Vor der Kammerversammlung in Düsseldorf: Im Wahl­kampf gegen die Groß­kanz­lei­an­wälte

von Pia Lorenz

21.03.2017

2/2: Veraltete Kammer oder zukunftsfähige Einheit?

Der Jahresbericht von Herbert Schons will diesem Eindruck entgegenwirken. Statt einer mit sich selbst beschäftigten Kammer mit veralteten Strukturen, zeichnet Schons das Bild einer leistungsfähigen Einheit, die trotz der Mehrbelastung durch das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) und die Zulassungsanträge der Syndikusanwälte Kosten einspart.

Die von der Gruppe um Otto und Uwer erhobenen Forderungen nach neuen Governancestrukturen, einem Compliance-Konzept, mehr Transparenz und weniger Entschädigungen für die Mitglieder des Vorstands seien weitgehend bereits erfüllt oder an ihrer Umsetzung werde gearbeitet, erklärt Schons gegenüber LTO. Die Strukturen seien modernisiert und Hierarchien flacher ausgestaltet worden. Dem Vorwurf der Intransparenz hält er entgegen, dass der Haushalt der Kammer von der Kammerversammlung verabschiedet und in den Kammer-Mitteilungen veröffentlicht werde. 

"Auch die Entschädigungsordnung für den Vorstand, die auf der Internetseite der Kammer veröffentlicht wird, ist von der Kammerversammlung, also den Mitgliedern, beschlossen worden", betonte er. Das Präsidium, das die Reformer auf vier Mitglieder schrumpfen wollen, sei mit acht Mitgliedern bereits verkleinert, die Aufwandsentschädigungen seien gesenkt worden. Allein diese Maßnahmen hätten, so Schons, die pauschalen Aufwandsentschädigungen der Präsidiumsmitglieder von 2011 bis 2017 auf das Jahr gerechnet um knapp über ein Drittel reduziert, es seien nur 74.000 statt 112.250 Euro ausgegeben worden.

Der Vorstand arbeitet nach Ansicht des Fachanwalts für Verkehrsrecht äußerst effizient, das Thema sei im Jahr 2016 neu aufgesetzt worden. Die Tagesordnung der Vorstandssitzung sei neu geordnet worden, dieser werde nur noch mit für die Anwaltschaft relevanten Gesetzesvorhaben befasst. Man habe beschlossen, einen Ombudsmann einzuführen. Und: "Aktuell arbeiten wir an der Umsetzung einer  Richtlinie zur Prävention von Korruption und Untreue sowie einer Einkaufsrichtlinie, die der Vorstand nach mehrmonatigen Diskussionen im Februar beschlossen hat."

Freude über die Finanzlage, Geld zurück für die Mitglieder?

Ähnlich positiv liest sich auch der Aufsatz von Schatzmeisterin Leonora Holling, betitelt mit "Freude über die Finanzlage". Das Defizit sei kleiner gewesen als angenommen, weil die Ausgaben reduziert worden seien. Die Kammermitglieder sollen davon, wenn es nach Holling geht, durch Reduzierung der Sonderumlage beA 2017 auf 49,50 Euro profitieren.  

Diesbezüglich gibt es allerdings noch Gesprächsbedarf. Am 5. April soll in einer Vorstandssitzung unter anderem diese Reduktion noch einmal besprochen werden, bevor der Haushalt der Kammerversammlung, also den Mitgliedern, vorgestellt wird.

Geplant ist es zwar nicht, doch bei der Vorstandssitzung könnten auch die Kosten des Arbeitsrechtsstreits gegen die ehemalige Hauptgeschäftsführerin Susanne Offermann-Burckart noch einmal auf den Tisch kommen. Einige Vorstandsmitglieder halten die kalkulierten Rückstellungen nach LTO-Informationen offenbar für nicht ausreichend.

Die Kosten für das Kündigungsschutzverfahren Offermann-Burckart

Es ist auch kein Geheimnis, dass mehrere Vorstandsmitglieder die Kündigungsschutzverfahren, die auch laut Bericht der Schatzmeisterin weit kostenintensiver waren als geplant, gern schnellstmöglich beenden möchten. Präsident Schons, der sich im Übrigen auf seine Schweigepflicht berief, betonte aber gegenüber LTO, dass der Vorstand in dieser Sache bislang keine Entscheidung getroffen habe und es darum auch bei der Vorstandssitzung im April nicht gehen solle. 

Die ehemalige Hauptgeschäftsführerin, der die Kammer nach elf Jahren gekündigt hatte, war mit ihrer Kündigungsschutzklage erstinstanzlich erfolgreich, ein Berufungsverfahren ist anhängig. Die Kammer sprach jedoch eine neue Kündigung aus, gegen die Offermann-Burckart ebenfalls vorgeht. 

Für 2016 hat die Kammer 195.000 Euro zurück gestellt, für 2017 ist noch einmal derselbe Betrag geplant. Die Kosten für das erstinstanzliche Verfahren gegen die erste Kündigung lagen nach Angaben von Holling bei 7.821 Euro. Danach wechselte die Kammer, wie es im Aufsatz der Schatzmeisterin heißt, wegen des für die RAK negativen Ausgangs" den Rechtsberater, "auch bei Anstieg von Verfahrenskosten". Beauftragt wurde nun Dr. Alexander Bissels, für den seitdem weitere 70.000 Euro ausgegeben wurden. Der Arbeitsrechtler kommt aus der Großkanzlei CMS Hasche Sigle.

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, Vor der Kammerversammlung in Düsseldorf: Im Wahlkampf gegen die Großkanzleianwälte . In: Legal Tribune Online, 21.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22439/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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