Die BRAK hat die Präsidenten der Anwaltskammern zu einer außerordentlichen Konferenz geladen. Themen: die Kommunikation mit den Kammern und mehr Personal fürs beA. Vieles spricht dafür, dass die BRAK das Postfach von Atos abziehen will.
Am 15. April wird eine Konferenz der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) sowie sämtlicher Präsidenten der regionalen Rechtsanwaltskammern (RAK) stattfinden. Diese Präsidentenkonferenz heißt nicht nur außerordentlich, sondern ist mindestens auch außergewöhnlich: Sie findet von 13 bis 17 Uhr an einem Sonntagnachmittag statt und das nicht einmal zwei Wochen, bevor die Präsidenten sowie die Geschäftsführer der regionalen Kammern sich ohnehin treffen: Denn für den 27. April ist eine Hauptversammlung anberaumt.
Das Thema, um das es gehen wird, ist dasjenige, um das es derzeit eigentlich immer geht: das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA), das die verantwortliche BRAK vor Weihnachten wegen Sicherheitslücken vom Netz nehmen musste. Bis heute ist nicht klar, wann es wieder online gehen kann, sicher ist nur, dass das nicht vor Juni geschehen wird.
Laut der Einladung der BRAK soll es bei der außerordentlichen Konferenz zudem um die Kommunikation mit den regionalen Kammerpräsidenten gehen. Man darf vermuten, dass es Schelte von der BRAK geben wird, weil einige Informationen an die Medien durchgestochen wurden, die die Dachorganisation der Rechtsanwälte wohl lieber im Kammerkreise belassen hätte. Man darf aber ebenso annehmen, dass die Regionalkammern ihrerseits mehr Information einfordern werden. Und das nicht nur mit Blick auf offenbar anstehende Entscheidungen in Sachen Anwaltspostfach.
Soll der Vertrag mit Atos nicht verlängert werden?
Die BRAK teilt den Kammern in ihrer Einladung mit, eine weitere Kommunikationsstelle speziell für den elektronischen Rechtsverkehr schaffen zu wollen. Aufhorchen lässt aber noch eine andere Information: Mit Blick auf "eventuell anstehende Neuausschreibungen" sollen mehr Informationstechniker eingestellt werden.
Nach LTO-Informationen beschäftigt sich die BRAK derzeit mit der Frage, ob der Vertrag mit dem umsetzenden Dienstleister verlängert werden soll. Laut gut informierten Kreisen hat der Betriebsvertrag mit Atos eine Laufzeit von vier Jahren, läuft also zum 31. Dezember 2019 aus. Die zitierten gut informierten Kreise sind aber nicht etwa die Präsidenten der regionalen Kammern. Im Gegenteil: Sie sollen von der BRAK vielmehr über die genaue Laufzeit des Betriebsvertrags sowie Überlegungen zu einer eventuellen Verlängerung bislang gar nicht informiert worden sein - und sind entsprechend nicht gerade begeistert.
Es bedarf nicht allzu viel Phantasie, um nach den Vorfällen der vergangenen Monate, der nach Angaben der BRAK bereits laufenden Prüfung von Schadensersatzforderungen gegen den französischen IT-Riesen und schließlich der aktuellen Ankündigung zu vermuten, dass die BRAK die Verlängerungsoption nicht ziehen will.
Wenn sie einen sicheren Weiterbetrieb des Anwaltspostfachs auch bei einem Wechsel von dessen IT-Anbieter gewährleisten will, liegt es auf der Hand, dass sie neue Entwickler einstellen muss. Während der Umzug von Hardware nach Einschätzung von IT-Experten nicht allzu schwierig oder aufwändig sein dürfte, setzt die Wartung der Software eine gewisse Vertrautheit der Entwickler mit den Programmen und Strukturen des Systems voraus. Und spätestens bei einem Wechsel des Systemanbieters würde es darauf ankommen, über welchen Quellcode die BRAK in Bezug auf die eigenentwickelten Komponenten des beA sowie der eingesetzten Open-Source-Bibliotheken verfügt. Mehrfach erhobenen Forderungen, den Quellcode des Postfachsystems offen zu legen, ist sie bislang noch nicht nachgekommen.
Pia Lorenz, Außerordentliche Präsidentenkonferenz zum beA: . In: Legal Tribune Online, 06.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27905 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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