ bereits Erfahrungen.
Änderung der Bußgeldvorschriften im RDG
Damit einhergehend ist zudem eine Änderung der Bußgeldvorschriften im RDG, die bislang widersprüchlich und kaum begründbar sind. So stellt etwa die unbefugte Erbringung der in § 1 Abs. 1 RDG genannten Rechtsdienstleistungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 RDG sowie von steuerberatenden Tätigkeiten nach § 160 des Steuerberatungsgesetzes eine Ordnungswidrigkeit dar.
Demgegenüber ist die Erbringung anderer, das heißt insbesondere der Rechtsanwaltschaft vorbehaltener Rechtsdienstleistungen, weder straf- noch bußgeldbewehrt. Die Neuregelung in den §§ 3 und 20 RDG solle deshalb eine umfassende bußgeldrechtliche Sanktionsregelung für jegliche Form geschäftsmäßiger, unbefugter Rechtsdienstleistungen schaffen.
Diese soll beispielsweise den Fall umfassen, dass ein Diplom-Wirtschaftsjurist als "Kanzlei" Rechtsdienstleistungen anbietet, obwohl er weder über eine Anwaltszulassung noch über eine RDG-Erlaubnis verfügt. Hier konnten berufsständische Kammern und Wettbewerber bisher meist nur nach dem Wettbewerbsrecht tätig werden, weitere Sanktionen gab es kaum.
Änderung beim Tätigkeitsverbot für Rechtsanwälte
Der Referentenentwurf befasst sich zudem mit geplanten Änderungen der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Am 1. August 2022 treten wichtige Teile der sogenannten BRAO-Reform in Kraft. Die Reform enthält unter anderem Änderungen bei den Tätigkeitsverboten von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, weil sie schon vorher in anderer Funktion mit der Angelegenheit befasst waren oder der Gefahr einer Interessenkollision.
Doch diese Vorschriften möchte das BMJ bereits jetzt wieder – auch aufgrund kritischer Stellungnahmen – ändern. Nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 BRAO in der ab 1. August 2022 geltenden Fassung unterlägen Rechtsanwälte bzw. Rechtsanwältinnen, die in derselben Angelegenheit zuvor als wissenschaftliche Mitarbeitende – gerade im Referendariat oder vor der Anwaltszulassung) im widerstreitenden Interesse beruflich tätig waren, einem Tätigkeitsverbot. Dieses Verbot gilt nach § 45 Abs. 2 Satz 1 BRAO n.F. auch für Anwältinnen und, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit den Betroffenen ausüben.
Diese Sozietätserstreckung, die auch im Hinblick auf die Berufsfreiheit in Art. 12 GG kritisiert wurde, soll künftig für Betroffene abgeschafft werden, die aufgrund einer wissenschaftlichen Mitarbeit im Studium oder bis zum Ende des Referendariats einem Tätigkeitsverbot unterlägen. Daher betrifft das Tätigkeitsverbot nur den Betroffenen selbst.
Erleichterung für Tätigkeit ausländischer Rechtsanwälte
Das BMJ reagiert auch darauf, dass politische Auseinandersetzungen ausländischen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten die Tätigkeit in Deutschland bewusst erschweren. Denn sie müssen für eine Tätigkeit in Deutschland nach § 207 BRAO nachweisen, dass sie im Ausland über eine wirksame Zulassung verfügen.
Nunmehr sollen die Rechts- und Patentanwaltskammern die Möglichkeit erhalten, im Einzelfall auf die Vorlage einer Bescheinigung der im Herkunftsstaat zuständigen Stelle zu verzichten. Das soll dann gelten, wenn die ausländische Anwältin oder der ausländische Anwalt nachweisen kann, dass er oder sie trotz Vornahme aller zumutbaren Bemühungen keine Bescheinigung der in ihrem Herkunftsstaat zuständigen Stellen erlangen konnten.
Er oder sie kann aber auch an Eides statt die Zulassung im Ausland versichern und entsprechende Urkunden vorlegen. Bisher gab es die Möglichkeit der Einzelfallentscheidung nicht.
Damit haben – zu Recht – in Zukunft etwa geflüchtete Anwältinnen und Anwälte aus der Türkei oder anderen Ländern die Möglichkeit, wenigstens eingeschränkt anwaltlich tätig zu sein.
Insgesamt sind die drei Schwerpunkte des Referentenentwurfs zu begrüßen. Eine einheitliche Zuständigkeit für das RDG, gerne auch mit einem Jahresbericht des BfJ, schafft Rechtssicherheit für alle. Das Tätigkeitsverbot vor der Anwaltszulassung war zu weit gefasst und die Möglichkeit, dass gerade geflüchtete Rechtsanwälte doch wieder in ihrem Beruf tätig werden dürfen, schließt eine Lücke.
Referentenentwurf des BMJ: . In: Legal Tribune Online, 16.05.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48461 (abgerufen am: 03.12.2024 )
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