Verfassungsbeschwerde erfolglos, aber technische Probleme: Das Anwalts­post­fach kann kommen - nach einer Neu-Kon­fi­gu­ra­tion

von Martin W. Huff

22.12.2017

2/2: Der Staat muss nicht auf altbekannten Wegen gehen

Seine Behauptung, das beA werde Kosten nicht reduzieren, sondern vielmehr steigern, habe der klagende Anwalt nicht substantiiert belegt. Eine konkrete Kostenaufstellung hatte er nicht vorgelegt.

Auch seine Behauptung, dass das System nicht sicher sei, habe der Beschwerdeführer nicht belegt, so die 1. Kammer des Ersten Senats. Mit den getroffenen Sicherheitsvorkehrungen habe er sich nicht auseinandergesetzt. Negative Erfahrung mit anderen elektronischen Systemen, die in der Vergangenheit von Hackern angegriffen worden sein, passten auf die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung des Anwaltspostfachs nicht. Ein Restrisiko bestehe immer und sei, auch im überwiegenden Interesse des Gemeinwohls, hinzunehmen.

Die Richter machen in ihrem Beschluss auch noch einen berufsrechtlichen Schlenker. Sie stellen klar, dass es sich bei dem Posteingang im beA um einen ganz normalen "Posteingang" handele, den der Rechtsanwalt im Rahmen seiner Berufs- und haftungsrechtlichen Pflichten bearbeiten müsse. Eine sofortige Kenntnisnahme und auch Bearbeitung seien überhaupt nicht erforderlich.

Die Verfassungsrichter wenden sich mit ihrem Beschluss gegen viele diffuse Ängste der Rechtsanwälte in Bezug auf den modernen und dringend notwendigen neuen Kommunikationsweg. Der Staat dürfe neue Kommunikationswege schaffen, welche die Gerichte und weitere am Rechtsverkehr Beteiligte entlasten, aber nach heutigen Erkenntnissen sicherer seien offen versandte, unverschlüsselte Mails.

Auch der BGH hatte schon einmal einem Richter ins Stammbuch geschrieben, dass er verpflichtet sei, Einträge im Handelsregister elektronisch zu bearbeiten und zur Kenntnis zu nehmen. Es gibt keine Verpflichtung des Staats, nur auf altbekannten Wegen - wie dem Ausdruck auf Papier - zu gehen.

beA-Konfiguration muss geändert werden

Das beA wird also zum 1. Januar 2018 Realität. Das bedeutet nur, dass jeder Rechtsanwalt dortige Posteingänge zur Kenntnis nehmen muss. Auf der sicheren Seite ist man, wenn man auf jeden Fall die Benachrichtigungsfunktion einrichtet, mit der man per Mail auf eine beliebige Mailadresse unterrichtet wird, dass ein Posteingang vorliegt. Den kann man sich dann ansehen. 

Erforderlich ist dafür noch eine Änderung der beA-Konfiguration. Per Sondernewsletter teilte die BRAK am Freitag mit, dass alle beA-Nutzer ein zusätzliches Zertifikat installieren müssen. Die BRAK sei am 21. Dezember 2017 darüber informiert worden, dass ein für die Anwendung notwendiges Zertifikat ab dem 22. Dezember nicht mehr gültig ist, heißt es zur Begründung. Eine Anleitung zur Anpassung der Konfiguration stellt die BRAK hier zur Verfügung (Anm. der Red.: Die Seite für den Download ist allerdings zum Zeitpunkt der Veröffentlichung offline, Fehlermeldung 404).

Wenn in den ersten Januar-Tagen trotz aktuell noch gemeldeter Schwierigkeiten auch die Schnittstellen der großen Anbieter von Anwaltssoftware funktionieren werden, wird sich der neue Kommunikationsweg rasch durchsetzen.

Auch übers beA: Pflicht zur Annahme von Zustellungen von Anwalt zu Anwalt 

Eines ist sicher: Der von vielen Rechtsanwälten benutzte Weg der offenen E-Mail, um mit Mandanten und Kollegen zu kommunizieren, der in den vergangenen Monaten von Datenschützern immer wieder kritisiert worden war, wird durch eine sicherere Kommunikation mit Anwälten, Gerichten und rasch auch mit weiteren Behörden ersetzt werden.

Dabei geht der Rechtsanwalt bei der Nutzung dieses Weges keinerlei berufsrechtliches Risiko ein. Beim beA handelt es sich um einen vom Gesetzgeber eröffneten Weg, der auch genutzt werden darf, ohne dass Anwälte sich sorgen müssten, dass Sicherheitsprobleme – wenn sie denn auftreten sollten - ihnen negativ angerechnet werden könnten.

Ebenfalls zum 1. Januar 2018 sind alle Rechtsanwälte gemäß § 14 BRAO übrigens auch (wieder) berufsrechtlich verpflichtet, die Zustellung von Anwalt zu Anwalt entgegenzunehmen. Auch deshalb sollte man den Posteingang gut kontrollieren. Jetzt ist abzuwarten, ob das beA funktioniert. Bei den Notaren jedenfalls läuft der elektronische Rechtsverkehr bereits seit einigen Jahren sehr gut.

Rechtsanwalt Martin W. Huff ist Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln und in der Sozietät Legerlotz Laschet Rechtsanwälte (LLR) in Köln tätig

Zitiervorschlag

Martin W. Huff, Verfassungsbeschwerde erfolglos, aber technische Probleme: Das Anwaltspostfach kann kommen - nach einer Neu-Konfiguration . In: Legal Tribune Online, 22.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26177/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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