Der AGH in Hamm hat die Wahl zum Vorstand der Anwaltskammer Düsseldorf aus dem Jahr 2017 für insgesamt ungültig erklärt. Das lag nicht etwa an chaotischen Umständen bei der Wahl, sondern am Verhalten des Präsidenten*.
Der Anwaltsgerichtshof (AGH) Hamm hat der Anfechtungsklage von zwei Anwälten stattgegeben, die nicht in den Vorstand der Rechtsanwaltskammer (RAK) Düsseldorf gewählt wurden. Die Anwaltsrichter haben die Vorstandswahl vom 26. April 2017 für insgesamt ungültig erklärt (Urt. v. 14.12.2018, Az. 1 AGH 39/17).
Damit sind die Kläger, die in dem Verfahren vom renommierten Berufsrechtler Dr. Michael Kleine-Cosack vertreten werden, mit ihrem Hauptantrag durchgedrungen. Als Erfolg werden das wohl nicht nur Karl-Heinz Göpfert und Dr. Jochen Heide verbuchen, sondern wohl auch andere Mitglieder der heillos zerstrittenen Führungsriege der Düsseldorfer Anwaltskammer.
Es war der Rechenschaftsbericht von Präsident Herbert P. Schons, der zur Ungültigerklärung der gesamten Wahl geführt hat. Der Duisburger Anwalt, der schon so lange im Vorstand der RAK Düsseldorf präsent ist, dass die meisten die Kammer gar nicht ohne ihn kennen, habe die Freiheit und Gleichheit der Wahl verletzt, als er seinen Rechenschaftsbericht über das Jahr 2016 bei der Kammerversammlung als Wahlkampfrede nutzte.
AGH: Formale Fehler bei der Wahl nicht ausschlaggebend
Der nach dem Vortrag der Kläger chaotische Ablauf der Wahl zum Kammervorstand in den Düsseldorfer Rheinterassen im Mai 2017 war für die Anwaltsrichter kein Argument, um die Wahl für ungültig zu erklären.
Die beiden anfechtenden Anwälte hatten vorgetragen, dass Mindeststandards nicht eingehalten worden seien. An der Kammerversammlung und damit auch der Wahl hätten Nichtberechtigte teilnehmen, Berechtigte hätten mehrfach wählen können, die Urnen seien vor und nach den Wahlgängen zugänglich gewesen, Wahlunterlagen hätten überall herumgelegen, hieß es in der Klageschrift.
Diese Rügen erachteten die Anwaltsrichter jedoch als "im Wesentlichen pauschaler Natur" oder sie beschränkten sich auf Einzelfallbeobachtungen. Diese ließen insgesamt nicht die Annahme zu, "dass gerügte Fehler, die den Ablauf der Wahl betreffen, für das Wahlergebnis ausschlaggebend gewesen wären", heißt es in dem Urteil, das sich in eine Reihe erfolgloser Wahlanfechtungen im anwaltlichen Kammerwesen einreiht.
AGH: Rechenschaftsbericht als unzulässige Wahlbeeinflussung
Für sehr wohl ausschlaggebend hält der AGH dagegen den Inhalt der Rede, die Herbert P. Schons bei der Kammerversammlung unter dem Tagesordnungspunkt "Rechenschaftsbericht" hielt. Er sprach in seiner Funktion als Präsident, nutzte den Auftritt aber offenbar zum Wahlkampf für seine Wiederwahl.
Diese Rede entspreche in weiten Teilen dem üblichen Inhalt eines Rechenschaftsberichts nicht, so die Anwaltsrichter in ihrer Entscheidung. "Sie stellt sich in längeren Textteilen als Wahlrede bzw. kritische Auseinandersetzung mit anderen Wahlbewerbern dar", heißt es in dem Urteil. So habe Schons sich mit seinen Motiven für die Kandidatur zur Wiederwahl befasst und der Frage, warum er einzelne nicht mehr werde überzeugen können. Die Richter zitieren auch, dass Anlass seiner Rede auch die anstehende Wahl sei. Und Schons zum Ausdruck gebrachte Hoffnung, dass die Adressierten sich dabei für ihn entscheiden würden.
Das reicht dem AGH, um die Wahl für ungültig zu erklären. Und zwar die gesamte Wahl, nicht nur die von (Alt- und Neu-) Präsident Herbert P. Schons. Die Anwaltsrichter sehen darin eine "unzulässige Verletzung staatlicher Neutralität im Rahmen der Wahl des Vorstandes der Selbstverwaltungskörperschaft Rechtsanwaltskammer, die zur Feststellung der Ungültigkeit der Wahl Anlass gibt".
Der AGH verweist dabei auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Wahlprüfungsverfahren. Der Nachweis einer Auswirkung auf das Wahlergebnis müsse nicht in vollem Umfang erbracht werden; vielmehr genüge "die Möglichkeit der Auswirkung, wenn sie eine nach der allg. Lebenserfahrung konkrete und nicht ganz fernliegende ist".
Es kommt nur sehr selten vor, dass die Wahl zum Vorstand einer Anwaltskammer erfolgreich angefochten wird*. Man darf gespannt sein, ob nun der mit ungewöhnlich harten Bandagen geführte Wahlkampf wieder aufflammen wird, der schon für Schlagzeilen sorgte. Eine Gruppe von Anwälten hatte sich für neue Strukturen und auch neues Personal in der RAK Düsseldorf eingesetzt. Sie wollen den nun vor dem AGH erfolgreichen Steuerstrafrechtler Göpfert, der bereits bis 2015 im Vorstand der Düsseldorfer Kammer war, in den Vorstand und in der Folge zum neuen Präsidenten wählen. Erfolgreich waren sie damit nicht. Bis jetzt zumindest.
*Anm. d. Red: Geringfügige Änderungen am Text am 18.12.2018, 17:07 Uhr.
Pia Lorenz, Vorstandswahl der RAK Düsseldorf ungültig: . In: Legal Tribune Online, 14.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32759 (abgerufen am: 01.12.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag