In der Hauptversammlung wurde viel diskutiert, auch über das Anwaltspostfach. Aber das BRAK-Präsidium wurde entlastet, der beA-Beitrag für 2019 festgelegt. Kein kritischer Antrag fand bisher eine Mehrheit, der Transparenzantrag wurde vertagt.
Bei der halbjährlichen Hauptversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) in Koblenz hat es am Freitag nach Angaben der BRAK vor allem bezüglich des Haushalts und des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) eine "kritische und kontroverse" Diskussion gegeben.
In den Ergebnissen schlagen diese sich nicht nieder. Präsidium und Geschäftsführung der BRAK wurden - gegen drei Gegenstimmen und bei einer Enthaltung entlastet, für das Jahr 2019 wurde ein Beitrag von 52 Euro pro Anwalt für den elektronischen Rechtsverkehr beschlossen.
Über den Antrag, der in den bisherigen regionalen Kammerversammlungen am meisten gestellt und angenommen wurde, hat die Hauptversammlung nicht entschieden. Der sog. Transparenzantrag zielt im Wesentlichen darauf ab, dass die BRAK die Quelltexte der Software zum beA offenlegt, externe Sachverständige die Umsetzung und den Betrieb des Systems regelmäßig überwachen sowie darauf, dass die beA-Software mit allen aktuellen Betriebssystemen kompatibel gemacht und gehalten wird. Dieser "recht umfangreiche" Antrag wurde "einvernehmlich auf die nächste Präsidentenkonferenz" vertagt, dort will man in den kommenden Wochen auch das weitere Vorgehen erörtern.
Entlastung erteilt, Nachtragshaushalt beschlossen
Die Hauptversammlung, bei der sich die Präsidenten der 27 regionalen Rechtsanwaltskammern (RAK) sowie der Anwaltskammer beim Bundesgerichtshof treffen, hat dem Präsidium der BRAK und deren Geschäftsführung die Entlastung hinsichtlich der Jahresabschlüsse 2017 – einschließlich des Haushalts für den elektronischen Rechtsverkehr (ERV) – erteilt. Nach Angaben der BRAK geschah das mit deutlicher Mehrheit, nämlich mit drei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen.
Zudem hat man sogar noch einen Nachtragshaushalt 2018 "zum Titel ERV" beschlossen. Update 28. April, 18.31 Uhr: Dieser soll nach Angaben der BRAK dazu dienen, "den Einnahmen-Überschuss im Titel Elektronischer Rechtsverkehr aus dem Jahr 2017 in das Jahr 2018 zu übertragen, soweit er sich auf Leistungen bezieht, die 2017 zwar erbracht wurden, aber wegen noch nicht eingetretener Fälligkeit erst in 2018 gezahlt werden können." Die Vorlage eines Nachtragshaushalts wäre, so eine Sprecherin auf Nachfrage von LTO, nach § 19 der Bundeshaushaltsordnung, wonach Ausgaben für Investitionen in das Folgejahr übertragbar sind, zwar nicht notwendig gewesen. Für mehr Transparenz des Haushaltsgeschehens habe das Präsidium der BRAK sich aber wie in den vergangenen Jahren dazu entschlossen, auch für 2018 einen Nachtragshaushalt vorzulegen. [Ende des Updates]
Der neue Beitrag in Höhe von 52 Euro pro Anwalt für 2019 sei mit nur 2 Gegenstimmen und lediglich einer Enthaltung beschlossen worden.
In der Diskussion hätten die regionalen Kammern betont, "dass die Einrichtung und der Betrieb der Anwaltspostfächer eine gesetzliche Aufgabe der BRAK ist", heißt es in der Mitteilung der BRAK. Es sei "wichtig, dass die beA-Beiträge auch weiterhin an die BRAK entrichtet werden, damit diese Aufgabe erfüllbar bleibt".
