In der vergangenen Woche hatte die Bundesregierung aus SPD und Grünen ein Gesetz zur Anpassung der Anwaltsvergütung beschlossen. Nun soll das Vorhaben noch vor den Neuwahlen durch den Bundestag. Als FDP-Initiative.
Rechtsanwälte bangen seit dem Ampel-Aus um ihr wichtigstes Projekt: Die Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Die Neuregelung sieht eine Kombination aus strukturellen Verbesserungen sowie einer linearen Erhöhung der Gebühren vor. Dabei sollen die anwaltlichen Festgebühren um neun Prozent, die Wertgebühren um sechs Prozent steigen. Als Maßstab hierfür orientiert sich der Entwurf an der allgemeinen Einkommensentwicklung. LTO hatte zu dem Vorhaben bereits Anfang Juni vorab berichtet, das Bundesjustizministerium (BMJ) stellte seinen Entwurf dann einige Tage später vor. Am 11. Dezember gab dann das Bundeskabinett "grünes Licht".
Die RVG-Anpassung ist Bestandteil des sogenannten Kostenrechtsänderungsgesetz 2025. Darin enthalten ist unter anderem auch eine Anhebung der Vergütungssätze für Sachverständige und Dolmetscher, die von einem Gericht oder der Staatsanwaltschaft herangezogen werden. Auch sie sollen um neun Prozent erhöht werden. Mehr Geld bekommen sollen auch Verfahrensbeistände, die in bestimmten familiengerichtlichen Verfahren als Vertreter der Kindesinteressen bestellt werden. Sie erhalten eine Pauschalvergütung, die auf 690 Euro angehoben werden soll. Zudem soll die Vergütung von beruflichen Betreuern sowie Vormündern angepasst werden. Der ehemalige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte den entsprechenden Gesetzentwurf für die damalige Ampelregierung im September veröffentlicht.
"Als FDP-Antrag umetikettiert"
Beide Gesetze sollen nun am Donnerstag im vereinfachten Verfahren, d.h. ohne Debatte im Plenum, nur noch als FDP-Initiative in den Bundestag eingebracht und dann an den federführenden Rechtsausschuss überwiesen werden. "Wir hatten erwartet, dass SPD und Grüne die Gesetzentwürfe selbst einbringen würden. Da dies nicht der Fall war, haben wir innerhalb kürzester Zeit die Initiative ergriffen", so die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion Katrin Helling-Plahr.
Dass die Einbringung der Gesetzentwürfe einzig unter FDP-Logo geschieht, obwohl SPD und Grüne inhaltlich voll dahinterstehen, erläutert gegenüber LTO der Parlamentarische Geschäftsführer der grünen Bundestagsfraktion Till Steffen: "Die Union hat verhindert, dass Rot-Grün den Gesetzentwurf kurzfristig aufsetzt. Bei der FDP hatte sie nun keine Bedenken. Hier kann sich jeder sein Teil denken." Selbstverständlich werde aber die Regierungskoalition aus SPD und Grünen ihrem eigenen Gesetz zustimmen, so Steffen. “Auch wenn es als FDP-Antrag umetikettiert wurde.”
Die rechtspolitische Sprecherin der SPD Sonja Eichwede bestätigt Steffens Version: "Es war uns ein Anliegen, die parlamentarischen Beratungen zu starten. Die Union hat einem Aufsetzen des Tagesordnungspunktes ohne Debatte widersprochen." Dass die Unionsfraktion dem Aufsetzungswunsch der FDP ebenfalls ohne Debatte nun entsprochen habe, kann Eichwede nicht nachvollziehen. "Mir ist nicht begreiflich, warum die Union hier mit zweierlei Maß misst. Dies entspricht nicht einer sachorientierten parlamentarischen Arbeit", so die Abgeordnete gegenüber LTO.
Verkürztes Verfahren im Bundestag
FDP-Rechtspolitikerin Helling-Plahr hält es jedenfalls für durchaus realistisch, dass die Vorhaben noch in dieser Wahlperiode zum Abschluss gebracht werden können. Auf eine Zeit raubende Sachverständigenanhörung könne dabei verzichtet werden. "Der Abschluss der Gesetzgebung kann in einem verkürzten Verfahren noch erfolgen. Dies ist im Fall dieses Gesetzentwurfs gerechtfertigt, da die Verbände und Länder frühzeitig in den Gesetzgebungsprozess eingebunden wurden, wodurch eine umfassende Expertenbeteiligung gewährleistet war", erläutert Helling-Plahr. Erwartet wird, dass die Gesetzentwürfe Ende Januar im Rechtsausschuss beraten und dann spätestens am 11. Februar im Bundestag verabschiedet werden.
Hinsichtlich einer Beteiligung des Bundesrates müsse sich die Anwaltschaft nach Angaben der FDP-Abgeordneten keine Sorgen machen: "Der Grundsatz der Diskontinuität gilt ausschließlich für den Deutschen Bundestag. Der Bundesrat kann den Gesetzentwurf auch nach der Bundestagswahl in einer Sitzung beraten, selbst wenn zu diesem Zeitpunkt der 20. Bundestag, der die Gesetze ursprünglich verabschiedet hat, bereits aufgelöst ist."
Union will Beratungen in der nächsten Wahlperiode
Unterdessen kann die Union das Tempo bei dem Thema nicht so recht nachvollziehen und setzt auf eine Finalisierung des Vorhabens erst in der kommenden Legislatur: "Wir hätten uns gewünscht, dass die zerbrochene Ampel-Regierung Anpassung der Anwaltsvergütung viel früher angegangen wäre", sagt der rechtspolitische Sprecher von CDU/CSU, Günter Krings gegenüber LTO.
Der Jurist hält zwar die Anhebung der Anwaltsgebühren für "richtig und fällig", nicht zuletzt "um in Zukunft den Zugang zum Recht in der Fläche zu erhalten". Dennoch werde man "dieses wichtige Vorhaben" erst in der kommenden Wahlperiode "mit hoher Priorität" angehen. "Nach dem Scheitern der Scholz-Regierung werden nun nachvollziehbarerweise so gut wie keine neu eingebrachten Vorhaben noch im Bundestag beschlossen. Es wäre ein merkwürdiges Signal, wenn wir Rechtspolitiker ausgerechnet noch die Rechtsanwaltsvergütung mit drei Plenums-Lesungen, Ausschussberatung und Bundesratsbeteiligung kurz vor der Bundestagswahl durchdrücken würden", so Krings.
Anwaltverein für schnelle Verabschiedung
Nichts gegen ein derartiges Signal hätte dagegen die Anwaltschaft. "Es ist gut und richtig, dass der Entwurf jetzt in den Bundestag kommt", erklärt der Deutsche Anwaltverein (DAV) auf Anfrage. In den Entwurf seien auch die Ergebnisse der Bund-Länder-Kommission eingeflossen, das Vorhaben also mit den Bundesländern abgestimmt. "Dies ist wichtig, da die Haushalte der Bundesländer belastet werden." Auch die Unionsfraktion kann aus Sicht des DAV dem Vorhaben zustimmen. Schließlich handele es um ein reines Sachthema, das unabhängig von der politischen Farbenlehre zu beurteilen sei.
Sollte eine Verabschiedung noch in dieser Legislatur gelingen, würde das auch den neuen Bundesjustizminister Volker Wissing (ehemals FDP) freuen: "Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte leisten einen wesentlichen Beitrag für den Zugang der Bürgerinnen und Bürger zum Recht. Um ihre wichtige Tätigkeit ausüben zu können, müssen sie angemessen vergütet werden", erklärte Wissing vergangenen Mittwoch. Im Übrigen liege es “im Interesse unseres Rechtsstaats und der Rechtspflege in Deutschland, dass dieser Gesetzentwurf noch vor der Bundestagswahl verabschiedet wird.”
Im Eiltempo durch den Bundestag: . In: Legal Tribune Online, 18.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56146 (abgerufen am: 15.01.2025 )
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