BGH bejaht Berufsrechtsverstoß: Das Ende der Of Counsel in Anwalts­kanz­leien?

Gastbeitrag von Martin W. Huff

28.08.2020

Of Counsel sind in Mode, besonders mit hochdekorierten juristischen Beratern schmücken Kanzleien sich gern. Der BGH sieht in dieser Zusammenarbeit aber eine unzulässige gemeinsame Berufsausübung mit Nichtanwälten, zeigt Martin W. Huff.

Viele Rechtsanwaltskanzleien werben auf dem Briefbogen und im Internet mit nichtanwaltlichen Beratern, seien es Hochschulprofessoren, Beamte oder ehemalige Richter. Sie wollen damit bewusst den Eindruck erwecken, ihre Mandatsarbeit würde durch besonderen Sachverstand unterstützt.

So auch in einer Sozietat in Hannover. Die in der Form einer Partnerschaftsgesellschaft organisierten Anwälte haben mit einem Professor für Arbeitsrecht an einer Fachhochschule, der bis 2005 Rechtsanwalt war, seitdem aber nicht mehr zugelassen ist, einen "Of-Counsel-Rahmenvertrag" geschlossen. Nach diesem Vertrag berät Prof. P. "in einzelnen Mandaten, insbesondere im Arbeitsrecht". Sein Aufgabenbereich umfasst auch weitere Beratungen, unter anderem auch die "Fertigung von Gutachten, Schriftsätzen, Vertragsentwürfen, Betriebsvereinbarungen… und die Begleitung und Vertretung von Mandanten bei außergerichtlichen Verhandlungen". Enthalten ist auch eine Verschwiegenheitsverpflichtung.

Ausdrücklich ist in dem Vertrag geregelt, dass der Professor auf dem Briefkopf und insbesondere im Internet als "Of Counsel" aufgenommen wird. Aufgeführt ist der Professor (Stand: 27.8.2020) im Internetauftritt der Kanzlei unter Rubrik "Unsere Anwälte/Berater". Im Rahmen der Auseinandersetzung mit der zuständigen Rechtsanwaltskammer Celle hat die Kanzlei die Formulierung geändert und formuliert jetzt: "Herr Prof. Dr.  ist nicht Partner der Partnerschaftsgesellschaft. Er begleitet bei Bedarf und auf Wunsch der Mandanten die beauftragten Rechtsanwälte bei der Betreuung von Mandanten als Of Counsel (externer Berater)."

Anwaltskammer: Verstoß gegen § 59a BRAO

Doch auch diesen Hinweis sah die Rechtsanwaltskammer Celle als nicht ausreichend an und erteilte einem der Partner der Partnerschaftsgesellschaft einen sogenannten "belehrenden Hinweis" in Form eines Verwaltungsakts. Dort wurde  festgestellt, dass die Zusammenarbeit mit dem Professor als unzulässige gemeinsame Berufsausübung anzusehen sei. Damit werde gegen § 59a der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) verstoßen. Die Vorschrift sieht nur eine Zusammenarbeit mit sozietätsfähigen Berufen (z.B. Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern) vor.

Gegen diesen Hinweis klagte der betroffene Partner der Kanzlei in nunmehr zwei Instanzen erfolglos. Nachdem der Niedersächsische Anwaltsgerichtshof seine Klage abgewiesen hatte, unterlag er nun auch vor dem Bundesgerichtshof (BGH).

In einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss (v. 22.7.2020, Az. AnwZ (Brfg) 3/20) hat der Anwaltssenat mit einer ausführlichen Begründung seinen Antrag auf Zulassung der Berufung der  Hannoveraner Rechtsanwaltskanzlei abgelehnt. Und damit auch zumindest der derzeit häufig praktizierten Praxis der Of Counsel in Kanzleien einen Riegel vorgeschoben.

BGH: Verstoß gegen § 59a BRAO

Der Anwaltssenat folgt der Ansicht der Rechtsanwaltskammer und des Anwaltsgerichtshofs, dass es sich hier um eine nach § 59a Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) unzulässige Berufsausübung handele. Denn die vertraglich geregelte und auch im Internet beschriebene Tätigkeit des  Professors ohne Anwaltszulassung weise ihn als anwaltlichen Mitarbeiter für die Kanzlei aus, für die er als Nichtanwalt so nicht tätig werden darf.  Genau dies verbietet nämlich § 59a BRAO. Die Vorschrift untersagt Rechtsanwälten eine Zusammenarbeit mit nicht verkammerten Berufen, beschränkt zulässige Sozietäten also auf Steuerberater, Wirtschaftsprüfer u.ä. Der FH-Professor fällt nicht unter diese Berufsträger. Die Mandatsmitarbeit ist ihm also in der nach außen auftretenden Form untersagt.

