Druckversion
Samstag, 10.06.2023, 15:56 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/juristen/b/bverfg-1bvr137016-verfassungsbeschwerde-zulassung-wahl-bgh-anwalt-nicht-angenommen/
Fenster schließen
Artikel drucken
23462

BVerfG zum Zulassungsverfahren als Rechtsanwalt beim BGH: Keine Grund­rechts­ver­let­zung ersicht­lich

14.07.2017

Bundesverfassungsgericht

© H.D.Volz - stock.adobe.com

Volker Römermann wird nicht als Anwalt beim BGH zugelassen. Das BVerfG hat seine Verfassungsbeschwerde gegen ein gleichlautendes BGH-Urteil nicht zur Entscheidung angenommen. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit sei nicht ersichtlich.

Anzeige

Die Verfassungsbeschwerde des Rechtsanwalts Prof. Dr. Volker Römermann, der sich gegen das Auswahlverfahren für die Zulassung als Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof (BGH) wendet, ist nicht zur Entscheidung angenommen worden. Dies hat  das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit am Freitag veröffentlichtem Beschluss entschieden (Beschl v. 13.06.2017, Az. 1 BvR 1370/16). Die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig, weil sie den Anforderungen an die Beschwerdebegründung nicht genüge.

Römermann nahm als Bewerber am Wahlverfahren für die Zulassung als Rechtsanwalt beim BGH im Jahr 2013  teil. Der Wahlausschuss, bestehend aus 13 Richtern und elf Rechtsanwälten, legte fest, dass ein Bedarf von acht Neuzulassungen angemessen sei. In der anschließenden Wahl erzielte Römermann bei keiner der Abstimmungen eine Mehrheit und wurde daher nicht in die 16 Rangplätze umfassende Wahlliste aufgenommen, die dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zur Entscheidung über die Zulassung vorgelegt wurde. Seine daraufhin gegen den Wahlausschuss erhobene Klage, die auf die Aufnahme in die Wahlliste gerichtet war, wies der BGH ab (Hören Sie hier den LTO-Podcast zum Fall). Weder der Ablauf des Wahlverfahrens noch das vom Wahlausschuss gefundene Ergebnis seien zu beanstanden.

BGH: Nur eingeschränkter Beurteilungsspielraum

Der BGH entschied, dass sich der Wahlausschuss bei der Bedarfsbemessung nach § 168 Abs. 2  Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) an den Bedürfnissen einer geordneten Rechtspflege zu orientieren habe, wobei ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum bestehe. Der Ausschuss habe aber sachgerechte Entscheidungskriterien zugrunde gelegt, sich eine ausreichende Tatsachengrundlage verschafft und ein Ergebnis gefunden, das sich in dem durch die anzulegenden Kriterien vorbestimmten Rahmen halte. Die von dem Ausschuss getroffene Auswahl unter den Bewerbern sei nicht zu beanstanden.

Das in den §§ 164 ff. BRAO normierte Auswahlverfahren, insbesondere die Zugangsbeschränkung des § 168 Abs. 2 BRAO, schränke seine Berufsfreiheit unverhältnismäßig ein, argumentiert Römermann. Die Besetzung des Wahlausschusses verstoße gegen den Grundsatz der freien Advokatur, da eine Mehrheit von Richtern über die Auswahl der Rechtsanwälte beim BGH entschieden habe. Zudem sei die Bedarfsanalyse des Wahlausschusses fehlerhaft.

Weder die im Jahr 2012 gestiegenen Eingangszahlen in Zivilsachen noch die Anzahl der bei den Rechtsanwälten beim BGH tätigen wissenschaftlichen Mitarbeiter seien berücksichtigt worden. Eine verfassungswidrige Chancenungleichheit des Wahlverfahrens liege darin begründet, dass bei der Auswahlentscheidung ein amtierender Rechtsanwalt beim BGH über seinen damaligen Mitarbeiter abgestimmt habe. Letztlich sei die im Rahmen des Wahlverfahrens vorzunehmende Bestenauslese fehlerhaft erfolgt und das Auswahlverfahren verfassungswidrig in nicht ausreichender Art und Weise dokumentiert worden, so Römermann.

BVerfG: Grundrechtsverletzung nicht ersichtlich

Die Karlsruher Verfassungsrichter erteiltem dem aber nun eine Absage und nahmen die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Römermann habe den für die verfassungsrechtliche Überprüfung der Wahlentscheidung geltenden Maßstab nicht berücksichtigt. Gelange der BGH zu einer Bestätigung der Wahl, habe das BVerfG neben der verfassungsrechtlichen Prüfung der für die Wahl maßgeblichen Vorschriften lediglich nachzuprüfen, ob die Beurteilung der gerügten Wahlfehler durch den BGH mit spezifischem Verfassungsrecht vereinbar ist. Dass dies vorliegend nicht der Fall sein könnte, ergebe sich aus der Beschwerdebegründung nicht, so das BVerfG.

