In Karlsruhe weht mal wieder ein frischer Wind: Das Bundesjustizministerium hat elf neue Anwältinnen und Anwälte beim Bundesgerichtshof zugelassen. LTO schaut, wer die begehrten und finanziell lukrativen Plätze erhalten hat.
Es ist über zehn Jahre her, dass neue Rechtsanwältinnen und -anwälte beim Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen wurden. Nun wird es in Karlsruhe elf – mehr oder weniger – neue Gesichter geben. Das Bundesjustizministerium (BMJ) die Namen der Juristinnen und Juristen, die als neue Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte beim BGH zugelassen wurden, am Montag veröffentlicht.
Hintergrund ist nach LTO-Informationen, dass der Altersdurchschnitt der zugelassenen BGH-Anwälte bei circa 66 Jahren liegt und man nun die "Zukunft sichern will" und für “Verjüngung” sorgen will. Die bestehende Anzahl an BGH-Anwälten soll aufgestockt werden, so dass es nunmehr 46 statt 35 wären.
Ein grober Überblick: Von den elf Gewählten sind drei Frauen, zehn haben einen Doktortitel, einer ist habilitiert. Drei kommen direkt aus Karlsruhe – ihnen bleibt ein Umzug erspart. Die übrigen Juristinnen und Juristen werden ihren Kanzleisitz noch nach Karlsruhe verlegen müssen.
Wer sind die neuen BGH-Anwältinnen und -anwälte?
Wie üblich haben viele der neuen BGH-Anwälte schon eine beachtliche Karriere in namhaften Kanzleien hinter sich. So ist etwa Ines Bodenstein bislang als Rechtsanwältin bei Gleiss Lutz in Stuttgart tätig. Und der neue BGH-Anwalt Maximilian Menn war bisher Counsel bei Freshfields Bruckhaus Deringer in Frankfurt am Main.
Auch in dem speziellen Bereich des BGH-Anwalts haben die Nachkömmlinge schon Erfahrung gesammelt. Jochen Höger beispielsweise, bislang Partner und Rechtsanwalt bei Siegmann in Karlsruhe, ist schon seit 2008 der amtlich bestellte Vertreter des BGH-Anwalts Prof. Dr. Matthias Siegmann. Genauso Sophie Charlotte Thürk: Die selbstständige Rechtsanwältin aus Karlsruhe ist seit 2021 die amtlich bestellte Vertreterin des BGH-Rechtsanwalts Dr. Thomas Winter.
Andere haben jahrelang in BGH-Anwaltskanzleien mitgearbeitet. Der Rechtsanwalt bei Dr. Eick & Partner Christoph Hugemann arbeitet seit 2007 als Freier Mitarbeiter einer BGH-Anwaltskanzlei. So auch Julia Nobbe. Sie war bisher Rechtsanwältin bei Quinn Emanuel Urquhart & Sullivan und zwischenzeitlich bei der BGH-Anwaltskanzlei Jordan & Hall tätig – gemeinsam mit ihrem neuen Kollegen Arne Quast. Auch er war jahrelang wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Jordan & Hall.
An dieser Stelle reiht sich auch Patrick Schmidt ein, er war bisher Rechtsanwalt und Partner bei NJP Grotstollen in Duisburg und außerdem außerplanmäßiger Professor an der Universität Mannheim. Seinen Lebenslauf schmückt die Mitarbeit bei gleich zwei BGH-Anwälten: BGH-Anwalt Prof. Dr. Achim Krämer und BGH-Anwältin Dr. Maria Hauger. Ebenfalls die Tätigkeit bei einem BGH-Anwalt kann Maximilian Konrad, Rechtsanwalt bei Hoffmann Eitle in München, vorweisen.
Truls Hebrant und Matthias Schröder machen die Gruppe vollständig. Hebrant ist Rechtsanwalt und Gründungspartner bei legalpartner.berlin, Schröder ist Partner und Rechtsanwalt bei Menold Bezler in Stuttgart.
Wie wird man BGH-Anwalt?
Um als Anwalt Zivilsachen vor dem BGH auftreten zu können, müssen die Juristen – anders als in Strafsachen und an allen anderen obersten Gerichtshöfen – in einem speziellen Verfahren zugelassen werden (§ 78 Abs. 1 S. 3 Zivilprozessordnung). Laut der Rechtsanwaltskammer beim BGH – die durch alle BGH-Anwälte gebildet wird – soll dadurch insbesondere Waffengleichheit und ein effektiver Zugang zu höchstrichterlicher Rechtsprechung gewährleistet werden, indem die Parteien von besonders qualifizierten Anwälten vertreten werden, die sich mit den Besonderheiten der Revisionsinstanz auskennen. Den BGH-Anwälten kommt dabei eine "Filterfunktion" zu, die den BGH entlasten soll. Ist ein Fall aussichtslos, sollen sie ihrer Mandantschaft auch davon abraten, die Sache vor die höchste Instanz zu ziehen.
Zugelassen werden kann nur, wer das 35. Lebensjahr vollendet und den Beruf mindestens fünf Jahre ohne Unterbrechung ausgeübt hat. Das Auswahlverfahren ist in den §§ 162 ff. BRAO geregelt. Die Kandidaten und Kandidatinnen müssen durch den Wahlausschuss für Rechtsanwälte beim BGH benannt werden. Dieser besteht aus der BGH-Präsidentin, aus der Präsidentin und Präsidentinnen der Zivilsenate sowie aus den Mitgliedern des Präsidiums der Bundesrechtsanwaltskammer und des Präsidiums der Rechtsanwaltskammer beim BGH. Das Ergebnis der Wahl wird dem Bundesministerium der Justiz mitgeteilt, welches schließlich die Zulassung zum BGH erteilt.
System weiter in der Kritik
Dieses System – die Singularzulassung der BGH-Anwälte – war und ist seit jeher umstritten. Teilweise wird dessen Abschaffung, teilweise jedenfalls eine Reform des Auswahlverfahrens gefordert. Das Bundesverfassungsgericht segnete das System im Jahr 2002 als verfassungsgemäß ab. Im September letzten Jahres hat die Bundesrechtsanwaltskammer auf ihrer Hauptversammlung mit knapper Mehrheit zunächst die Abschaffung der Singularzulassung beschlossen. Der Beschluss wurde später aber aufgrund eines Auszählungsfehlers revidiert und wiederholt — diesmal mit dem Ergebnis, dass die Mehrheit sich gegen die Abschaffung der Singularzulassung ausgesprochen hat.
Auch führt das Auswahlverfahren öfter zu Konkurrenzklagen. Nach Informationen von beck-akuell bestätigte der Berufs- und Insolvenzrechtler Volker Römermann auf Anfrage, dass er nachdem seine Bewerbung erneut keinen Erfolg hatte, wieder eine Konkurrentenklage eingereicht hat.
BMJ veröffentlicht Liste mit elf Namen: . In: Legal Tribune Online, 07.04.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56951 (abgerufen am: 25.04.2025 )
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