Die Zusammenarbeit der Hannoveraner Sozietät mit Prof. P. sei in der Form eines Rahmenvertrags verstetigt und auf längere Dauer angelegt. Die Vertragsgestaltung zeige auch, dass der Of Counsel P. nicht bloß zuarbeiten solle, die Mandatsdurchführung also bei der Kanzlei verbliebe. Nur eine solche Zuarbeit wäre aber erlaubt, nicht mehr.

Diese Zusammenarbeit mit Prof. P. könnte, so der BGH, zum Beispiel als "Kooperation" beworben werden, nicht aber mit der Aufführung als "Of Counsel" im Internet und auf dem Briefbogen. Die Tätigkeit eines Of Counsel ist auf eine Rechtsberatung nach außen gerichtet und genau damit werde auch geworben, stellt der BGH klar. Dies sei so aber unzulässig, auch wenn das Bundesverfassungsgericht eine Zusammenarbeit mit Ärzten und Apothekern mittlerweile erlaubt hat.

§ 59a BRAO verfassungsgemäß

Die Regelung des § 59a BRAO hält der Anwaltssenat des BGH zumindest insoweit für verfassungsgemäß, als es für den Fall von Prof. P. relevant ist. Deshalb legt er das Verfahren nicht dem BVerfG vor.

Der Senat sieht auch keinen Verstoß gegen die anwaltliche Berufsfreiheit. Der Gesetzgeber dürfe gerade Berufe von der gemeinschaftlichen Berufsausübung ausschließen, bei denen ein ausreichendes Maß an Verschwiegenheit nicht gesichert ist. Das sei auch bei einem  juristischen Hochschullehrer nicht der Fall,  eine bloß vertragliche Bindung reiche bei weitem nicht aus. Dies habe der Senat auch in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Berufsbetreuern und Mediatoren entschieden. Zwar können nach der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Reform des § 203 StGB auch Dienstleister etc. von der Verschwiegenheitspflicht mit umfasst sein. Diese haben aber eine andere Stellung als der im Mandat tätige Professor, so dass dieses Argument für eine Tätigkeit des Of Counsel nicht herangezogen werden kann.

Damit darf die Kanzlei nicht mit dem Of Counsel zusammenarbeiten.

Weitreichende Konsequenzen für den Anwaltsmarkt

Der BGH sorgt damit für wünschenswerte Klarheit. Der Verbraucher muss erkennen können, wer Berufsträger einer Kanzlei ist und mit wem er es zu tun hat. Die Aufnahme von externen "Beratern" im Außenauftritt der Kanzlei (Briefbogen, Internet etc.) verstößt eindeutig gegen die BRAO, besonders wenn der Eindruck erweckt wird, diese Externen seien im Mandat eigenständig beratend tätig. Erlaubt ist einer Kanzlei natürlich, darauf weist der BGH auch hin, für gutachterliche Tätigkeiten für die Rechtsanwälte Berater hinzuzuziehen, auch das im Hinblick auf die erforderliche Verschwiegenheit aber auch nur mit Zustimmung des Mandanten. Das ist aber etwas gänzlich anderes als die Tätigkeit von Prof. P., über die der BGH zu entscheiden hatte. 

Der Beschluss des BGH wird weitreichende Konsequenzen haben. Viele Kanzleien werben mit "Of Counsel", die keine zugelassenen Rechtsanwälte sind und mit denen sie auch keine gemeinsame Sozietät betreiben dürfen. Sie alle müssen jetzt die Briefbögen und Internetauftritte ändern. Vertragliche Vereinbarungen wie die der Hannoveraner Kanzlei verstoßen gegen ein gesetzliches Verbot und sind damit wohl gem. § 134 BGB nichtig. Die Rechtsanwaltskammern werden dazu viele Fragen zu beantworten haben.

Interessant ist auch, dass die betroffene Kanzlei ihren Internetauftritt bisher nicht geändert hat, obwohl ihr der Beschluss des BGH zugestellt worden sein muss. Der BGH veröffentlicht seine Entscheidungen nämlich erst dann auf seiner Webseite, wenn diese den Parteien zugestellt worden sind. Nicht zuletzt stellt sich auch die Frage, ob die Hochschule den Vertrag zwischen Professor und Kanzlei kennt. In der Regel handelt es sich um eine Nebentätigkeit eines Professors, für die die erforderliche Erlaubnis nicht so ohne weiteres erteilt wird.

Der Autor Martin W. Huff ist Rechtsanwalt in der Kanzlei LLR in Köln und Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln.

Zitiervorschlag

BGH bejaht Berufsrechtsverstoß: . In: Legal Tribune Online, 28.08.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42624 (abgerufen am: 04.10.2024 )

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