Das Anwaltspostfach geht live. Wie sicher es ist, weiß niemand. Über 100.000 Anwälte haben sich nicht einmal angemeldet. Dabei müssen alle die Post im beA ab sofort gegen sich gelten lassen. Und einige sollten sich besonders beeilen.
Nun also wirklich, zum zweiten Mal. Und dieses Mal soll es richtig werden. Die Sicherheitslücken, welche die für Umsetzung und Betrieb verantwortliche Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) gezwungen hatten, es vor Weihnachten vergangenen Jahres wieder vom Netz zu nehmen, sollen beseitigt sein oder bald im laufenden Betrieb beseitigt werden: Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ist am Montag wieder online gegangen, nach LTO-Informationen ist der Start plangemäß abgelaufen.
Nun werden sich am Montag voraussichtlich zehntausende Rechtsanwälte im System erstregistrieren und anmelden. Unmittelbar ab diesem Tag müssen alle Anwälte nämlich Dokumente, die per beA an sie zugestellt werden, gegen sich gelten lassen. Dabei geht das Gerücht um, dass die Gerichte beabsichtigten, ab Montag Dokumente auf elektronischem Weg zuzustellen. Wer sich bereits im System angemeldet und Rechte an Mitarbeiter vergeben hatte, sollte diese am Montag sofort nach der Inbetriebnahme überprüfen – der Ex-Kollege könnte sonst noch mitlesen.
Obwohl Größe und Anzahl der elektronischen Dokumente, die über das beA an die Justiz versandt werden können, bis auf Weiteres beschränkt ist, wird schon die Inbetriebnahme herausfordernd für ein System, von dem bislang nicht einmal seine Betreiber genau wissen, wie die Realbedingungen, geschweige denn eine Volllast aussehen werden. Eine Gruppe von Anwälten, welche die BRAK auf Einführung einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verklagt, ruft dazu auf, das Anwaltspostfach derzeit nicht zu nutzen.
Vor dem Start: über 100.000 Anwälte nicht beim beA erstregistriert
Am 1. Januar 2018 gab es in Deutschland nach Angaben der BRAK 165.854 zugelassene Rechtsanwälte, die Syndizi inbegriffen. Neuere offizielle Angaben gibt es nicht. Laut der Dachorganisation der Rechtsanwälte haben (Stand 28. August 2018) 26.586 der zugelassenen Advokaten noch keine Karte bestellt. 70.210 Kollegen hätten das System bereits In Betrieb bzw. seien angemeldet, teilte die BRAK mit. 104.183 Anwälte seien dagegen nicht einmal erstregistriert.
Daran dürfte sich seit dem 28. August, als die BRAK die Anfrage von LTO beantwortete, nicht allzu viel verändert haben, schließlich waren Download und Erstregistrierung weder am Donnerstag noch am Samstag und Sonntag vor dem Go live möglich. Auch am Freitag dazwischen soll es laut Nutzern massive Störungen gegeben haben.
Die Möglichkeit, sich seit dem 4. Juli wieder beim System erstzuregistrieren, haben nur 4.777 Anwälte genutzt. Sich beim beA anmelden oder dieses in Betrieb nehmen konnte dagegen seit Dezember 2017, als die BRAK das System wegen massiver Sicherheitslücken vom Netz nehmen musste, niemand mehr. Das ist erst ab Montag wieder möglich.
Die ersten Schritte und wer sich besonders beeilen muss
Die zur Erstregistrierung und Nutzung nötige Installation der Client Security ist nach Angaben der BRAK für die Betriebssysteme Windows, Mac OS und Linux möglich (hier die Anleitungen der BRAK dazu sowie die Liste unterstützter Betriebssysteme und Browser). Nicht unterstützt wird nach Auskunft der BRAK derzeit der Browser Edge auf dem Betriebssystem Windows 10. Er könne aber per Auswahl der Option "Mit Internet Explorer öffnen" in Edge ausgewählt werden, so die BRAK (mehr dazu hier).
Die BRAK versicherte auf Nachfrage von LTO, der mehrere Meldungen über Probleme bei der Nutzung von Firefox sowie von Linux vorliegen, dass der Download nach einem erneuten Update für den Client nun ganz überwiegend problemlos funktioniere. Wo das nicht der Fall sei, helfe der Support weiter, die Hotline biete "grundsätzlich" auch ständige Unterstützung für Apple-User.
Mit der Anmeldung besonders beeilen sollten sich Anwälte, die das beA bereits vor der Außerbetriebnahme im Dezember 2017 genutzt und dort Mitarbeitern oder Kollegen Rechte an ihrem Postfach eingeräumt haben. Wenn es seitdem personelle Veränderungen in der Kanzlei gegeben hat, "sollte die Rechteverwaltung zügig nach der Wiederinbetriebnahme des beA erfolgen", riet die BRAK-Sprecherin auf Nachfrage von LTO.
Die damals eingeräumten Rechte bestehen nämlich weiter und leben ab Montag wieder auf. Und das, weil sie an dem personenbezogenen Postfach hängen, auch dann, wenn der damalige Kollege die Kanzlei zwischenzeitlich verlassen hat. Er könnte also die Nachrichten weiterhin mitlesen. Um das zu vermeiden, sollten Anwälte also die eingeräumten Rechte sofort wieder entziehen. Möglich ist das nach Angaben der BRAK, sobald das beA wieder online ist; wie es geht, stellt die BRAK hier dar. Eine vorgenommene Änderung greife sofort, versicherte die BRAK-Sprecherin auf Nachfrage von LTO. Auswirkungen auf das Nutzerprofil im Übrigen habe der Rechteentzug nicht.
Das beA startet: . In: Legal Tribune Online, 03.09.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30701 (abgerufen am: 12.12.2024 )
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