Die Anwälte sind sauer: Anders als ihnen von der Ampel versprochen wurde, dürfen sie mit Finanzämtern nicht per beA kommunizieren. Dabei bleibt es auch: Eine Korrektur des Jahressteuergesetzes lehnt die verbliebene Bundesregierung ab.
War es ein Versehen? Hat die Ampel nicht aufgepasst? Oder warum kam es nicht mehr zu einer für die Anwaltschaft wichtigen Änderung im Jahressteuergesetz (JStG) 2024? Das Gesetz jedenfalls steht seit Anfang Dezember im Bundesgesetzblatt – und zwar mit einer Regelung, die von den Ampelfraktionen eigentlich per Reparaturgesetz kurzfristig noch korrigiert werden sollte und die die Anwaltschaft auf die Palme bringt.
Das Verbot, per beA mit den Finanzämtern zu kommunizieren, sei auch für den einzelnen Bürger problematisch, warnt etwa Dr. Sylvia Ruge, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Es drohe eine Einbuße an Rechtsschutzmöglichkeiten, denn "das künftig vorgeschriebene ELSTER-Portal sei nicht dafür ausgelegt, um Schriftsätze unter Einhaltung gesetzlicher Fristen zu übermitteln".
BMF: "Bundesregierung beabsichtigt keine Änderung"
Mit diesem Dilemma muss die Anwaltschaft nun aber bis auf Weiteres klarkommen. Eine kurzfristige Änderung in dieser Wahlperiode wird es nicht mehr geben, bestätigte nun das seit kurzem SPD-geführte Bundesfinanzministerium (BMF). In einer Antwort des Ministeriums vom 18. Dezember an den haushaltspolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Otto Fricke, die LTO vorliegt, heißt es: "Die Bundesregierung beabsichtigt, derzeit keine Änderung des § 87a Absatz 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) in der durch das Jahressteuergesetz 2024 geänderten Fassung noch vor dem Ende der Wahlperiode zu initiieren und dem Deutschen Bundestag einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen."
Schließlich habe, so erläutert die parlamentarische Staatssekretärin im BMF Sarah Ryglewski in ihrer Antwort an Fricke, der Gesetzgeber die Regelung "aus den in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss) des Deutschen Bundestages genannten Gründen in das Gesetz aufgenommen (vgl. BT-Drucksache 20/13419)". Aber: Die Bundesregierung werde die Anwendung der Regelung in der Praxis beobachten.
FDP: "Rumpfregierung" hat es verbockt
Politiker Fricke, selbst Anwalt und in der FDP-Fraktion zuständiger Berichterstatter, reagiert auf diese Ansage ungehalten und schimpft auf die "Rumpfregierung" aus Grünen und SPD: "Das faktische Verbot war auf Betreiben der Finanzverwaltung von Bund und Ländern im letzten Moment wieder in das Jahressteuergesetz gelangt. Noch vor der Verabschiedung des Gesetzes hatten sich SPD, Grüne und FDP geeinigt, das Verbot im Nachgang wieder zu streichen." Dass die "Rumpfregierung" diese Einigung im Wahlkampf anscheinend vergessen hat, sei enttäuschend. "Denn darunter leiden Mandantschaft, Anwaltschaft und am Ende die Rechtspflege", so Fricke.
Laut dem Abgeordneten beeinträchtigt das Verbot die Arbeitsabläufe von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten erheblich. Die deutliche Kritik aus den Reihen der Anwaltschaft spreche eine klare Sprache.
Achterbahnfahrt für die Anwaltschaft
Tatsächlich hatten sich die Anwaltsverbände noch bis vor Kurzem Hoffnungen gemacht, dass der Bundestag noch vor der Wahl ein Reparaturgesetz auf den Weg bringt, das das Verbot wieder streicht.
Das Gesetzgebungsverfahren war für sie insoweit bislang ohnehin schon eine Achterbahnfahrt: Bereits im ersten Gesetzentwurf aus dem Juni 2024 war eine Änderung des § 87 Abs. 1 Satz 1 der AO vorgesehen, die die Kommunikation zwischen Anwältinnen und Anwälten und dem Finanzamt über das beA weitgehend verbieten sollte. Die Anwaltschaft reagierte damals mit erheblichem Protest, der sowohl in sozialen Medien als auch durch offizielle Stellungnahmen der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und des DAV Ausdruck fand. Daraufhin strich die Bundesregierung den umstrittenen Passus aus dem Entwurf.
Dass die Regelung zulasten Anwaltschaft plötzlich dann doch wieder ins JStG hereinrutschte, hatten Ampel-Politiker im Oktober noch gegenüber LTO als "Versehen" bezeichnet. Aus Fraktionskreisen hieß es damals, im Finanzausschuss seien Änderungswünsche des Bundesrates mehr oder weniger fahrlässig in die Beschlussempfehlung übernommen worden, ohne dass dabei auf die besondere Interessenlage der Anwaltschaft Rücksicht genommen worden sei. Die Anwaltschaft müsse sich aber keine Sorgen machen, man werde dies noch im November wieder korrigieren. Gelungen ist das nicht.
Jahressteuergesetz wird nicht korrigiert: . In: Legal Tribune Online, 20.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56167 (abgerufen am: 15.01.2025 )
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