In einer Image-Studie schneidet der DAV zwar insgesamt recht gut ab. Warum er dennoch genau da schwächelt, wo es den Anwälten am wichtigsten ist, und nur wenig besser ist als die Anwaltskammern, haben wir Ulrich Schellenberg gefragt.
LTO: Sie haben vor wenigen Wochen intern eine nach eigenen Angaben repräsentative Befragung unter Anwälten präsentiert, die der Deutsche Anwaltverein (DAV) mittlerweile alle 3 Jahre erstellen lässt. Von knapp 65.000 DAV-Mitgliedern haben 3.636 (6,06 Prozent), von rund 100.000 adressierten anderen Anwälten weitere 1.554 (1,55 Prozent) an Ihrer Online-Umfrage teilgenommen.
Unter Ihren Mitgliedern verzeichnen Sie zwar recht gute Werte im Bereich Kompetenz und Glaubwürdigkeit, aber in puncto Mitgliederorientierung liegen die Zufriedenheitswerte durchschnittlich schon nur noch im mittleren Bereich. Wie bewerten Sie das?
Schellenberg: Das ist natürlich ein Wert, der uns nicht zufrieden stellt. Unsere Aufgabe wird es sein, den Bedürfnissen unserer Mitglieder noch besser zu entsprechen, da liegt Arbeit vor uns.
Bei Nichtmitgliedern sind die Imagewerte des DAV – erwartbar – niedriger als bei den Mitgliedern. Sowohl bei Mitgliedern und Nichtmitgliedern wird der DAV als kompetent und glaubwürdig eingeschätzt - und das freut uns.
LTO: Sie sprechen es an: Tatsächlich ist die Wahrnehmung des DAV bei den Mitgliedern deutlich positiver als bei den Nicht-Mitgliedern. Aber bewerten Sie das als positives Ergebnis Ihrer guten Arbeit - oder eher als negative Tendenz, weil es Ihnen mit dieser Wahrnehmung schwer fallen dürfte, neue Mitglieder in der Anwaltschaft zu gewinnen?
Schellenberg: Natürlich freuen wir uns, dass all diejenigen, die unsere Arbeit aus nächster Nähe erleben, mit uns auch recht zufrieden sind. Auch freut es uns, dass wir stetig neue Mitglieder gewinnen. Jedes Jahr treten dem Deutschen Anwaltverein insgesamt etwa 2.100 Mitglieder bei, im Jahr 2017 waren es bisher 2.115. Aber natürlich werden wir unsere Kraft darauf richten müssen, die Anwaltschaft jeden Tag aufs Neue von unserer Leistungsfähigkeit zu überzeugen.
Kein klares Differenzierungsmerkmal gegenüber den Anwaltskammern
LTO: Auch wenn der DAV mit einem durchschnittlichen Zufriedenheitswert von 2,2 im Vergleich mit strukturell vergleichbaren Verbänden gut abschneidet, sind seine durchschnittlichen Imagewerte nur wenig besser als die der Anwaltskammern. Auch diese weisen zufriedenstellende Werte in Sachen Kompetenz und Glaubwürdigkeit auf, werden aber – noch ausgeprägter als der DAV – als eher erfolglos, unmodern und konventionell angesehen. Wie erklären Sie sich das, wo die Anwälte dort doch zwangsweise Mitglied sind und diese berufsrechtliche Sanktionen verhängen?
Schellenberg: Der DAV wird in der Anwaltschaft tendenziell als moderner und erfolgreicher wahrgenommen als die Rechtsanwaltskammern. Bei denen, die uns besser kennen, den Mitgliedern der örtlichen Anwaltvereine, ist dies noch stärker ausgeprägt.
Auch die Rechtsanwaltskammern machen einen guten Job. Die Anwaltschaft akzeptiert das Modell der Selbstverwaltung durch die Rechtsanwaltskammern. Unsere Aufgabe ist es aber als Verband, der seine Kraft aus der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft zieht, den größeren Spielraum, den wir im Vergleich zu den Kammern haben, auch im Interesse der Anwaltschaft zu nutzen.
Eines ist aber auch klar: Wenn es um die Durchsetzung der Interessen gegenüber dem Gesetzgeber geht, ist die Anwaltschaft in ihrer Gesamtheit besonders stark, wenn BRAK und DAV ein gemeinsames Ziel verfolgen.
Natürlich heißt das für uns aber auch, dass wir unser Profil gegenüber den Mitgliedern und den Nichtmitgliedern stärker darstellen müssen. Und damit die unterschiedlichen Aufgaben zwischen den Kammern und dem DAV im Interesse der Anwaltschaft noch deutlicher zu machen.
Pia Lorenz, Fragen an den Präsidenten zum Image des DAV: . In: Legal Tribune Online, 15.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26043 (abgerufen am: 11.12.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag