Wer angestellt als externer Datenschutzbeauftragter für Kunden des Arbeitgebers bestellt wird, bekommt keine Syndikusrechtsanwaltszulassung. Warum das laut BGH keine "Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers" sind, zeigt Martin W. Huff.
Rund 18.000 Syndikusrechtsanwälte dürften zurzeit in Deutschland nach dem seit 1. Juni 2016 geltenden Recht für ihre Tätigkeit bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber von den 27 regionalen Rechtsanwaltskammern zugelassen sein. Doch einige grundsätzliche Fragen der Zulassung muss der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs (BGH) noch klären.
Eine davon betrifft die Auslegung des Merkmals "Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers". Denn als Syndikusrechtsanwalt kann gemäß § 46 Abs. 5 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) nur zugelassen und tätig werden, wer solche Rechtsangelegenheiten wahrnimmt.
Das ist jetzt geschehen. Der Senat hat mit einer am Freitag veröffentlichten Entscheidung klargestellt, dass die Tätigkeiten in "Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers" eine Tatbestandsvoraussetzung für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ist. Und dass eine externe Datenschutzbeauftragte nicht in diesem Sinne anwaltliche Beraterin ihres Arbeitgebers ist (BGH, Urt. v. 02.07.2018, Az. AnwZ (Brfg) 49/17). Aber einige Fragen sind weiter offen.
Kammer & AGH: Keine Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers
Eine niedergelassene Rechtsanwältin war seit 2011 bei ihrem Arbeitgeber, einem großen Dienstleistungsunternehmen, das Kunden im Bereich Datenschutz berät, als "Consultant Datenschutz und IT-Compliance" beschäftigt. Insbesondere wurde sie als externe Datenschutzbeauftragte für Kunden ihres Arbeitgebers bestellt und auch intensiv tätig.
Nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts der Syndikusrechtsanwälte beantragte sie bei der Rechtsanwaltskammer (RAK) Hamburg die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin. Denn als externer Datenschutzbeauftragter sei sie in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers tätig. Nach den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes sei sie fachlich unabhängig und nicht weisungsgebunden. Für die Kunden ihres Arbeitgebers erteile sie Rechtsrat, prüfe Rechtsfragen, führe Vertragsverhandlungen und trete eigenverantwortlich nach außen auf, so dass sie alle Merkmale für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erfülle (§ 46 Abs. 3 BRAO).
Die RAK Hamburg lehnte die Zulassung ab. Und zwar insbesondere deswegen, weil die Juristin zwar auch in geringem Umfang anwaltliche Dienstleistung für ihren Arbeitgeber erbringe, aber im Wesentlichen als externe Datenschutzbeauftragte tätig sei. Diese Tätigkeit nehme sie, so die Kammer, zwar weisungsfrei aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen zum Datenschutz vor. Aber gerade das führe dazu, dass es sich nicht mehr um eine Tätigkeit für ihren Arbeitgeber handele, die Antragstellerin also nicht mehr in "Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers" tätig werde. Denn sie stehe "im Lager" allein des Kunden und nicht mehr ihres Arbeitgebers. Damit könne sie die Voraussetzungen für die Zulassung nicht erfüllen.
Auch der Anwaltsgerichtshof in der Hansestadt wies im August 2017 die Klage der Antragstellerin ab. Dieses Urteil hat der Anwaltssenat des BGH nun bestätigt. In seiner knapp 40 Seiten umfassenden Entscheidung begründen die Anwaltsrichter ausführlich, warum eine Zulassung in diesem speziellen Fall nicht möglich war.
BGH bestätigt: Externe Datenschutzbeauftragte berät Kunden, nicht den Arbeitgeber
Der Senat stellt zunächst klar, dass die Tätigkeiten in "Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers" eine Tatbestandsvoraussetzung für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ist. Diese Voraussetzung muss also erfüllt sein, damit eine Zulassung erfolgen kann. Die Regelung des § 46 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 BRAO ist, so stellt der Senat klar, nicht bloß eine Einschränkung der Rechtsdienstleistungsbefugnis des Syndikusrechtsanwalts, sondern echte Tatbestandsvoraussetzung. So habe es der Gesetzgeber, dessen Motive der BGH ausführlich auswertet, gewollt.
