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BGH zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach: Auch Anwälte im EU-Aus­land müssen das beA nutzen

24.06.2025

Ein Mann tippt auf einer Tastatur

Die beA-Pflicht gilt auch für europäische Anwälte, so BGH. Foto: stock.adobe.com / New Africa

Ein österreichischer Anwalt legte Beschwerde per Fax und Post bei einem Gericht in Deutschland ein. Der BGH stellt klar: Auch Anwälte, die ihren Sitz im Ausland haben, müssen Dokumente elektronisch übermitteln.

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In einem grenzüberschreitenden Vollstreckungsverfahren hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt (Beschl. v. 15.5.2025, Az.: IX ZB 1/24): Auch europäische Rechtsanwälte sind zur Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) verpflichtet. Und: Bei einem österreichischen Rechtsanwalt genügt die Unterschrift zu Beginn eines bestimmenden Schriftsatzes dem Schriftlichkeitserfordernis.

Hintergrund war ein Beschluss des Landgerichts (LG) Traunstein. Dieses erteilte dem Gläubiger eine Vollstreckungsklausel für einen österreichischen Zahlungsbefehl. Der Schuldner mandatierte daraufhin eine in Österreich ansässige Rechtsanwaltskanzlei, die gegen die Entscheidung Beschwerde beim LG einlegte. Doch die Beschwerde wurde nicht elektronisch über das beA nach § 130d Zivilprozessordnung (ZPO), sondern ausschließlich per Fax und Post eingereicht. Außerdem war dem Schriftsatz ein Rubrum vorangestellt, auf dem der österreichische Rechtsanwalt seine handschriftliche Unterschrift setzte. 

Das LG gab die Beschwerde an das Oberlandesgericht (OLG) ab. Dieses hob auf die Beschwerde den angefochtenen Beschluss auf und verwies die Sache zurück an das LG. Dagegen legte der Gläubiger Rechtsbeschwerde beim BGH ein – mit Erfolg.

Unterschrift im Rubrum genügt 

Eine zentrale Frage war: Genügt eine Unterschrift zu Beginn der Beschwerdeschrift dem Schriftlichkeitserfordernis, welches bei bestimmenden Schriftsätzen gilt? Ja, so der BGH. Allerdings nur dann, wenn das nationale Verfahrensrecht diese Form ausdrücklich zulässt. Eine Unterschrift im Rahmen des Rubrums zu Beginn des Schriftsatzes gestattet das österreichische Verfahrensrecht. Für den BGH stehe mithin fest, dass es sich bei dem Schriftsatz nicht nur um einen Entwurf handele, sondern dieser mit Wissen und Wollen des Rechtsanwaltes dem Gericht zugeleitet worden sei. 

Fehlendes Einvernehmen eines Einvernehmensanwalt?

Nach § 78 Abs.1 Satz 1 ZPO herrschte im vorliegenden Verfahren Anwaltszwang. Dies hat zur Folge, dass der dienstleistende europäische Rechtsanwalt, nur dann als Vertreter oder Verteidiger seines Mandanten auftreten darf, wenn er im Einvernehmen mit einem in Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt (Einvernehmensanwalt) handelt (§ 28 Abs.1 Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG)). Dieses Einvernehmen muss bei der ersten Handlung gegenüber dem Gericht schriftlich nachgewiesen werden, ansonsten sind die Handlungen unwirksam (§ 29 Abs. 1, Abs.3 EuRAG). 

Trotz, dass der österreichische Rechtsanwalt einen vorliegenden Nachweis nicht erbrachte, war die Einlegung der Beschwerde wirksam, so der Senat. Dies folge aus dem Grundsatz der Meistbegünstigung. Denn das LG habe unzulässigerweise das Verfahren nach dem Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG) behandelt. Da bei diesem die Beschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden kann (§ 11 Abs. 1 Satz 1 AVAG, § 78 Abs.3 ZPO), durfte der österreichische Rechtsanwalt darauf vertrauen, dass ein Einvernehmen nicht erforderlich ist, so der BGH.

beA-Pflicht auch für europäische Anwälte

Für die Einreichung des Schriftsatzes galt jedoch § 130d ZPO. Der Schriftsatz des österreichischen Rechtsanwaltes war mangels Nutzung des beA als Prozesserklärung unwirksam, entschied der BGH. 

Europäische Rechtsanwälte seien zur Einreichung der Beschwerdeschrift in elektronischer Form gem. § 130d Satz 1 ZPO verpflichtet. Dies Nutzungspflicht ergebe sich aus § 27 Abs.1 Satz 1 EuRAG. Danach sei der dienstleistenden europäischen Rechtsanwalt im Hinblick auf Rechte und Pflichten einem in Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt gleichgestellt. Eine Ausnahmevorschrift bestehe nicht. Europäische Rechtsanwälte könnten die Einrichtung des beA beantragen (§ 27a Abs.1 Satz 1 EuRAG), so der Senat.

Offengelassen hat der BGH, ob die Dienstleistungsfreiheit eine Ausnahme von der aktiven Nutzungspflicht (§ 130d ZPO) für europäische Rechtsanwälte erfordere. 

ail/LTO-Redaktion

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BGH zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach: . In: Legal Tribune Online, 24.06.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/57486 (abgerufen am: 17.11.2025 )

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