RAK Sachsen entzieht BRAK-Vize das Vertrauen: Kein Rück­halt aus den eigenen Reihen

von Hasso Suliak

01.06.2018

Der bei der BRAK für das Thema beA zuständige Vizepräsident, Dr. Martin Abend, steht wegen des Desasters um das Anwaltspostfach schon länger in der Kritik. Am Freitag hat ihm nun seine eigene Kammer in Sachsen das Misstrauen ausgesprochen.

Im März konnte der Vize Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), Dr. Martin Abend, noch einmal durchatmen: Die Kammerversammlung der Rechtsanwaltskammer (RAK) Sachsen war abgebrochen worden, über einen Misstrauensantrag gegen ihn und den noch amtierenden Präsidenten der BRAK, Ekkehart Schäfer, wurde nicht mehr abgestimmt.

Am Mittwochabend war es dann aber soweit: Die RAK Sachsen sprach dem bei der BRAK für das Thema besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) zuständigen Vizepräsidenten mit deutlicher Mehrheit ihr Misstrauen aus: 73 Ja-Stimmen und 40 Nein-Stimmen bei 11 Enthaltungen für den Misstrauensantrag. Der bezog sich anders als noch im März diesmal ausschließlich auf die Person des BRAK-Vizepräsidenten, der wiederum auch bei der RAK Sachsen im Vorstand sitzt.

BRAK-Präsident Schäfer war nicht mehr Adressat des Misstrauensantrags, da er bereits seinen vorzeitigen Rückzug angekündigt hat und Mitte September aus dem Amt scheidet. Schäfers Nachfolger in der BRAK wird der bisherige BRAK-Vize und Präsident der RAK Hamm, Dr. Ullrich Wessels.

Die Unzufriedenheit der Kammermitglieder in Sachsen mit ihrem an die BRAK entsandten Vorstand Abend ist groß: Der Steller des Misstrauensantrags, Rechtsanwalt Herbert Posner aus Plauen, kritisierte in der Kammerversammlung die schleppende Aufklärung seitens der BRAK und mangelnde Transparenz. In der Versammlung wies der Fachanwalt für Strafrecht darauf hin, dass man mit der Aufarbeitung des Problemkreises beA nicht werde warten können, da die Frage der Verjährung im Raum stehe. "Wenn wir abwarten sollen, dann sollten diejenigen, die in der Verantwortung stehen, auf die Einrede der Verjährung verzichten", sagte er Angaben anderer Teilnehmer zufolge.

"Kollegen erwarten freiwilligen Rücktritt" 

Posner merkte auch im Gespräch mit LTO an, dass die sächsische Anwaltschaft nicht verärgert sei, weil das beA nicht starte. Sie sei vielmehr empört über den Umgang der BRAK mit den massiven Sicherheitsmängeln, die nach und nach zu Tage traten. Hauptkritikpunkt der Anwälte ist die mangelnde Transparenz in der Informationspolitik der BRAK. Unter anderem sollen an die regionalen Kammerpräsidenten Schreiben der BRAK versandt worden sein, die bitte nicht veröffentlicht werden sollten. Posner kritisierte auch die Informationspolitik der RAK Sachsen. Er erwarte vom Präsidium Berichte zu eigenen Eindrücken von den BRAK-Versammlungen.

Angesprochen auf den Vorwurf schlechter Informationspolitik, gelobte das Präsidium der RAK Sachsen Besserung: "Wir haben die Kritik der Kammermitglieder zur Kenntnis genommen und werden darauf jetzt auch entsprechend reagieren", versprach die Vizepräsidentin der RAK Sachsen, Alexandra Weiß, im Gespräch mit LTO. Die Anwältin stellte klar, dass man künftig allerdings auch keine Informationspolitik "wie sie die RAK Berlin oder Hamburg betreibt" beabsichtige. "Wir wollen tiefergehender informieren. Das heißt aber nicht unbedingt immer am nächsten Tag", betonte Weiß. Die RAK Berlin hatte ihre Kammermitglieder beispielsweise unmittelbar am Tag nach der der letzten BRAK-Präsidentenkonferenz über die Beschlüsse im Internet informiert.

Wie nun BRAK-Vize Abend mit dem Tatsache umgeht, dass ihm seine eigene Basis das Misstrauen für seine Tätigkeit in Berlin ausgesprochen hat, bleibt abzuwarten. Anfragen von LTO hierzu beantwortete er am Freitag nicht. Rechtsanwalt Posner fand klare Worte: "Viele Kolleginnen und Kollegen erwarten von ihm einen freiwilligen Rücktritt vom Amt als BRAK-Vize. Aber Herr Abend sieht sich als Unschuldslamm, da wird wohl nichts kommen."

"Schief läuft beim beA die Öffentlichkeitsarbeit"

Das Präsidium der RAK Sachsen stellte gegenüber LTO klar, dass Vorstandsmitglied Abend mit dem Votum der Kammermitglieder nun allein klarkommen müsse. "Damit muss er selber umgehen, ich werde ihm keine Belehrungen erteilen", so Vize-Präsident Franz-Josef Schillo. Für die RAK Sachsen ergebe sich aus dem Votum gegen Dr. Abend jedenfalls kein Handlungsbedarf.

Schillo verwies darauf, dass die Kammerversammlung einen weiteren Antrag abgelehnt hatte, der den Vorstand der RAK Sachsen explizit dazu aufgefordert hätte, auf "den Rücktritt des Kollegen Dr. Abend hinzuwirken". Dieser Antrag war in der Versammlung am Mittwoch mit 58 Nein- und 33 Ja-Stimmen bei 32 Enthaltungen abgelehnt worden.

Er hält die Kritik an Martin Abend ohnehin für völlig unbegründet. "Er wird zum Sündenbock für alles gemacht, was beim beA schief läuft", so Schillo. Aber für das, was beim Thema beA in Berlin tatsächlich schief laufe, sei Abend bei der BRAK gar nicht zuständig: "Die Öffentlichkeitsarbeit der BRAK fällt nicht in seinen Bereich", so Schillo. Nach Informationen von LTO fällt die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der BRAK in den Zuständigkeitsbereich des weiteren BRAK-Vizepräsidenten Thomas Remmers.

Zitiervorschlag

Hasso Suliak, RAK Sachsen entzieht BRAK-Vize das Vertrauen: . In: Legal Tribune Online, 01.06.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28923 (abgerufen am: 05.12.2024 )

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