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50059

Nach ungültiger Vorstandswahl: Streit in der RAK Mün­chen geht weiter

von Martin W. Huff

03.11.2022

München

Bei der Münchner Rechtsanwaltskammer herrscht Chaos. Daran wird auch die heilige Maria in Münchens City nichts ändern.  Foto: engel.ac - stock.adobe.com

Der BGH hat kürzlich die Wahl von elf Vorstandsmitgliedern der RAK München für ungültig erklärt. Jetzt streiten sich die Anwälte über die Modalitäten der Neuwahl. Martin W. Huff zu den neuesten Entwicklungen in Deutschlands größter RAK.

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Die Auseinandersetzungen innerhalb der Rechtsanwaltskammer (RAK) München um die Besetzung des Kammervorstandes gehen weiter. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) Mitte September, wonach die Wahl von elf Vorstandsmitgliedern der Rechtsanwaltskammer (RAK) München ungültig war, hat es der verbliebene Vorstand anscheinend mit der Durchführung der Wiederholungswahl eilig.

Eine jetzt veröffentlichte Wahlbekanntmachung des alten Vorstands sorgt für heftige Diskussionen. Der Wahlvorstand, der schon für die für ungültig erklärte Wahl im April 2020 verantwortlich war, hat jetzt durch die Wahlbekanntmachung vom 28.10.2022 die Wiederholungswahl im Wege der elektronischen Wahl für den Zeitraum vom 21.11.2022 bis zum 5.12.2022 angesetzt. Dann sollen die insgesamt elf Vorstandsmitglieder für den Bezirk Landgericht München I, deren Wahl für ungültig erklärt worden war und die damit unmittelbar aus ihrem Amt ausgeschieden waren, für die restliche Amtsperiode bis zum April 2024 gewählt werden. Darunter ist auch wieder der ehemalige Präsident der Kammer sowie zwei weitere Vizepräsidenten, die mit dem BGH-Urteil ihre Ämter verloren hatten.

Liest man die Wahlbekanntmachung, so wird deutlich, dass die Rechtsfragen einer sogenannten Wiederholungswahl lange noch nicht geklärt sind und auch die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) hier keine eindeutigen Regelungen enthält. Der renommierte Kölner Rechtswissenschaftler Prof. Matthias Kilian hat in zwei ausführlichen Gutachten für die RAK München versucht, die Rechtsfragen aufzuarbeiten. Seinen wesentlichen Empfehlungen ist der Wahlausschuss aber nur teilweise gefolgt. Und erst nach deutlichen Nachfragen von Mitgliedern wurde eines der beiden Gutachten veröffentlicht. Fragen zu Kosten blieben dem Vernehmen nach unbeantwortet.

Alle 22 Kandidaten wieder auf die Wahlliste?

Worum geht es:  Die RAK München ist der Auffassung, dass – ohne jegliche Rücksprache mit den meisten Kandidaten – die insgesamt 22 Kandidaten, die im April 2020 für den Kammervorstandes im Bereich des Landgerichts München I kandidiert hatten, wieder auf die Kandidatenliste gesetzt werden müssen. Ausnahmen hätte es nur gegeben, wenn die Wählbarkeitsvoraussetzungen, z.B. Wegzug aus dem Kammerbezirk, nicht mehr gegeben sind.

Ob die Kandidaten überhaupt heute noch - zweieinhalb Jahre später - für den Kammervorstand kandidieren möchten, wurden sie nicht gefragt. Die RAK vertritt die Auffassung, dass Änderungen nicht zu berücksichtigen sind. Es sei eben, so heißt es in der Wahlbekanntmachung, eine Wiederholungswahl. Daher stehen jetzt auf der Kandidatenliste (bei der im Übrigen die alphabetische Reihenfolge nicht richtig eingehalten wurde) auch die Rechtsanwälte Stephan Kopp und Ülan Özkök.

Kopp, der das Verfahren vor dem BGH verantwortlich geführt hatte, und Özkök sind aber bereits im April 2022 für eine Amtsperiode von 2022-2026 in den Kammervorstand gewählt worden.