Die Möglichkeit eines Verstoßes gegen die anwaltliche Selbstverwaltung sei ebenfalls nicht gegeben. Das alleinige Vorschlagsrecht für die zu ernennenden Rechtsanwälte beim BGH liege nach § 166 Abs. 2 BRAO in den Händen der Rechtsanwaltskammern. Die jeweilige Anzahl der Richter und Rechtsanwälte im Wahlausschuss ergebe sich gemäß § 165 Abs. 1 BRAO aus der jeweils aktuellen Zahl der Zivilsenate und der aktuellen Zusammensetzung der Präsidien der Bundesrechtsanwaltskammer und der Rechtsanwaltskammer beim BGH zuzüglich des BGH-Präsidenten. Diese Zahlen seien daher veränderlich. Warum der Umstand, dass an der konkreten Entscheidung mehr Richter als Rechtsanwälte beteiligt waren, Römermann in seiner Berufsfreiheit verletzen könnte, sei vor diesem Hintergrund weder ausreichend dargelegt worden noch sonst ersichtlich.

acr/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

BVerfG zum Zulassungsverfahren als Rechtsanwalt beim BGH: Keine Grundrechtsverletzung ersichtlich . In: Legal Tribune Online, 14.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23462/ (abgerufen am: 10.06.2023 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Berufs- und Standesrecht
    • Anwaltsberuf
    • Anwaltszulassung
    • Beruf
    • BGH
    • BVerfG
    • Rechtsanwälte
    • Verfassungsbeschwerde
    • Wahlen
  • Gerichte
    • Bundesverfassungsgericht (BVerfG)
10.06.2023
Anwaltsberuf

Verfolgt und unter Druck: Preis für iranische Anwälte:

"Wenn die Welt hin­schaut, lässt sich das Regime beein­dru­cken"

Die Holtfort-Stiftung zeichnet sechs iranische Anwälte für ihren Einsatz für Bürger- und Menschenrechte aus. Abgeordnete des Bundestags übernehmen politische Patenschaften, ebenso der RAV. Die Öffentlichkeit soll vor Repression schützen. 

Artikel lesen
09.06.2023
Trump (Donald)

Affäre um geheime Regierungsdokumente:

Trump nun auch vor Bun­des­ge­richt ange­klagt

Donald Trump muss sich ein weiteres Mal strafrechtlich verantworten. Er soll geheime Dokumente aus seiner Präsidentschaft später in seinem Privatanwesen gelagert haben. Die Anklage eines Ex-Präsidenten auf Bundesebene ist historisch.

Artikel lesen
10.06.2023
Reise

Neue EU-Verordnung zu Fahrgastrechten:

Wann gibt es jetzt noch bei Ver­spä­tung Geld zurück?

Bisher musste die Bahn bei Verspätung einen Teil des Fahrpreises erstatten, und zwar ohne, dass es auf den Grund für die Verspätung ankam. Doch mit der neuen EU-Fahrgastrechte-Verordnung wird es kompliziert, erläutert Rudi Ruks. 

Artikel lesen
09.06.2023
Abfindung

Keine Einigung im Millionenstreit "Springer vs. Reichelt":

Sch­lechte Karten für Axel Springer

Der Springer-Verlag will zwei Millionen Euro Abfindung von seinem ehemaligen Chefredakteur Reichelt zurückerhalten, weil er vertrauliche Nachrichten weitergegeben habe. Nach einem gerichtlichen Sieg des Verlages sieht es nicht aus.  

Artikel lesen
08.06.2023
Medien

Schertz Bergmann übernimmt Vertretung:

Till Lin­de­mann geht in den Angriffs­modus über

Mehrere Frauen erheben schwere Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann. Es geht um K.O.-Tropfen, Alkohol und sexuelle Handlungen. Der Sänger kündigt nun mit Schertz Bergmann Rechtsanwälten rechtliche Schritte wegen der Vorwürfe an.

Artikel lesen
07.06.2023
Diskriminierung

Diskriminierungsvorwurf in München:

Jura­fa­kultät der LMU dis­tan­ziert sich von Semina­ran­kün­di­gung

An der LMU sorgt eine Seminarankündigung zum Arbeitsrecht für Aufsehen. Die zu diskutierenden Rechtsfragen darin seien diskriminierend und herablassend formuliert worden. Nun distanziert sich das Professorium von den Passagen seines Kollegen.

Artikel lesen

Jobsuche

Suchoptionen
TopJOBS
Ju­rist als Di­gi­tal Con­tent Ma­na­ger / Re­dak­teur (m/w/d)

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , Hürth

Key Ac­co­unt Ma­na­ger Pu­b­lic (Ho­me Of­fice) (m/w/d)

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , 100% Re­mo­te

Re­fe­ren­da­re (m/w/d) für ver­schie­de­ne Rechts­ge­bie­te

Görg , Ham­burg

PRAK­TI­KAN­TEN (M/​W/​D) AR­QIS SUM­MER SCHOOL 2023

ARQIS , Düs­sel­dorf

Wis­sen­schaft­li­che*r Mit­ar­bei­ter*in/Re­fe­ren­dar*in/Dok­to­rand*in (m/w/d) ...

Becker Büttner Held , Mün­chen

WO­MEN@­C­LIF­FORD­CHAN­CE - KAR­RIE­R­E­WORK­SHOP

CLIFFORD CHANCE Partnerschaft mbB , Frank­furt am Main

Se­nior Di­gi­tal Pro­duct Ma­na­ger - WKO (m/w/d)

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , Hürth

Stu­den­ti­sche Aus­hil­fen (w/m/d)

Johlke Niethammer & Partner , Ham­burg

Re­fe­ren­da­re (m/w/d) al­le Fach­be­rei­che

Oppenhoff , Frank­furt am Main

Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder Frei­be­ruf­ler

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Alle Stellenanzeigen
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH