Fahrerflucht ist kein bloßes Kavaliersdelikt - das gilt auch und sogar speziell für Anwälte. Machen sie sich dessen schuldig, müssen sie auch mit berufsrechtlichen Konsequenzen rechnen, wie eine aktuelle Entscheidung des Anwaltsgerichts Köln zeigt.
Begeht ein Rechtsanwalt außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit eine Straftat, so kann er auch wegen einer berufsrechtlichen Pflichtverletzung sanktioniert werden. Dies entschied das Anwaltsgericht (AnwG) Köln in einem nun bekannt gewordenen Urteil (v. 20.03.2017, Az. 1 AnwG 40/16).
Der 50-jährige Rechtsanwalt aus Köln hatte in einem Parkhaus mit seinem BMW den Porsche Cayenne einer zu diesem Zeitpunkt nicht anwesenden Frau gerammt, was die Alarmanlage des geparkten Autos auslöste. Es entstand ein Sachschaden in Höhe von rund 7.500 Euro.
Der Mann hielt indes nicht an, sondern fuhr weiter und parkte seinen Wagen an anderer Stelle im Parkhaus. Den ganzen Vorgang hatte ein Zeuge aus seinem rund zehn Meter entfernt liegenden Büro beobachtet, von dem aus er das Parkdeck einsehen konnte.
Als der Anwalt, der zwischenzeitlich Einkäufe erledigt hatte, ins Parkhaus zurückkam, traf er durch Zufall auf die Halterin des Porsche, die ebenfalls eingetroffen und schon durch den Zeugen über das Aussehen des Unfallverursachers informiert worden war. Die Frau machte den Anwalt mit Rufen und Gesten auf sich aufmerksam, was diesen aber keineswegs zum Anhalten veranlasste. Stattdessen fuhr er eilig aus dem Parkhaus, wobei er noch seinen Außenspiegel an einer Betonsäule beschädigte.
Beachtung allgemeiner Gesetze gefordert
Im eingeleiteten Strafverfahren erließ das Amtsgericht (AG) Köln wegen Unfallflucht nach § 142 Abs. 1 Satz 1 Strafgesetzbuch (StGB) einen Strafbefehl über 30 Tagessätze zu je 50 Euro sowie ein zweimonatiges Fahrverbot.
Der Rechtsanwaltskammer (RAK) Köln reichte dies aber nicht aus, weshalb sie ein Verfahren wegen eines Verstoßes gegen § 43 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) vor dem AnwG einleitete. Danach hat sich ein Rechtsanwalt innerhalb und außerhalb seines Berufes der Achtung und des Vertrauens, welche seine Stellung erfordert, würdig zu erweisen. Dazu zählt auch, sich an die allgemeinen Gesetze zu halten. Zu diesen gehöre auch § 142 StGB, so die Kammer des AnwG in den Urteilsgründen, welche LTO vorliegen.
Die Bestrafung eines Anwalts aufgrund einer solchen Tat machte das Gericht sodann von einer Einzelfallabwägung abhängig. Eine rechtswidrige Tat, welche von einem Anwalt außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit begangen werde, sei nach der BRAO zu ahnden, wenn sie nach den konkreten Umständen besonders geeignet sei, Achtung und Vertrauen der Rechtssuchenden zu beeinträchtigen.
Besonders schwere Pflichtverletzung rechtfertigt doppelte Bestrafung
Eine solche besonders schwere Pflichtverletzung sah das Gericht hier gegeben. Dafür spreche schon, dass der Anwalt nach der Kollision das Parkhaus nicht etwa sofort verlassen, sondern seinen Wagen an anderer Stelle versteckt geparkt habe. Darüber hinaus wirke auch die eilige Ausfahrt bei der Konfrontation mit der Geschädigten zu seinen Lasten. Er habe sowohl die Geschädigte als auch den Zeugen, die ihn zum Anhalten bringen wollten, bemerkt und sei dennoch weitergefahren.
Das gesamte Verhalten sei daher geeignet, Vertrauen und Achtung in ihn zu beeinträchtigten. Die Tatsache, dass das Fehlverhalten bereits strafrechtlich geahndet worden sei, sei auch kein Grund, von berufsrechtlichen Sanktionen abzusehen.
Die Kammer hielt es für geboten, den Anwalt durch eine zusätzliche Bestrafung "zu einem berufsrechtlich akzeptablen Verhalten anzuhalten". Dies diene im Übrigen auch der Wahrung des Ansehens der Anwaltschaft. Aus diesem Grunde sprach die Kammer einen Verweis aus und verhängte eine Geldbuße in Höhe von 400 Euro.
mam/LTO-Redaktion
AnwG zu berufsrechtlicher Ahndung von Straftaten: . In: Legal Tribune Online, 31.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23076 (abgerufen am: 06.12.2024 )
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