Nach der Auffassung auch von Berufsrechtler Kilian hätten diese beiden Kandidaten also nicht mehr auf der Liste auftauchen dürfen. Die Kammer München jedoch meint, dass die Kandidatenliste bei einer Wiederholungswahl auch unter den besonderen Umständen nicht geändert werden dürfe. Sie meint, dass wenn die Rechtsanwälte Kopp und Özkök erneut in den Kammervorstand gewählt werden sollen, sie sich entscheiden müssen, für welche Wahlperiode sie in diesem tätig sind sein wollen.

Die RAK ist der Auffassung, dass ein Kandidat, der einmal auf einer Kandidatenliste steht und gewählt wird, seine Wahl in den Kammervorstand nur unter den engen Voraussetzungen nach § 67 BRAO (u.a. Lebensalter und gesundheitliche Gründe) ablehnen kann.  Ansonsten sei die Ablehnung der Wahl nicht möglich, auch nicht mit dem Argument, man sei bereits Mitglied des Kammervorstandes.  Es komme nur eine Niederlegung des Amtes gemäß § 69 BRAO in Betracht. Ob dies jedoch für eine Wahlperiode überhaupt möglich ist, ist unklar. Können also Kopp und Özkök ihr Amt für die Wahlperiode 2020 – 2024 niederlegen, aber Vorstandsmitglieder für die Zeit 2022 bis 2026 bleiben?

Erneute Wahlanfechtung droht

Kilian ist der Auffassung, dass die beiden bereits in den Kammervorstand gewählten Rechtsanwälte von der Kandidatenliste für die Wiederholungswahl zu streichen sind. Im Übrigen hätten alle Kandidaten gefragt werden müssen, ob sie nach so langer Zeit wieder bereit sind für den Kammervorstandes und eine deutlich verkürzte Amtszeit zu kandidieren.  Etliche Mitglieder der RAK München, der größten Rechtsanwaltskammer im Bundesgebiet mit rund 23.000 Mitgliedern, waren der Meinung, dass es eine komplett neue Kandidatenliste für die Wahl geben müsse. Dem ist der Wahlausschuss jedoch nicht gefolgt. In der BRAO finden sich kaum Vorschriften für die Wahlwiederholung einer für ungültig erklärten Wahl nach so langer Zeit, sodass zu befürchten ist, dass die Wahlen wiederum anfechtbar sein könnten.

Fest steht schon jetzt: Um die Wahl der elf Mitglieder in den Kammervorstand wird es einen heftigen Wahlkampf geben. Schließlich befinden sich auf der jetzt veröffentlichten Liste der Kandidaten auch viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die dem bisherigen Kammervorstand und insbesondere den Vorgängen rund um das sogenannte Seehaus der Rechtsanwaltskammer München kritisch gegenüberstehen. Um die Immobilie am Starnberger See und deren Nutzung tobt im Prinzip seit 2014 ein Streit.

Spannend wird sein, ob insbesondere die Präsidiumsmitglieder, die infolge des BGH-Urteils aus dem Präsidium ausscheiden mussten, wiedergewählt werden. Denn dies hätte auch Auswirkung auf die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK). Wie berichtet, hatte nach der BGH-Entscheidung der bisherige Präsident der RAK München, Michael Then, auch sein Amt als Schatzmeister der BRAK verloren, da er nun nicht mehr einem Kammervorstandes angehört. Seither führt das Amt des Schatzmeisters kommissarisch der Vizepräsident und Präsident der Rechtsanwaltskammer Hamburg, Christian Lemke. Eine Neuwahl eines Schatzmeisters wäre auf einer BRAK-Präsidentenkonferenz Anfang Januar 2023 oder auf der Hauptversammlung im Mai 2023 möglich. Then könnte dann im Fall seiner Wiederwahl in den Münchner Kammervorstand, auch wieder Schatzmeister der BRAK werden.

Ob die Querelen rund um die RAK München einigermaßen zeitnah ein Ende haben werden, bleibt abzuwarten. Schon jetzt haben die Auseinandersetzungen rund um die Wahlen erheblichen Schaden angerichtet. Dem wichtigen Ehrenamt eines Kammervorstandes ist dies alles nicht dienlich.

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Nach ungültiger Vorstandswahl: Streit in der RAK München geht weiter . In: Legal Tribune Online, 03.11.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50059/ (abgerufen am: 01.12.2023 )

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