Anwaltschaftskammern in Spanien: Madrid jetzt ohne gene­risches Mas­ku­linum

von Pia Lorenz

28.11.2018

Nach der Anwaltskammer in Barcelona hat sich nun auch die in Madrid umbenannt in "Anwaltschaftskammer", für bestimmte Gruppen stehe das generische Maskulinum für die Vorherrschaft von Männern. In Deutschland ist man davon weit entfernt.

Die Anwaltskammer in Madrid (ICAM) heißt jetzt anders. Nun nennt die regionale Kammer der spanischen Hauptstadtanwälte sich Colegio de la Abogacia de Madrid, was übersetzt "Anwaltschaftskammer von Madrid" bedeutet. Das verkündete der Kammerchef laut der spanischen Webseite Confi Legal am vergangenen Wochenende in Madrid. Der bisherige Name "Anwaltskammer von Madrid" (Colegio de Abogados de Madrid) ist damit nach 422 Jahren Geschichte.

Auch in der spanischen Sprache wird das sogenannte generische Maskulinum verwendet. Dabei wird, wie herkömmlich auch im Deutschen, die Bezeichnung männlicher Referenten benutzt, um eine Allgemeinheit zu bezeichnen oder gemischtgeschlechtliche Gruppen, also sowohl Männer als auch Frauen.

Die sprachliche Verwendung der maskulinen Form stehe aber bei bestimmten Kollektivgruppen ideologisch für die Vorherrschaft der Männer in der Gesellschaft, schreibt die Confi Legal. Das generische Maskulinum trage dazu bei, dass die zur Gruppe gehörenden Frauen nicht sichtbar seien, sagte Anwaltschaftskammerpräsident Josè María Alonso. Davon will er sich nun verabschieden: Der neue Name, der die Anwaltschaft bezeichnet anstelle der männlichen Form der Anwälte, sei inklusiver, so Alonso. 

Laut der Confi Legal folgt Madrid damit dem Beispiel anderer spanischer Kammern, die sich bereits umbenannt haben, so etwa die Anwaltschaft in Barcelona. In Deutschland dagegen dürften die spanischen Kollegen keine Nachahmer finden.

BRAK: Keine Kenntnis von Identifikationsproblemen der Anwältinnen

Dabei tragen auch die großen deutschen Anwaltsorganisationen das generische Maskulinum im Namen. Den Bezeichnungen der Bunderechtsanwaltskammer (BRAK) und des Deutschen Anwaltvereins (DAV) lässt sich ebenso wenig entnehmen, dass ein großer Teil seiner Mitglieder weiblich ist, ebenso nicht dem Namen des Deutschen Richterbunds (DRB).

Auf Nachfrage, ob es entsprechende Überlegungen auch in den Organisationen der deutschen Anwaltschaft gibt oder geben sollte, fiel die Antwort der Dachorganisation in Berlin denkbar knapp aus: "Die Bundesrechtsanwaltskammer sieht keinen Anlass, von einem Änderungsbedarf der gesetzlichen Terminologie auszugehen", teilte eine Sprecherin gegenüber LTO mit. Von "Identifikationsproblemen der Kolleginnen" habe die BRAK ebenfalls keinerlei Kenntnis, heißt es in der Mail weiter.

Etwas aufgeschlossener gegenüber dem Anliegen sprachlicher Gleichberechtigung zeigte sich der DAV: Man sei sich bewusst, dass sich Sprache auf die menschliche Wahrnehmung auswirke und Realitäten schaffe. Daher sei, so eine Sprecherin gegenüber LTO, die DAV-Satzung auch geschlechtsneutral formuliert. Eine breite Diskussion oder einen konkreten Vorschlag für eine Namensänderung habe es aber bisher noch nicht gegeben. "Auch wenn wir den Vorstoß der Kolleginnen und Kollegen aus Madrid interessant finden, muss man bei einem Verband wie dem DAV natürlich bedenken, dass Änderungen des Namens erst einmal eingebracht und diskutiert werden müssen und dass eine solche Entscheidung nur von der Mitgliederversammlung getroffen werden kann", so die Sprecherin gegenüber LTO.

Der größte Berufsverband für Richter und Staatsanwälte äußert sich auf Nachfrage von LTO, ob es entsprechende Überlegungen gebe oder geben sollte, gar nicht.

Zitiervorschlag

Anwaltschaftskammern in Spanien: . In: Legal Tribune Online, 28.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32393 (abgerufen am: 12.12.2024 )

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