Freie Tage für die Bildung

Wie viel Yoga für den Job?

von Tanja PodolskiLesedauer: 6 Minuten

Führung mit Pferden in Bad Salzuflen, Yoga in List oder Spanischkurs auf Fuerteventura: Bis zu zehn bezahlte freie Tage können Beschäftigte für eine Weiterbildung nach eigenen Vorlieben nehmen. Die Kosten für die Maßnahme tragen sie selbst. 

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Wer für das laufende Jahr die Auszeiten vom Job plant, könnte einfach mal zusätzliche freie Tage einkalkulieren, um diese mit einer Weiterbildung zu verbringen. Mit Ausnahme von Sachsen und Bayern sehen alle Bundesländer diese Möglichkeit vor, doch nur ein Bruchteil der Arbeitnehmer:innen in Deutschland macht von dem gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub tatsächlich Gebrauch. Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sind es nur ein bis zwei Prozent, obwohl rund 70 Prozent der Beschäftigten an Weiterbildungen interessiert sind.  

Die detaillierten Regelungen zum Bildungsurlaub finden sich in den jeweiligen Landesgesetzen. Die Details variieren und auch die gesetzlichen Bezeichnungen sind in den Bundesländern unterschiedlich, mal heißt es Bildungszeit, Bildungsurlaub oder Arbeitnehmerweiterbildung. Die zugrunde liegende Idee aber ist überall gleich: Das Prinzip des lebenslangen Lernens soll gefördert und die persönliche Weiterentwicklung der Arbeitnehmer:innen unterstützt werden. Den Vorteil für die Unternehmen sehen die Gesetzgeber in einer gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit durch qualifizierte Beschäftigte. 

Die Arbeitnehmer:innen erhalten daher von den Unternehmen zusätzliche Urlaubstage zur persönlichen Bildung, die Kosten der Maßnahme tragen sie selbst. Ansonsten müssen für den Anspruch auf Bildungsurlaub nur wenige Voraussetzungen erfüllt sein: in der Regel eine gewisse Dauer der Beschäftigung, die frühzeitige Antragstellung sowie eine Mindestgröße des Unternehmens. 

Nicht gleich mit Bildungsurlaub starten 

Neue Mitarbeitende sollen die neue Stelle nicht gleich mit einer persönlichen Weiterbildung beginnen können, daher sehen die Landesgesetze regelmäßig eine Mindestbeschäftigungszeit vor, bevor eine Maßnahme bewilligt werden kann – und muss. In vielen Ländern ist es ausreichend, dass die beschäftigte Person mindestens sechs Monate bei dem einem Unternehmen tätig ist, im Saarland werden allerdings zwölf Monate vorausgesetzt.  

Zudem gibt es in einzelnen Ländern weitere Einschränkungen: So besteht in Nordrhein-Westfalen (NRW) für Arbeitnehmer:innen in einem Betrieb oder einer Dienststelle mit weniger als zehn Mitarbeiter:innen kein Freistellungsanspruch, wenn bereits zehn Prozent der Beschäftigten im laufenden Kalenderjahr freigestellt worden sind, § 3 Abs. 3 Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz (AWbG). In Betrieben oder Dienststellen mit weniger als zehn Beschäftigten gibt es in NRW gar keinen Anspruch auf eine Freistellung. In Rheinland-Pfalz besteht der Anspruch nicht, wenn der oder die Arbeitgeber:in nicht mehr als fünf Personen ständig beschäftigt.  

Erforderlich ist zudem eine frühzeitige schriftliche Antragstellung bei dem oder der Arbeitgeber:in: Üblich ist eine Frist von mindestens sechs Wochen vor Beginn der Bildungsveranstaltung, so jedenfalls ist es etwa in NRW, Berlin oder Hessen geregelt.  

Der Mitteilung sind die Unterlagen über die Bildungsveranstaltung beizulegen; dazu gehören der Nachweis über die Anerkennung der Bildungsveranstaltung sowie das Programm, aus dem sich die Zielgruppe, die Lernziele und Lerninhalte sowie der zeitliche Ablauf der Veranstaltung ergeben. In der Regel darf die Maßnahme nur in einem gewissen Umkreis vom eigenen Arbeitsort stattfinden – in NRW grundsätzlich nur bis zu 500 Kilometer Luftlinie entfernt von der Landesgrenze.  

Einen Spanischkurs auf Fuerteventura gibt es in NRW daher nicht, der ist allerdings in den übrigen Bundesländern nur noch mit Ausnahme von Thüringen - und natürlich  Bayern und Sachsen - anerkannt.  

Hobby, Fitness, Entspannungsübungen 

Neben Sprachkursen sind die Inhalte der möglichen Maßnahmen sehr vielfältig: Ein Kurs "Frühlingskräuter mit allen Sinnen" am Möhnesee, "Klares, achtsames und authentisches Miteinander im Beruf - ein Seminar mit Pferden" in Bad Salzuflen oder "Italien und Deutschland 1860 bis 1960: Vom Risorgimento bis zu den Römischen Verträgen – Der italienische Neorealismus": Bei den Angeboten dürfte wirklich für jede:n etwas dabei sein.  

