Eine Volljuristin, die als Schadenanwältin für einen Versicherer tätig ist, kann als Syndikusanwältin zugelassen werden. Das gilt auch, wenn ihr Arbeitsvertrag nachträglich geändert wurde, entschied der Anwaltssenat des BGH.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einen Antrag der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) auf Zulassung einer Berufung zurückgewiesen, der sich gegen die Zulassung einer Volljuristin als Syndikusanwältin wandte (Beschl. v.12.02.2018, Az. AnwZ (Brfg) 15/17).
Die Beschäftigte einer Versicherung, die dort im Bereich Haftpflicht seit 2007 als Juristin arbeitete, wurde von der Rechtsanwaltskammer (RAK) Köln im Mai 2016 als Syndikusanwältin zugelassen. Ihr ursprünglicher Arbeitsvertrag war nach Inkrafttreten des Syndikusanwälte-Gesetzes am 1. Januar 2016 im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber abgeändert worden.
Obgleich ihr Arbeitgeber der Juristin die Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen einer Syndikustätigkeit nach § 46 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) bescheinigte, wandte sich die Rentenversicherung dagegen, zunächst vor dem Anwaltsgerichtshof (AGH) Nordrhein-Westfalen - ohne Erfolg. Auch die Zulassung ihrer Berufung hat der BGH nun abgelehnt.
BGH: Keine Zweifel an fachlicher Unabhängigkeit
Der Juristin war in einem "Nachtrag" zum ursprünglichen Anstellungsvertrag von ihrem Arbeitgeber die unabhängige Ausübung und Weisungsfreiheit bei der anwaltlichen Tätigkeit zugesichert worden. Das Unternehmen bestätigte auch, dass sie bei der Bearbeitung und Bewertung bestimmter Rechtsfragen eigenverantwortlich handele und den Pflichten des anwaltlichen Berufsrecht unterworfen sei. Regelungen im ursprünglichen Arbeitsvertrag, die der fachlichen Unabhängigkeit entgegenstehen könnten, wurden nachträglich aufgehoben.
Der DRV nahm hingegen an, die Juristin sei im Rahmen ihres ursprünglichen Anstellungsvertrags fachlich nicht unabhängig gewesen, sondern vielmehr erst mit dem Nachtrag zum Arbeitsvertrag in die unabhängige Arbeit einer Syndikusanwältin "mutiert". Die Syndikustätigkeit der Schadenanwältin stehe nur auf dem Papier, in Wahrheit habe sich ihre Tätigkeit nicht geändert.
Der BGH hält all diese Einwände für unbegründet. Eindeutige vertragsändernde Unterlagen und Erklärungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmerin dokumentierten die fachliche Unabhängigkeit der Juristin im Unternehmen. Der Anwaltsgerichtshof sei auch nicht verpflichtet gewesen, über "die hinreichend klaren" schriftlichen Unterlagen hinaus Ermittlungen anzustellen, heißt es in dem Beschluss.
Auch andere Zweifel der DRV an der fachlichen Unabhängigkeit der Anwältin im Unternehmen teilt der BGH nicht. Aufsichtsrechtliche Bestimmungen - die speziell die Beschäftigten in Versicherungen betreffen - stünden einer weisungsfreien Tätigkeit als Syndikusrechtsanwältin nicht entgegen. Eine grundsätzliche Bedeutung der Sache, die die Zulassung der Berufung hätte rechtfertigen können, erkennt der Senat in seiner Entscheidung nicht.
Der Geschäftsführer der RAK Köln, Martin W. Huff, der selbst seit Jahren Syndikusanwälte anwaltlich betreut, freute sich im Gespräch mit LTO über die Entscheidung: "Es bleibt zu hoffen, dass sich eine ganze Reihe weiterer, ähnlicher Anträge der Rentenversicherung auf Zulassung der Berufung nach dieser Entscheidung erledigt."
hs/LTO-Redaktion
BGH lässt Berufung der DRV nicht zu: . In: Legal Tribune Online, 29.03.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27801 (abgerufen am: 01.12.2024 )
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