Und diese Voraussetzung erfüllt die Rechtsanwältin nicht. Es reiche nämlich nicht aus, dass die Arbeitgeberin der Anwältin sich gegenüber ihren Kunden zu Erbringung bestimmter Dienstleistungen, auch zur Stellung externer Datenschutzbeauftragter, verpflichtet hat und dazu die Anwältin einsetzt. Auch wenn diese bei ihr angestellt ist und allein von ihr vergütet wird, handelt es sich bei den von einem Datenschutzbeauftragten zu erfüllenden Aufgaben nach neuem wie nach altem Datenschutzrecht um Rechtsangelegenheiten der jeweiligen Kunden der Arbeitgeberin. Sie sind es, denen es nach den gesetzlichen Vorschriften obliegt, die datenschutzrechtlichen Obliegenheiten zu erfüllen. Damit berät die externe Datenschutzbeauftragte überwiegend allein die Kunden ihrer Arbeitgeberin – und ist damit nicht mehr die anwaltliche Beraterin ihrer Arbeitgeberin.
Auch die Ausnahmetatbestände der Beratung von Verbandsmitgliedern (z.B. Gewerkschaften, Arbeitgeber, Mieter und Vermieter) ändern daran aus Sicht des Anwaltssenats nichts. Auch eine Beratung verbundener Unternehmen, die noch als Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers gemäß § 46 Abs. 5 Satz 2 BRAO angesehen werden, liege nicht vor. Der BGH sieht im Falle des externen Datenschutzbeauftragten auch keinen Raum für eine Analogie oder eine planmäßige Regelungslücke. Geprägt sei das Arbeitsverhältnis auch durch fremde wirtschaftliche Interessen, nämlich die des Kunden des Arbeitgebers.
Das Grundrecht der Berufsausübung gemäß Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz sieht der Senat dadurch nicht beeinträchtigt. Zwar werde in die Berufsfreiheit eingegriffen, dieser Eingriff sei aber verhältnismäßig.
Was noch nicht entschieden ist
Mit dem ausführlich begründeten Urteil sieht der Anwaltssenat zu Recht die Tätigkeit des externen Datenschutzbeauftragten nicht als Syndikustätigkeit an.
Er folgt damit der nahezu einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur. Zugleich stellt er aber auch klar, dass auch eine Tätigkeit im Bereich des Datenschutzes sehr wohl eine "Rechtsangelegenheit des Arbeitgebers" sein kann. Dann nämlich, wenn sie intern von (juristischen) Mitarbeitern des Arbeitgebers wahrgenommen wird. Diese Tätigkeit kann dann für die internen Datenschutzbeauftragten oder anderweitig mit dem Datenschutz befasste Rechtsanwälte sehr wohl eine Syndikustätigkeit darstellen.
Allerdings bleiben weiterhin Fragen offen, auch dazu, was "Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers" sind. Diese wird der Bundesgerichtshof voraussichtlich am 15. Oktober 2018 beantworten, denn dann stehen insgesamt drei aktuelle Rechtsfragen zur Entscheidung an.
Zum einen wird zu klären sein, ob es Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers sind, wenn dieser Arbeitgeber ausdrücklich über eine Rechtsberatungsbefugnis nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz oder der Gewerbeordnung verfügt und diese ein Rechtsanwalt für ihn übernimmt. Die Anwaltsgerichtshöfe haben in dieser Fallkonstellation, in der die Dienstleistung – anders als beim externen Datenschutzbeauftragten - ja im Auftrag und für den Arbeitgeber erbracht wird, bisher unterschiedlich entschieden.
Und schließlich wird der BGH an diesem Tag auch die umstrittene Frage entscheiden, ob und unter welchen Umständen Tätigkeiten im öffentlichen Dienst als Syndikustätigkeiten angesehen werden können. Und es wird um die Frage gehen, was die anwaltliche Tätigkeit prägt, wenn eine weitere Tätigkeit ausgeübt wird.
Der Autor ist Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln und Rechtsanwalt in der Sozietät Legerlotz Laschet Rechtsanwälte in Köln. Er vertritt zahlreiche Syndikusanwälte in Zulassungsfragen.
Grundsatzentscheidung des BGH: . In: Legal Tribune Online, 06.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30185 (abgerufen am: 02.12.2024 )
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