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Anwaltskammer Düsseldorf: Ver­lierer fechten die Vor­stands­wahl an

von Pia Lorenz

01.06.2017

Wahl zum Kammervorstand (Symbol)

© Christian Schwier- stock.adobe.com

Zwei Anwälte aus Düsseldorf, die nicht in den Kammervorstand gewählt wurden, haben die Wahl angefochten. Beim AGH Hamm monieren sie eine chaotische Veranstaltung, unzulässige Einflussnahmen und sogar Amtsmissbrauch durch den Präsidenten.

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Konnte jeder wählen - und taten es manche gleich doppelt?

Am 26. Mai haben Dr. Karl-Heinz Göpfert und Dr. Jochen Heide aus Düsseldorf die Klage zur Wahlanfechtung beim Anwaltsgerichtshof (AGH) in Hamm eingereicht. Verfasst wurde das Dokument, das LTO vorliegt, vom renommierten Berufsrechtler Dr. Michael Kleine-Cosack. "Mit Unterstützung zahlreicher anderer Kammermitglieder" beantragen die Kläger, die Vorstandswahl vom 26. April in den Düsseldorfer Rheinterrassen insgesamt, hilfsweise jedenfalls insoweit für ungültig zu erklären, als Herbert P. Schons in den Vorstand gewählt wurde.

Formelle Fehler einerseits sowie die Verletzung des Rechts auf eine freie und gleiche Wahl andererseits halten sie für derart erheblich, dass die Wahl nicht nur, wie in § 112f Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung vorgesehen, für ungültig oder nichtig erklärt werden könne, sondern dies sogar zwingend geschehen müsse. Die Wahl sei chaotisch verlaufen, Mindeststandards nicht eingehalten worden.  Nichtberechtigte hätten teilnehmen, Berechtigte mehrfach wählen können, die Urnen seien vor und nach den Wahlgängen zugänglich gewesen, Wahlunterlagen hätten überall herum gelegen, heißt es in der Klage weiter.

Zudem sei die Wahl im Vorfeld unzulässig beeinflusst und damit die Freiheit und Gleichheit der Wahl verletzt worden. Es sei – zum Teil erfolgreich – versucht worden, Kandidaturen zu verhindern, Kandidaten seien verunglimpft worden und gleich mehrere Anwaltvereine hätten ihre Mitglieder per Rundschreiben unzulässig beeinflusst. Die Kandidaten seien ungleich behandelt worden und speziell der (alte und neue) Präsident der Kammer, Herbert Schons, habe sein Amt missbraucht und die Wahl gesetzwidrig beeinflusst, so Göpfert und Heide.

Hätte jeder wählen können – und taten es manche gleich mehrfach?

Schons sah sich auf Anfrage von LTO nicht dazu in der Lage, die der RAK noch gar nicht zugestellte Wahlanfechtung inhaltlich zu kommentieren. Er zeigte sich aber in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht zuversichtlich: "Die Kammer ist in der komfortablen Lage, bezüglich des Sachverhalts auf zahlreiche Zeugen zurückgreifen zu können, welche den Ablauf des Wahlvorgangs beschreiben werden. Rechtlich gesehen vertraue ich darauf, dass der AGH seine bekannte Rechtsprechung zur Wahlanfechtung bei Anwaltskammern fortsetzen und zu einer zutreffenden Lösung kommen wird".

Göpfert und Heide beschreiben das in ihrer 27-seitigen Klageschrift naturgemäß anders. Ihrer Ansicht nach hat eine chaotische Veranstaltung gleich gegen mehrere Wahlrechtsbestimmungen verstoßen. Die Kammer habe, anders als bei vergangenen Versammlungen, nicht genug getan, um einen geordneten Ablauf sicherzustellen. Dabei beziehen die Anwälte sich vor allem auf die bundesweit bekannt gewordene Wahl im Jahr 2015, als über 1.000 Juristen, darunter viele Syndikusanwälte, an der Kammerversammlung in Düsseldorf teilnahmen.

Jeder hätte an der – eigentlich nichtöffentlichen – Kammerversammlung teilnehmen und eine Stimme abgeben können, begründen sie ihre Klage. Lediglich der Name sei überprüft worden, Identitätsnachweise seien indes nicht gefordert worden. Der Saal sei für praktisch jeden zugänglich gewesen; niemand habe die Berechtigung derer überprüft, die durch die ständig offenen Türen kamen und gingen. Der Versammlungsleiter selbst habe die fehlende Versammlungsdisziplin moniert, indem er sagte, man möge doch das "ständige Gelaufe" unterlassen.

Die Stimmen seien dann mitnichten gleichzeitig abgegeben worden. Versammlungsteilnehmer hätten Wahlzettel schon in die bereits zu diesem Zeitpunkt im Saal aufgestellten Wahlurnen geworfen, noch bevor auch nur die Vorstellung der Kandidaten beendet geschweige denn der erste Wahlgang eröffnet gewesen sei.

Bei Durchführung der Wahl am Abend des 26. April (an dem das DFB-Pokalspiel Dortmund gegen Bayern stattfand) seien viele Teilnehmer längst nicht mehr da gewesen, niemand habe sie daran gehindert, zu kommen und zu gehen. Andere hätten hingegen ihre Stimmen erst nach den jeweiligen Wahlgängen abgegeben. Wahlunterlagen hätten öffentlich und für jeden greifbar herumgelegen, manche Teilnehmer hätten mehrere Zettel in die Urnen geworfen, andere ihre Wahlzettel Kollegen zur Verfügung gestellt. Wirksam kontrolliert worden sei all das nicht. 

Kandidatenbeeinflussung, Diffamierung, Amtsmissbrauch?

2/2: Unzulässige Einflussnahme im Wahlkampf?

Vorsorglich rügen die Düsseldorfer Anwälte auch die Verletzung des Grundsatzes der Freiheit der Wahl "aufgrund unzulässiger Wahlbeeinflussung und damit der fehlenden Sicherung der freien Willensbildung der Wahlberechtigten". Auch für die Wahlen der Anwaltskammern müssten die vom Bundesverfassungsgericht für Wahlen aufgestellten Grundsätze gelten.

Auf die Wahlberechtigten sei unzulässig Einfluss genommen werden, argumentieren Göpfert und Heide. Und meinen damit nicht nur die Kammerversammlung selbst, sondern auch den vorausgehenden, im sonst eher beschaulichen anwaltlichen Kammerwesen ungewöhnlich hart umkämpften Wahlkampf, in dem auch Göpfert – erfolglos – für die Wahl in den Vorstand und zum Präsident der RAK Düsseldorf angetreten war. 

Eine Gruppe von Anwälten hatte  sich unter dem Hashtag #Aufbruch 2017 für neue Strukturen und damit neues Personal in der RAK Düsseldorf eingesetzt. Sie wollten Steuerstrafrechtler Göpfert, der bereits bis 2015 im Vorstand der Düsseldorfer Kammer war, in den Vorstand und in der Folge zum neuen Präsidenten wählen. Federführend waren mit Sven-Joachim Otto von PwC Legal und Dr. Dirk Uwer von Hengeler Mueller zwei Partner großer Wirtschaftskanzleien. Otto und Uwer, die in der Klageschrift zur Wahlanfechtung an den AGH Hamm mehrfach als Zeugen benannt werden, sitzen seit 2015 im Vorstand der Düsseldorfer Kammer, für die Wahl 2017 reichten sie eine Liste von Kandidaten aus sämtlichen Bezirken ein. Erfolgreich waren sie damit nicht, weder Göpfert noch ein anderer der von ihnen  aufgestellten Kandidaten wurde in den Vorstand gewählt, Herbert Schons hingegen wurde wieder Vorstandsmitglied und anschließend erneut zum Präsidenten gewählt.

Kandidatenbeeinflussung, Diffamierung, Amtsmissbrauch? 

Es habe Versuche gegeben, die Anwälte von der Kandidatur abzuhalten, eine Anwältin sei daraufhin von ihrem Plan abgerückt, heißt es in der Klageschrift. Zudem hatten in gleich mehreren Bezirken die örtlichen Anwaltvereine, die regelmäßig Kandidaten für die Listen aufstellen, gegen die Initiative mobil gemacht. In Rundschreiben an ihre Mitglieder warnte der 1. Vorsitzende der Landgerichtsanwälte Duisburg, dass "Anwälte aus einigen Düsseldorfer Großkanzleien die nun zu wählende Hälfte des Vorstands 'mit ihresgleichen besetzen'". Den Großkanzleien gehe es nicht um die ehrenamtlichen Tätigkeiten im Kammervorstand, sondern "schlichtweg darum, in den Kammern die Interessen der jeweiligen Dienstherren zu vertreten".

Ebenso wie der Vorsitzende des Düsseldorfer Anwaltvereins habe er zudem Kandidaten, die nicht von den jeweiligen Vereinen aufgestellt, sondern der #Aufbruch2017-Fraktion zuzurechnen waren, mangelnde Fähigkeiten und unredliche Absichten unterstellt, heißt es in der Wahlanfechtung, die beim AGH Hamm unter dem Aktenzeichen 1 AGH 39/17 geführt wird.

Herbert Schons habe, so die bei der Wahl unterlegenen Kandidaten, bei der Kammerversammlung gar sein Amt missbraucht, um sich für seine Wiederwahl in den Vorstand einzusetzen. Er habe sich innerhalb seiner, eigentlich für den Jahresbericht gedachten, unbegrenzten Redezeit selbst gelobt und empfohlen und dabei vieles ausgelassen oder falsch dargestellt. In der Kammerversammlung habe er die Vorstellung seines Jahresberichts zur Eigenwerbung und zur Diskreditierung anderer Kandidaten genutzt. Diese hingegen hätten damit leben müssen, dass der Versammlungsleiter schon auf das Ausschöpfen der ihnen eingeräumten Vorstellungszeit von drei Minuten "enerviert" reagiert habe.  Wenn schon nicht die gesamte Wahl, so müsste doch jedenfalls Schons Wiederwahl in den Vorstand (und damit seine Möglichkeit, zum Präsidenten gewählt zu werden) für ungültig erklärt werden. 

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Pia Lorenz, Anwaltskammer Düsseldorf: Verlierer fechten die Vorstandswahl an . In: Legal Tribune Online, 01.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23085/ (abgerufen am: 27.05.2022 )

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