Keine Mehrheiten für kritische Anträge
[Update am 3. Mai, 13:10 Uhr*]: Über einen Misstrauensantrag und Rücktrittsforderungen gegen das BRAK-Präsidium wurde am Freitag nicht gesondert entschieden. Das Misstrauensvotum der Mitglieder und die Rücktrittsforderung wurden vom Vertreter der Anwaltskammer Brandenburg nur zur Begründung eines Haushaltsantrags betreffend die Finanzierung des beA vorgetragen, aber nicht gesondert zur Abstimmung gestellt. Es wurde vielmehr über die Haushaltsanträge verhandelt und diskutiert, diese wurden im Anschluss daran abgelehnt.
Der Präsident der Berliner Anwaltskammer hat zwischenzeitlich mitgeteilt, dass er den Misstrauensantrag, für den sich die Kammerversammlung in der Hauptstadt ausgesprochen hatte, am Freitag in der Hauptversammlung nicht gestellt hat. "Denn im Vorfeld der HV sowie im Verlauf der Debatten wurde sehr deutlich, dass die weit überwiegende Zahl der Kammern den derzeitigen Schwerpunkt auf die rasche Wiederinbetriebnahme des beA-Systems legt und über Konsequenzen aus den bisherigen Abläufen und Fehlern erst in der Zukunft debattieren möchte", heißt es in einem Schreiben von Dr. Marcus Mollnau an die Mitglieder der Berliner Kammer. Sehr deutlich sei zudem geworden, "dass die in der Konferenz geäußerten klaren Auffassungen der RAK Berlin zu Verantwortlichkeiten und Ursachen der beA-Krise derzeit von den überwiegenden Kammerpräsidentinnen und -präsidenten nicht, vor allem nicht HV-offen, geteilt werden". [Ende des Updates]
Der Antrag aus Düsseldorf, einen Sonderprüfer hinsichtlich Finanzierung und Projektmanagement des beA oder mit einem engeren Prüfauftrag einzurichten, wurde abgelehnt, offenbar gab es nur drei Befürworter, aber 25 Gegner.
Das Präsidium sieht sich damit in seiner Arbeit bestätigt. "Ich bin erfreut, dass sich die große Mehrheit der Präsidentinnen und Präsidenten hinter das gesamte Präsidium stellt und unsere Arbeit nicht nur schätzt, sondern auch unterstützt", so BRAK-Präsident Ekkehart Schäfer. Er betonte, dass die BRAK "die wertvolle Kritik der Mitglieder in den regionalen Kammern sehr ernst [nimmt] und [...] diese in den weiteren Umsetzungsprozess einfließen lassen" werde.
Abgelehnt worden sind auch die Anträge (vermutlich aus Sachsen) auf Einsetzung eines unabhängigen Untersuchungsgremiums zu Fragen der Ausschreibung, der Vergabe und der Programmierung des beA sowie darauf, das System binnen Jahresfrist auf eine echte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung umzustellen (letzterer wohl von der RAK Saarland). Auch der Antrag auf kurzfristige Umstellung des beA in ein dezentrales einheitliches System (aus Sachsen) fand keine Mehrheit.
Anm. d. Red.: Hier stand zunächst, dass die Präsidenten einen Misstrauensantrag sowie eine Rücktrittsforderung an das Präsidium nach Angaben der BRAK mit lediglich einer Ja-Stimme abgelehnt hätten. Das war eine missverständliche Darstellung, die nur in Teilen auf der missverständlichen Darstellung der BRAK beruht. Tatsächlich wurde gerade nicht ausdrücklich über einen Misstrauensantrag entschieden, da ein solcher gar nicht explizit gestellt wurde. Wir bitten, die Ungenauigkeit zu entschuldigen (pl, 03.05.2018, 13:10 Uhr)
Pia Lorenz, Das Anwaltspostfach in der BRAK-Hauptversammlung: . In: Legal Tribune Online, 27.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28347 (abgerufen am: 09.12.2024 )
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