Denn die Inhalte der Maßnahmen müssen nicht mit der aktuellen beruflichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen. Beispielsweise darf die Freistellung nach dem Berliner Bildungszeitgesetz (BiZeitG) auch für politische Bildung und die Qualifizierung zur Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten verwendet werden, § 1 Abs. 3 BiZeitG. Der Begriff der beruflichen Weiterbildung ist dort wie auch in anderen Landesgesetzen weit gefasst: "Die berufliche Weiterbildung soll die beruflichen Kenntnisse, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten erhalten, erneuern, verbessern und erweitern sowie die Kenntnis betrieblicher und gesellschaftlicher Zusammenhänge vermitteln. Bildungsinhalte, die sich nicht unmittelbar auf eine ausgeübte Tätigkeit beziehen, sind eingeschlossen, wenn sie in der beruflichen Tätigkeit zumindest zu einem mittelbar wirkenden Vorteil der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers verwendet werden können." 

Erforderlich ist, dass die Maßnahme selbst anerkannt ist und von einem Anbieter stammt, der im jeweiligen Bundesland als Weiterbildungsträger registriert ist. Jedes Bundesland hat daher Listen mit Anbietern, die diese durchführen dürfen. Diese sind online zusammengestellt.  

"Weiterbildung" ist weiter Begriff 

Manchmal entbrennt über den Bildungsurlaub allerdings Streit: Ein Arbeitnehmer zog für seine Weiterbildung gar vor Gericht. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschied schließlich, dass der Arbeitnehmer für einen von der Volkshochschule angebotenen fünftägigen Kurs "Yoga I – erfolgreich und entspannt im Beruf mit Yoga und Meditation" freigestellt werden muss. Es gehe um die Förderung der Anpassungsfähigkeit und Selbstbehauptung von Arbeitnehmer:innen. Der Begriff der beruflichen Weiterbildung sei nach der Gesetzesbegründung weit zu verstehen, betonte dieses LAG (Urt. v. 11.04.2019, Az. 10 Sa 2076/18). 

In einem anderen Fall stellte das LAG Baden-Württemberg klar, dass auch der Begriff der "politischen Weiterbildung" weit zu verstehen sei. In dem Verfahren bekam ein Verfahrensmechaniker die Freistellung für eine Maßnahme der IG Metall mit dem Titel "Arbeitnehmer(innen) in Betrieb, Wirtschaft und Gesellschaft" (Urt. v. 09.08.2017, Az. 2 Sa 4/17). Die Anforderungen des Gesetzes an eine politische Weiterbildung seien bereits dann erfüllt, so das LAG, wenn Informationen über politische Zusammenhänge und deren Mitwirkungsmöglichkeiten im politischen Leben vermittelt würden. 

Bis zu zehn Tage bezahlte Freistellung 

Wer das für sich passende gefunden hat, kann sich von der Arbeit bis zu zehn Tage bezahlt freistellen lassen: In einigen Ländern – so beispielsweise in NRW, Schleswig-Holstein und Thüringen – sieht das Gesetz fünf Arbeitstage im Kalenderjahr vor. Teilweise kann allerdings der Anspruch von zwei Jahren zusammengefasst werden, so dass die Maßnahme de facto dann alle zwei Jahre bis zu zehn Tage andauern kann.  

In einigen Bundesländern lautet die Formulierung von vorneherein auf eine Freistellung von zehn Tagen innerhalb von zwei Jahren, so etwa in Rheinland-Pfalz und Brandenburg. Die Anzahl der Tage ist dabei bezogen auf Beschäftigte mit einer Fünf-Tage-Woche – bei Teilzeitbeschäftigten mit weniger Wochenarbeitstagen reduziert sich der Anspruch entsprechend.  

Welche Regelung diesbezüglich maßgeblich ist, entscheidet sich nach dem Ort des Arbeitsplatzes, nicht nach dem Wohnort der Beschäftigten.  

Je nach Angebot variieren natürlich die Preise für die Maßnahme. Die Kosten trägt jeder Teilnehmende selbst, und diese können vor allem bei einem Angebot mit einigen Übernachtungen bei mehreren Hundert Euro liegen. 

Seit Corona auch digitale Weiterbildung möglich 

Wer kein Interesse daran hat, eine Weiterbildung fern des eigenen Wohnortes zu machen, der kann die Tage inzwischen auch für eine digitale Weiterbildung nutzen. Die Corona-Pandemie hatte insofern ein Umdenken erforderlich gemacht und die Anbieter haben reagiert. Die NRW-Landesregierung etwa hatte in der Folge das zugrunde liegende AWbG entsprechend zunächst befristet geändert. Seit Ende des vergangenen Jahres hat die schwarz-grüne Landesregierung die Regelung entfristet und die digitalen Angebote dauerhaft in den Bildungskatalog einbezogen. 

Wer allerdings bereits eine betriebliche oder dienstliche Weiterbildung absolviert hat, muss sich unter Umständen einzelne Tage auf den Freistellungsanspruch anrechnen lassen, wenn der oder die Arbeitgeber:in das fordert – derartiges ist stets in den jeweiligen Landesgesetzen geregelt. Regelmäßig muss der oder die Arbeitgeber:in eine solche Anrechnung mitteilen.  

Und nur am Rande: Auch in Bayern und Sachsen ist es den Unternehmen nicht untersagt, bezahlte Freistellung für einen Bildungsurlaub zu geben. Das passiert dann allerdings aus Kulanz. 

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