Kündigung der Hauptgeschäftsführerin unwirksam: Die teure Nie­der­lage der Anwalts­kammer Düs­sel­dorf

von Pia Lorenz

23.06.2017

Auch das LAG hat die Kündigung von Susanne Offermann-Burckhart für unwirksam erklärt. Düsseldorfer Anwälte laufen Sturm gegen die hohen Kosten des Verfahrens. Dabei könnte es jetzt erst richtig los gehen; und unappetitlich werden.

Auch in zweiter Instanz war die langjährige Hauptgeschäftsführerin der Rechtsanwaltskammer (RAK) Düsseldorf, Dr. Susanne Offermann-Burckart, mit ihrer Kündigungsschutzklage erfolgreich. Das Landesarbeitsgericht (LAG) erklärte am Mittwoch die fristlose Kündigung durch die Kammer für unwirksam und sprach der 57-Jährigen wie von ihr beantragt Annahmeverzugslohn in Höhe von rund 127.000 Euro brutto für die Zeit von November 2015 bis Juli 2016 zu (LAG Düsseldorf, Urt. v. 21.06.2017, Az. 4 Sa 869/16).

Die Berufsrechtlerin war 2015 fristlos entlassen worden. Die Kammer hatte die außerordentliche Kündigung vor allem darauf gestützt, Offermann-Burckart habe eine Angestellte der Kammer als Schreibhilfen für ihre Nebentätigkeiten genutzt.  Außerdem sei es zu finanziellen Unregelmäßigkeiten gekommen.

Das hatte schon das Arbeitsgericht nicht überzeugt, nun bekam die Hauptgeschäftsführerin auch in der zweiten Instanz Recht. Tätig ist Offermann-Burckhart trotz der erstinstanzlichen Entscheidung derzeit nicht für die RAK Düsseldorf, weil die ihr schon zwei Monate nach ihrer Rückkehr im Oktober 2016 erneut kündigte. Die Gründe für die Kündigung sind nicht bekannt – nicht einmal dem Vorstand der Kammer selbst. Die Geschäftsführerin klagt auch gegen diese zweite Kündigung. Das Verfahren, das im Gütetermin ausgesetzt worden war, wird nun nach Abschluss des Verfahrens vor dem LAG Düsseldorf wieder aufgenommen werden.

Nachgeben will keine der Parteien in dieser Auseinandersetzung, die längst bundesweit Aufmerksamkeit erzielt. Die RAK wird also weitere Gelder investieren, um ihre Hauptgeschäftsführerin loszuwerden. Dabei sind schon die bislang angefallenen Kosten weit überdurchschnittlich - und nach Auffassung vieler Anwälte aus dem Kammerbezirk, die als Zwangsmitglieder mit ihren Beiträgen die Rechtsstreitigkeiten finanzieren, auch nicht nötig.

LAG: Genehmigung des Rückgriffs auf Kammer-Ressourcen nicht widerlegt

Offermann-Burckart bestritt zu keinem Zeitpunkt, anlässlich eines Gutachtens eine Fachangestellte über zwei Bürotage als Schreibhilfe eingespannt zu haben – dies sei aber vom Präsidenten der Düsseldorfer Kammer genehmigt gewesen, argumentierte sie in beiden Instanzen. Der Präsident der Kammer, Herbert Schons, bestritt das zwar stets. Am Mittwoch stellte das LAG aber noch am Tag der mündlichen Verhandlung fest, dass die Kammer diesen behaupteten Rechtfertigungsgrund nicht ausräumen konnte.

Zudem habe Offermann-Burckart ihre umfangreiche, auf berufsspezifische Themen bezogene Nebentätigkeit offen und transparent ausgeübt, gerade ihre Veröffentlichungen hätten auch Teil ihrer Tätigkeit als Hauptgeschäftsführerin sein können, so die Düsseldorfer Arbeitsrichter. Die Kammer hätte ihre Hauptgeschäftsführerin, der sie arbeitsvertraglich Nebentätigkeiten erlaubt hatte, also zumindest vor Ausspruch einer Kündigung abmahnen müssen, selbst wenn sie in einem zu großen Umfang auf Kammerressourcen zurückgegriffen haben sollte.

Auch bei einer Gesamtbetrachtung rechtfertigten die übrigen Vorwürfe der RAK die Kündigung nicht. Den neben dem Annahmeverzugslohn ursprünglich geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruch haben Offermann-Burckhart und die RAK mit Blick auf die weitere Kündigung übereinstimmend für erledigt erklärt. Man darf damit rechnen, dass es jetzt erst richtig los geht.

Wird es jetzt unappetlich?

Nach LTO-Informationen hat der Vorstand in seiner Sitzung vom Mittwoch noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Düsseldorfer Entscheidung erhoben werden wird. Zumindest im Rahmen der Kündigungsschutzklage gegen die zweite Kündigung aus Oktober 2016 wird der Streit aber weitergehen, von einer Einigung scheinen die Parteien weit entfernt.

Offermann-Burckhart sagte auf Anfrage gegenüber LTO, sie freue sich auf die Fortsetzung ihrer Tätigkeit bei der Rechtsanwaltskammer. Ihre ehemaligen Mitarbeiter scheinen das, wenn man eine bei LTO eingegangene Stellungnahme so interpretieren darf, anders zu sehen. In einer Mail an LTO schrieb Sven van Nahmen, der Vorsitzende des nach der Kündigung von Offermann-Burkchart gegründeten Personalrats, "der Personalrat bedauert die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts und die Tatsache, dass die Belange der Mitarbeiter der Rechtsanwaltskammer im Prozess kein Gehör und in der Entscheidung keine Berücksichtigung gefunden haben".

Herbert P. Schons erklärte, auch an der zweiten Kündigung festzuhalten. Diese sei auf einen anderen Vorfall und einen anderen Kündigungsgrund gestützt. "Der Vorstand ist nach wie vor zu einem vernünftigen, wirtschaftlich vertretbaren Vergleich bereit. Die Vorstellungen, die die Klägerin im Termin geäußert hat, waren aber nicht akzeptabel", so der Präsident der RAK gegenüber LTO. Details wollte er ebenso wenig nennen wie Offermann-Burckhart. 

Nach LTO-Informationen klagt die 57-Jährige bislang nur gegen die Kündigung mit Wirkung zum Anfang November letzten Jahres. Man darf damit rechnen, dass sie auch diese Klage noch um den ausstehenden Annahmeverzugslohn erweitern wird. Damit würden sich der Streitwert und, soweit danach abgerechnet wird, selbstverständlich die Kosten nennenswert erhöhen. Und manches spricht dafür, dass die Kündigung erneut kassiert werden wird.

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, Kündigung der Hauptgeschäftsführerin unwirksam: . In: Legal Tribune Online, 23.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23258 (abgerufen am: 06.10.2024 )

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